Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)
Sicherheitsgurt, bevor er hastig seinen Rucksack aufsetzte. Der war bis zu Rand mit Kaffeebohnen gefüllt, sein Abschiedsgeschenk von Ethel und Marjorie, das ihn auf dem Boden halten sollte, wenn er nach Rio de Janeiro kam. Er war so müde gewesen, als er in Sâo Paolo auf den Bahnhof gekommen war, aber die Reise hatte ihn irgendwie erfrischt, denn jetzt fühlte er sich hellwach und ausgeschlafen, als hätte er sich tagelang ausgeruht. Doch als er auf den Bahnsteig hinaustrat, sah er zu seiner Überraschung ein Schild mit der Aufschrift Penn Station .
»Entschuldigen Sie bitte«, wandte er sich an einen Polizisten, der gerade vorbeikam. »Wie komme ich von hier zum Flughafen von Rio de Janeiro?«
»Der ist in die Richtung, mein Junge«, antwortete der Mann. »Ungefähr fünftausend Meilen.«
Barnaby schnappte verdutzt nach Luft. »Fünftausend Meilen?«, wiederholte er. »Wo bin ich denn hier?«
»In New York«, erklärte der Polizist. »In der schönsten Stadt der Welt.«
»Aber das ist Sydney«, sagte Barnaby. Er war zwar total sprachlos, dass er nun plötzlich in Nordamerika war statt in Südamerika, doch so eine Falschaussage konnte er trotzdem nicht unwidersprochen lassen. Den Polizisten schien das nicht weiter zu stören, er zuckte nur die Achseln und ging weiter, während Barnaby zum Ausgang des Bahnhofs strebte, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was er als Nächstes tun sollte. So wie’s aussah, hatte er die ganze Fahrt verschlafen, und der Flieger nach Sydney war ohne ihn gestartet.
Barnaby war nun ganz allein in einer riesigen Stadt und wanderte eine Stunde lang einfach nur herum, eine Straße hinunter, eine Querstraße entlang, dann die nächste Straße hinauf, quer über einen Platz und hinein in ein großes Shopping Center. Er fühlte sich ein wenig überwältigt von den hohen Gebäuden und von den vielen Menschen, die überall die Gehwege entlangeilten. Nach einer Weile sah er vor einem der Wolkenkratzer eine lange Schlange warten und studierte deshalb das Marmorschild an der Wand – The Chrysler Building . Genau in dem Moment schubste ihn ein Mann von hinten, riss ihm den Rucksack weg und rannte davon.
»Hey!«, schrie Barnaby. »Haltet den Dieb!«
Aber er konnte nichts machen. Ehe er nur daran denken konnte, hinter dem Mann herzurennen, hoben sich seine Füße vom Boden, und er begann zu schweben. Als er schon fast oben an dem Gebäude angekommen war, schlug er mit dem Kopf heftig gegen hartes Metall. Ihm wurde schwarz vor Augen, während sich die Stadt unter ihm drehte wie in einem Kaleidoskop.
»Au«, sagte Barnaby Brocket.
Unterwegs zur SPITZE des CHRYSLER Buildings
»Hey, du da! Alles okay?«
Barnaby klappte die Augen auf und schaute nach oben. Er schwebte unter einem Gitterkäfig, der seitlich an dem Gebäude befestigt war, genau an der Stelle, wo sich die senkrechte Außenwand in eine gestufte Krone aus Stahlbögen verwandelte. Durch die Lücken im Gitterboden konnte er ein Paar robuste schwarze Stiefel sehen.
»Sag schon was, Junge! Bist du verletzt?«
»Auwei«, stöhnte Barnaby und schaute hinauf in den Käfig selbst, wo ein junger Mann in einem blauen Overall stand, umgeben von Eimern und Lappen. »Was ist passiert?«
»Du bist angeflogen gekommen wie ein Ballon, aus dem man die Luft rauslässt«, antwortete der junge Mann. »Dann bist du gegen mich gestoßen und hast dir den Kopf angeschlagen. Wie hast du das überhaupt gemacht?«
»Ich schwebe«, erklärte Barnaby und schaute einem Habicht in die Augen, der gerade nach unten zum Hudson flog. Ob er wollte oder nicht – er beneidete diesen Raubvogel um seine Fähigkeit, aufzusteigen und zu landen, wie es ihm passte.
»Ohne Witz!«
Barnaby wollte mit einem Achselzucken antworten, aber seine Schultern waren gegen den Gitterboden gepresst, wodurch es gar nicht so leicht für ihn war, sich zu bewegen. »Könntest du mir vielleicht helfen, in deinen Käfig zu klettern?«, fragte er.
»Ja, klar«, sagte der junge Mann, beugte sich über den Rand und schaffte es, Barnaby an den Ohren zu packen und ihn zu sich zu ziehen, dann drückte er mit den Händen fest gegen seine Schultern, damit er nicht wieder davonfliegen konnte. »Das ist mal was anderes«, sagte er und schüttelte fassungslos den Kopf. »Normalerweise bekomme ich hier oben keinen Besuch.«
»Bist du Fensterputzer?«, erkundigte sich Barnaby und ließ seinen Blick über die verschiedenen Bürsten, Gummiwischer, Schaber und Schwämme wandern, die auf dem
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