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Die Uhr der Skythen (German Edition)

Die Uhr der Skythen (German Edition)

Titel: Die Uhr der Skythen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Cordes
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Richtung Kasse.
    »Gut versteckt«, sagt er und deutet eine Handbewegung an längs der Werft und Richtung Pogum, Dollart oder Großbritannien. Sie schaut ihm zu und lächelt. Hinrich stellt ihr den Kaffee hin. Die Zauberei scheint das Motiv ihres Besuchs zu sein. Der Besitz der Uhr wird ihr allerdings nichts nützen, da müßte sie ihn selbst besitzen, aber diese Zeiten sind lange vorbei. Er wird ihr vom Glück erzählen, das er gefunden hat in der Meldebehörde seiner alten Heimat. Zufällig, Eva, völlig ungewollt, gleichsam versehentlich.
    Er schaut von ihr weg, sein Blick streicht über den Kirmestrubel, und in diesem Moment verfliegt alle Rätselhaftigkeit und jegliches Geheimnis entschlüsselt sich, denn mit schiefen Schritten, in rabenschwarzen Kleidern und grinsend wie der Pastor der Nachbargemeinde kommt Jakob Schwammheimer hinter der Losbude hervor, der Hausmeier des Crocodile und Träger des Goldenen Siegels der Treulosigkeit gesellt sich ihnen zu, als wäre er nur mal austreten gewesen, begrüßt den lieben Freund Fokko mit einem Entzücken, als wären sie seit Jahrzehnten getrennte Zwillinge, lobt mit einem kameradschaftlichen Nicken zum vermeintlichen Fischbudenbesitzer Hinrich das Familiäre des beschaulichen Festes, streut einen gehäuften Löffel Zucker in Evas frischen Kaffee, rührt ihn um und setzt die Tasse an sein sibyllinisches Lächeln.
    »Kann ich dich mal sprechen, Fokko?«
    »Tust du gerade.«
    »Unter vier Augen!«
    »Ist jetzt schlecht, Schwamm, muß den Freund ablösen!«
    Hinrich aber schaut auf die Uhr über der Friteuse und schüttelt den Kopf.
    »Mußt du nicht«, sagt er. »Zehn nach fünf. Der nächste Kahn geht um sechs. Eine halbe Stunde kann ich noch weitermachen.«
    »Das reicht aus«, sagt Schwammheimer, ehe Fokko das komische Gefühl in Worte fassen könnte, das sich verstärkt, als ihm der falsche Freund den Arm um die Schultern legt, um das Karussell herumführt und Eva somit bei Hinrich zurückbleibt.
    »Hier ist es zu unruhig«, stellt Schwammheimer fest und nimmt seinen Arm zurück. »Wo wohnst du, Fokko?«
    »In Pogum.«
    »Wo ist das?«
    »Quasi nebenan.«
    Er deutet um das Touristenbüro herum den Fluss hinab.
    »Kann man in einer halben Stunde hin und zurück gehen?«
    »Kann man.«
    Sie gehen durch das Sieltor, dann rechts ab in die Pfefferstraße. Bei Dünenbroek auf dem Hof steht der schwarze Mercedes mit Osnabrücker Kennzeichen. Keiner spricht ein Wort bis sie den Ort verlassen und den Wirtschaftsweg unterhalb des Deiches erreicht haben.
    »Wo hast du die Uhr, Fokko?« fragt Schwammheimer dann.
    »Wo ist dein Ring?«
    Schwammheimer schaut auf seine zittrige Hand.
    »Was für ein Ring?«
    »Der Siegelring.«
    Er kann nicht wissen, daß Fokko neulich bereits zum zweiten Mal an Evas Bett gestanden und den begnadeten Romancier in vollkommener Verfänglichkeit vorgefunden hat, aber er wird sich jetzt einiges zusammenreimen.
    »Wie lange geht das schon mit Eva?«
    »Nicht lange.« Mit der Parkinsonhand macht er eine Gebärde der Ahnungslosigkeit. »Als es mit euch aus war…«
    »Schätze eher, es war deinetwegen aus.«
    Schwammheimer schaut ihn an.
    »Schmerzt es dich?«
    Fokko schüttelt den Kopf.
    »Nicht mehr.«
    Sie passieren das Schöpfwerk. Schwammheimer zieht ein Blatt Papier aus dem Jackett. Es ist der Ausdruck der Fotografie, die Fokko einst bei ihm zu Hause von der Uhr gemacht hat.
    »Hat sie sich weiterbewegt?«
    Fokko wirft einen flüchtigen Blick auf das Foto.
    »Kann sein.«
    »Du solltest sie danebenlegen und die Unterschiede möglichst genau vermessen.«
    »Wozu?«
    »Um ihre Laufzeit zu bestimmen.«
    »Wozu?«
    Schwammheimers Geduld scheint an diesem schönen Frühligstag unerschöpflich. Gnädig lächelnd legt er die eine Hand auf Fokkos Unterarm und vollführt mit der anderen eine weltumspannende Gebärde, die jedenfalls den Deich, den dahinter verborgenen Fluß und die feuchten Wiesen umfängt, die sich zwischen Ditzum und Pogum erstrecken.
    »Ich habe viel über die Uhr der Skythen nachgedacht«, sagt er.
    »Die hat mit den Skythen nichts zu tun.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Hat mein alter Lehrer gesagt.«
    »Du hast mit deinem alten Lehrer über die Uhr…?«
    »Der kennt sich aus…«
    »Hast du sie ihm gezeigt?«
    »Nein, nur kurz davon erzählt. Und dieses Foto gezeigt…«
    »Welches Foto?«
    »Hab ich neulich von der Uhr gemacht. Zeig ich dir.«
    Mehr wird er nicht zulassen. Diesen Spaziergang und das Foto. Schwammheimer hingegen

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