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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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außergewöhnlich rücksichtsvoll und höflich ihr gegenüber, auch wenn sie seine distanzierte Haltung etwas verwunderte. Aber sie war selbstverständlich die Letzte, die derartig delikate Themen wie das Verhalten im ehelichen Schlafzimmer ansprechen würde. Ansonsten verließ er morgens das Haus, ehe sie sich erhob, kam aber zum abendlichen Mahl pünktlich heim und befleißigte sich dabei der liebenswürdigen Konversation. Er hatte ihr gewisse Regelungen im Haushalt völlig überlassen, ihr ein großzügiges Budget zur Verfügung gestellt, über dessen Verwendung er nur beiläufige Rechenschaft abgelegt zu bekommen wünschte, hatte keine Einwände gegen einige Veränderungen in der Einrichtung erhoben und ihr selbstverständlich gestattet, sich mit den Zeitungen und Zeitschriften
zu vergnügen, die wöchentlich geliefert wurden. Auch das Personal war in ausreichender Form vorhanden, gut geschult und ging unauffällig den Pflichten nach, die sie allmorgendlich erteilte. Wobei sie allerdings das Gefühl hatte, die eigentlichen Fäden hielt Jette dabei in der Hand. Sie beaufsichtigte das Stubenmädchen und die Küchenhilfe, den Gärtner und die Waschfrauen. Als ein weitaus komplexeres Thema aber stellte sich die Einweisung der angehenden Zofe und des jungen Kammerdieners dar. Die beiden Kinder, die ihr Gatte ihr kurz als Ursel und Lennard vorgestellt hatten, waren lediglich zehn Jahre alt, Zwillinge mit flinken Augen und misstrauischen Blicken, deren eigentliche Stellung sie nicht recht zu ergründen wusste. Vormittags besuchten sie auf Weisung Mansels die Schule des Pfarrbezirks, in den Nachmittagsstunden hatten sie ihren häuslichen Pflichten nachzukommen, die auch hier weit mehr von Jette bestimmt wurden als von ihr. Leichte Bügelarbeiten, Wäsche falten, Schuhe putzen, Kleider ausbürsten und ähnliche passende Tätigkeiten erfüllten sie durchaus zur Zufriedenheit. Ursel war auch geübt darin, ihr beim Anlegen der Kleider zu helfen, ihre geschickten Finger konnten in Windeseile die vielen Häkchen und Knöpfe öffnen und schließen und sogar verwickelte Miederbänder entwirren. Aber sie war für ein Kind ungewöhnlich still, und bisher hatte sie außer »ja, gnädige Frau« und »nein, gnädige Frau« noch nicht viel von ihr gehört.
    Ihr Ehemann hatte ihr keine Erklärung dazu abgegeben, warum diese Kinder mit im Haus wohnten - sie waren in einem der Mansardenzimmer untergebracht und hatten sogar einen kleinen Raum, in dem sie ihre Schularbeiten erledigen konnten. Dann und wann hatte sich Leonie einen heimlichen Blick auf sie erlaubt, denn auf eine unbestimmte Weise schienen die Geschwister Hendryk Mansel zu ähneln. Wenn sie diesen Gedanken weiterspann, hatte sie jedoch Mühe, eine aufsteigende Empörung niederzudrücken. Sollte er tatsächlich die Unschicklichkeit begangen haben, seine Bastarde mit in die häusliche Gemeinschaft aufzunehmen und ihr auch noch deren Erziehung zu überlassen?
    Sie konnte sich auf Grund seines bisherigen korrekten Verhaltens eine solche Unziemlichkeit kaum erklären und rief sich zur Vernunft. Wahrscheinlich bildete sie sich die Ähnlichkeit nur ein, schließlich waren die Kinder beide blond, Mansels Haare jedoch
von einem stumpfen Dunkelbraun. Ursel hatte zwar ebenso braune Augen wie er, Lennard jedoch verblüffte mit strahlend blauen Augen. Überhaupt war es vermutlich schlichtweg eine törichte Einbildung von ihr, denn ein Vergleich der Gesichtszüge fiel natürlich schwer. Ihr Gemahl pflegte einen modischen Kinn- und Oberlippenbart, der sein markantes Profil auf nicht unangenehme Weise betonte. Sie hatte ihn vom ersten Anblick an als attraktiv empfunden und sich auch nie von der Augenklappe abgestoßen gefühlt, obwohl er schon gleich zu Beginn ihrer Bekanntschaft ihre unausgesprochene Frage mit den Worten beantwortet hatte: »Ein bedauerlicher Unfall, meine Liebe. Beachten Sie es bitte nicht weiter.« Sie hatte natürlich seinem Wunsch Rechnung getragen und auch keine weiteren Nachforschungen über die Narbe auf seiner Hand und das leichte Nachziehen seines linken Fußes gestellt. Über vergangene Schmerzen zu sprechen, das wusste sie aus eigener Erfahrung nur zu gut, hieß nur wieder das Grauen aufleben zu lassen, das man durchlitten hatte.
    Ihr Sinnen wurde durch eine ungewöhnliche Lautkulisse unterbrochen. Eiliges Füßetrappeln, eine schlagenden Tür, ein Quietschen, und dann das scheppernde Klirren zerbrechenden Porzellans. Danach absolute Stille.
    Leonie stand auf und

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