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Die Ungetroesteten

Titel: Die Ungetroesteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kazuo Ishiguro
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Luder sollte uns eine Lehre sein.‹ Ungefähr so. Wer weiß, was ich jetzt für ein Leben hier in der Siedlung haben werde. Und meine Kinder, die müssen hier schließlich aufwachsen...«
    »Hör zu«, unterbrach ich sie, »ich kann gar nicht sagen, wie leid mir das alles tut. Aber Tatsache ist, daß gestern abend etwas Unvorhergesehenes dazwischengekommen ist. Ich will dich damit jetzt hier nicht langweilen. Es hat mich natürlich furchtbar geärgert, daß ich dich so hängenlassen mußte, aber es war mir nicht einmal möglich, an ein Telefon heranzukommen. Ich hoffe, du hast dir nicht allzu viel Mühe gemacht.«
    »Ich habe mir sehr viel Mühe gemacht. Das ist gar nicht so einfach für mich, weißt du, als alleinstehende Mutter mit zwei halbwüchsigen Kindern...«
    »Hör mal, das tut mir wirklich alles sehr leid. Laß mich dir einen Vorschlag machen. Gerade im Moment muß ich etwas mit diesen zwei Presseleuten da hinten erledigen, aber das wird nicht lange dauern. Ich bringe das so schnell wie möglich hinter mich, springe dann in ein Taxi und komme zu dir. Ich bin in, sagen wir, einer halben Stunde da – spätestens in fünfundvierzig Minuten. Dann können wir folgendes machen. Wir gehen in der ganzen Siedlung herum, damit all diese Leute, deine Nachbarn, diese Inge und diese Trude, mit eigenen Augen sehen, daß wir wirklich alte Freunde sind. Dann besuchen wir die wichtigeren, wie diese Inge, du könntest mich vorstellen, ich entschuldige mich für gestern abend und erkläre, wie ich im letzten Moment durch etwas Unaufschiebbares aufgehalten wurde. So werden wir eine nach der anderen auf unsere Seite ziehen und den Schaden wiedergutmachen, den ich gestern abend angerichtet habe. Wenn wir das alles ganz richtig machen, könntest du vor deinen Freundinnen womöglich sogar besser dastehen als vorher. Was sagst du dazu?«
    Eine Weile starrte Fiona immer weiter nur auf die vorbeiziehende Aussicht. Dann sagte sie schließlich: »Meiner ersten Eingebung folgend würde ich sagen: ›Vergiß das Ganze.‹ Diese Behauptung, daß wir beide alte Freunde sind, hat mir nichts gebracht. Und überhaupt, vielleicht muß ich ja auch gar nicht zu Inges Club gehören. Ich war nur vorher in der Siedlung so einsam, aber nachdem ich jetzt einen Vorgeschmack von ihrem Benehmen bekommen habe, bin ich nicht sicher, daß ich nicht allein in Gesellschaft meiner Kinder glücklicher wäre. Ich könnte abends ein gutes Buch lesen oder fernsehen. Aber schließlich darf ich nicht nur an mich denken, da sind ja noch meine Kinder. Sie müssen in der Siedlung aufwachsen, sie müssen dort akzeptiert werden. Ihretwegen sollte ich deinen Vorschlag vielleicht annehmen. Wie du ja selbst gesagt hast, wenn wir tun, was du vorgeschlagen hast, stehe ich womöglich sogar noch besser da, als wenn die Party ein durchschlagender Erfolg gewesen wäre. Aber du mußt mir versprechen, du mußt mir schwören bei allem, was dir heilig ist, daß du mich nicht noch einmal enttäuschst. Denn siehst du, wenn wir deinen Plan ausführen, muß ich, sobald meine Schicht um ist, anfangen zu telefonieren, um unseren Besuch anzukündigen. Auf keinen Fall können wir einfach uneingeladen kommen und an die Tür klopfen, so eine Gegend ist das nun wirklich nicht. Du siehst also, was passieren würde, wenn ich all diese Verabredungen treffe und du dann nicht kommst. Mir würde nichts anderes übrigbleiben, als allein die Runde zu machen und wieder einmal zu erklären, welche Gründe deine Abwesenheit hat. Also mußt du mir versprechen, daß du mich nicht noch einmal enttäuschst.«
    »Das verspreche ich dir«, erwiderte ich. »Wie gesagt, ich muß nur noch diese kleine Sache hier erledigen, dann springe ich in ein Taxi und bin bei dir. Keine Sorge, Fiona, das wird schon alles werden.«
    Kaum hatte ich das gesagt, spürte ich, daß mich jemand am Arm berührte. Ich drehte mich um und sah Pedro, der aufgestanden war; seine große Tasche hatte er wieder geschultert.
    »Bitte, Mr. Ryder«, sagte er und deutete den Gang hinunter zum Ausstieg.
    Der Reporter stand ganz vorn, ebenfalls bereit auszusteigen.
    »Das ist jetzt unsere Haltestelle, Mr. Ryder!« rief er und winkte zu mir herüber. »Wenn Sie so freundlich wären.«
    Ich merkte, daß die Straßenbahn langsamer wurde und dann hielt. Ich stand auf, zwängte mich auf den Gang hinaus und machte mich auf den Weg.

DREIZEHN
    Die Straßenbahn ratterte davon und ließ uns drei in der freien Landschaft zurück, umgeben von

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