Die Ungetroesteten
sich, und noch einmal schaute er den Korridor hinunter. Ich fragte recht kühl:
»Wo sind meine Eltern in diesem Augenblick, Mr. Hoffman? Können Sie mir das sagen?«
»Ach. Genau in diesem Moment, also ich will ehrlich sein, bin ich selbst... Aber ich kann Ihnen versichern, daß sie in kompetentesten Händen sind. Natürlich würde ich liebend gerne persönlich jeden einzelnen Aspekt des Abends überwachen, aber Sie müssen verstehen... Haha. Miss Stratmann. Sie wird ganz genau wissen, wo Ihre Eltern sind. Es ist ihre Aufgabe, die ganze Situation Ihre Eltern betreffend genauestens im Auge zu behalten. Nicht etwa, daß je die Gefahr bestünde, es könnte ihnen an Aufmerksamkeit mangeln, solange sie hier bei uns sind. Ich mußte ganz im Gegenteil Miss Stratmann bitten, sorgfältig darauf zu achten, daß sie die Gastfreundschaft, die ihnen unweigerlich von allen Seiten entgegengebracht wird, nicht etwa erschöpft...«
»Ich darf wohl schließen, Mr. Hoffman, daß Sie keine Ahnung haben, wo sich die beiden gerade befinden. Und wo ist Miss Stratmann?«
»Oh, ich bin sicher, sie ist hier irgendwo. Lassen Sie uns doch gehen und nach Mr. Brodsky schauen, Mr. Ryder. Ganz bestimmt werden wir dabei auch Miss Stratmann finden. Vielleicht ist sie sogar im Büro. Jedenfalls, Mr. Ryder« – er nahm plötzlich eine entschiedenere Haltung an – »werden wir nicht viel erreichen, wenn wir hier stehenbleiben.«
Wir machten uns gemeinsam auf den Weg den Korridor hinunter. Im Laufen schien Hoffman seine Fassung wieder gänzlich zurückzugewinnen, und lächelnd sagte er:
»Jetzt können wir sicher sein, daß alles gutgehen wird. Sie, Mr. Ryder, machen ganz den Eindruck eines Mannes, der weiß, was er tut. Und nun, da Mr. Brodsky hier ist, wird alles klappen. Alles wird genauso ablaufen wie geplant. Ein wundervoller Abend liegt vor uns allen.«
Dann änderte sich etwas an seinem Gang, und ich merkte, daß er auf irgend etwas vor uns starrte. Ich folgte seinem Blick und sah Stephan, der mit besorgtem Gesichtsausdruck mitten auf dem Korridor stand. Der junge Mann sah uns und kam schnell auf uns zu.
»Guten Abend, Mr. Ryder«, sagte er. Dann senkte er die Stimme und sagte zu Hoffman: »Vater, kann ich dich einen Augenblick sprechen?«
»Wir sind sehr beschäftigt, Stephan. Mr. Brodsky ist gerade eingetroffen.«
»Ja, das habe ich gehört. Aber weißt du, Vater, es ist wegen Mutter.«
»Ach. Mutter.«
»Es ist nur so, sie ist immer noch im Foyer, und ich bin in fünfzehn Minuten dran. Ich habe sie gerade eben gesehen, sie geht einfach nur im Foyer auf und ab, und ich habe ihr gesagt, daß ich bald an der Reihe bin, und sie hat geantwortet: ›Tja, mein Junge, ich muß mich um einiges kümmern. Ich will versuchen, wenigstens das Ende deines Auftrittes mitzubekommen, aber ich muß mich zuerst um einiges kümmern.‹ Das hat sie gesagt, aber sehr beschäftigt hat sie nicht ausgesehen. Also wirklich, es ist höchste Zeit, daß du und Mutter, daß ihr beide eure Plätze einnehmt. Ich bin in knapp fünfzehn Minuten dran.«
»Ja, ja, ich komme gleich. Und ich bin sicher, deine Mutter wird bald erledigt haben, was sie noch zu tun hat. Warum machst du dir solche Sorgen? Geh doch wieder in deine Garderobe zurück und mach dich fertig.«
»Aber was hat Mutter denn noch im Foyer zu erledigen? Sie steht einfach nur da und plaudert mit allen, die zufällig vorbeikommen. Bald wird sie ganz allein dort sein. Die Leute gehen schon auf ihre Plätze.«
»Ich nehme an, sie vertritt sich nur noch einmal die Beine, bevor das Konzert beginnt. Also, Stephan, jetzt beruhige dich doch. Du mußt dafür sorgen, daß der Abend einen guten Anfang nimmt. Wir verlassen uns alle auf dich.«
Der junge Mann dachte darüber nach, dann schien er sich plötzlich an mich zu erinnern.
»Sie sind so freundlich gewesen, Mr. Ryder«, sagte er lächelnd. »Ihre ermutigenden Worte sind von unschätzbarem Wert für mich gewesen.«
»Ihre ermutigenden Worte?« Hoffman sah mich verblüfft an.
»O ja«, sagte Stephan. »Mr. Ryder ist sowohl mit seiner Zeit als auch mit seinem Lob äußerst verschwenderisch gewesen. Er hat mir zugehört, als ich geübt habe, und seine Worte sind die ermutigendsten gewesen, die ich seit Jahren gehört habe.«
Hoffman sah uns an, schaute von einem zum anderen, ein ungläubiges Lächeln umspielte seine Lippen. Dann fragte er mich:
»Sie haben Zeit dafür aufgebracht, Stephan zuzuhören? Ihm zuzuhören?«
»Ja, allerdings. Ich habe schon
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