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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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Handelssaal an seinem Schreibtisch. Er war so beschäftigt, dass er nicht wegkonnte. Deshalb sagte er: «Setzen Sie sich doch bitte auf den Hocker hier.» Für ein Bewerbungsgespräch war das eine denkbar ungünstige Situation. Erstens war es peinlich, auf so einem kleinen Hocker zu sitzen. Ich kniete fast vor meinem Gesprächspartner. Fehlte bloß noch die Frage: «Darf ich bitte bei Ihrem ach so wichtigen Telefongespräch zuhören?» Zweitens legte jeder Bewerber Wert auf die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Gegenübers, damit er sich von seiner besten Seite zeigen konnte. Doch die Aufmerksamkeit meines Gesprächspartners war ganz und gar nicht ungeteilt. Er kaute an einem Sandwich, wickelte währenddessen seine Transaktionen ab, und die ganze Zeit über klingelten unablässig all seine Telefone.
    «Gut», sagte er. «Empfehlen Sie mir doch mal eine Aktie.»
    Zum Glück hatte ich mit genau dieser Frage gerechnet und mir sogar eine These zurechtgelegt. Also versuchte ich, ihm News Corp schmackhaft zu machen – Rupert Murdoch hatte damals gerade für neue Übernahmegerüchte gesorgt. (Wie eigentlich immer.)
    Da klingelte schon wieder das Telefon. Mit erhobenem Finger bat mich mein Gesprächspartner um einen Moment Geduld und nahm den Anruf an. Eine Minute lang plauderte er mit dem Kunden – über Basketball-Ergebnisse –, dann führte er einen Trade aus. Endlich legte er auf.
    «Tut mir leid», sagte er. «Fahren Sie fort.»
    Ich wurde noch häufiger in meinen Ausführungen unterbrochen. Das hätte mich aus der Fassung bringen oder ärgern können, doch so war es nicht. Mein Gegenüber veranstaltete keine Show, um bei mir Eindruck zu schinden. Er wollte mich auch nicht abservieren. Er kam nur nicht vom Schreibtisch weg. So war das Geschäft nun mal. Und wenn ich Glück hatte, würde ich eines Tages auch an solch einem Schreibtisch sitzen.
     
    Außer mir schafften es noch vier andere Stanford-Studenten durch die vielen «Supertage» und ins Praktikumsprogramm. Da unser Studium nicht in Semester, sondern in Quartale aufgeteilt war, kamen wir eine Woche später als die anderen in New York an. Die meisten Praktikanten wohnten den Sommer über in Wohnheimen der New Yorker Universität, doch weil ich so spät dran war, war kein Bett mehr frei. Stattdessen mietete ich mir – online, unbesehen – ein Zimmer bei einer jüdischen Familie, die ich nicht kannte, im zweiten Stock eines schicken Stadthauses in der 96. Straße zwischen Columbus und Amsterdam. Die Miete betrug 1000 Dollar im Monat, Essen nicht inbegriffen. Verdienen würde ich den Sommer über insgesamt 5000 Dollar – nach Steuern. Das war nicht schlecht für einen Praktikanten, doch ich merkte bald, wie schnell einem das Geld in New York durch die Finger rann. 1000 Dollar Miete erschien mir erst reichlich hoch, doch ich war so naiv zu glauben, dass es nett wäre, bei einer jüdischen Familie unterzukommen – der «Mischpoke»-Faktor. Ich dachte: «So schlecht kann das nicht sein.»
    Mein Flug aus San Francisco verspätete sich, und zwar erheblich. Eigentlich hätte ich um zweiundzwanzig Uhr am JFK Airport landen sollen, doch am Ende kam ich um halb zwei in der Nacht an. Mein Praktikum sollte am nächsten Tag um Punkt sieben Uhr beginnen. In New York war es eindeutig Sommer – dreißig Grad und schwül, und das noch spät in der Nacht. Ich nahm ein Taxi nach Manhattan, kam an der Wohnung an, klingelte – und niemand öffnete. Ich telefonierte, doch keiner hob ab. Ich klingelte noch einmal. Vergeblich. Ratlos wartete ich eine halbe Stunde vor der Tür. Schließlich – es war kurz vor drei – drückte ich noch einmal auf den Klingelknopf. Da meldete sich ein Mann über die Sprechanlage. Er kam herunter, um mich einzulassen.
    Mein Vermieter trug ein langes Nachthemd, war ziemlich verschlafen und leicht ungehalten, weil ich so spät kam. Wir stiegen zur Wohnung hinauf, er öffnete die Tür, und wir gingen durch den Flur. Es war sehr ruhig. Und heiß. Er öffnete eine Tür und sagte: «Das ist Ihr Zimmer.»
    Es war winzig. Das grüne Sofa nahm fast den ganzen Raum ein. Ich fragte: «Wo ist das Bett?» Er erklärte: «Das ist ein Schlafsofa.» Ich hatte es halb ausgezogen, als ich an die andere Wand stieß. Mein Gastgeber und ich mussten das Sofa herumdrehen, damit ich es ausklappen konnte. Als mein Vermieter schließlich wieder schlafen gegangen war, schaltete ich die Klimaanlage ein. Sie sah vorsintflutlich aus und war es vermutlich auch. Sie machte einen

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