Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Titel: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
Ohren zu putzen. Es waren bestimmt ein paar tausend. Vielleicht sogar über zehntausend.
    »Ich dachte schon, du bist davongeflogen«, sagte eine Stimme hinter ihm. Schnell drehte Barnaby sich um und sah, dass Joshua ihm gefolgt war.
    »Hast du die Sachen hier gemacht?«, fragte Barnaby mit einem Blick auf die Skulpturen.
    »Ja, klar. Gefallen sie dir?«
    »Sie sind super. Was stellen sie dar?«
    »Das musst du selbst entscheiden. Jede Skulptur bedeutet für mich etwas anderes. Ich habe dir doch gesagt, dass ich nur tagsüber als Fensterputzer arbeite. Eigentlich bin ich Künstler. Oder ich wäre jedenfalls gern einer. Ich kann nur leider niemanden dazu zwingen, sich meine Sachen anzusehen oder sie zu kaufen. Du glaubst nicht, wie maßlos arrogant die ganzen Galeriebesitzer hier in New York sind. Vielleicht ist das alles ja nichts als Zeitverschwendung.«
    »Und was ist mit den Wattestäbchen?«, fragte Barnaby. »Ist das auch Kunst?«
    Joshua grinste. »Nein. Das ist nur ein Karton mit Wattestäbchen.«
    »Hast du so dreckige Ohren?«
    »Sie sind nicht für mich«, antwortete er, nahm ein Wattestäbchen heraus und drehte es hin und her. »Ich habe sie hier, weil sie mich an meine Familie erinnern. Es kann ziemlich einsam sein so tief unter der Erde, weißt du.«
    »Die meisten Leute haben Fotos für so was«, sagte Barnaby.
    »Na ja, ich habe auch ein paar in meinem Geldbeutel. Aber die Wattestäbchen sind das Familienunternehmen, deshalb erinnern sie mich an zu Hause. Mein Vater ist der Wattestäbchen-König. Das heißt, ich bin der Prinz, nehme ich mal an. Hast du schon mal von Samuel Pruitt gehört?«
    Barnaby schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, er ist nicht besonders berühmt. Aber er ist sehr, sehr reich. Er hat das Wattestäbchen erfunden. Und immer, wenn irgendjemand irgendwo auf der Welt eine Packung Wattestäbchen kauft, um sich die Ohren zu putzen, verdient mein Vater einen Vierteldollar. Wenn man die ganzen Vierteldollar zusammenzählt, ergibt das ganz schön viel Kohle.«
    »Aber warum wohnst du dann hier unten?«, wollte Barnaby wissen. »Du könntest es dir doch bestimmt leisten, in einem Palast zu wohnen.«
    »Das Geld gehört meinem Vater«, erklärte Joshua und schob Barnaby langsam zurück in den Flur. »Nicht mir. Ich habe nur das Geld, das ich mir mit Fensterputzen verdiene. Aber das reicht mir auch. Ich muss nicht hungern, während ich mich meiner Kunst widme. Mein Vater hat mich ohne einen Cent rausgeschmissen. Lässt mich nicht mehr ins Haus. Will nichts mehr mit mir zu tun haben.«
    »Aber warum?«, fragte Barnaby, während sie zurück zum Aufzug gingen. »Sieht er denn nicht, wie toll deine Skulpturen sind?«
    »Er ist kein richtiger Kunstliebhaber, das ist das Problem. Ihn interessiert nur Geld. Und er wollte, dass ich mich ebenfalls nur für Geld interessiere. Er hat versucht, mir das Wattestäbchen-Gewerbe beizubringen, er wollte, dass ich für ihn arbeite und dass ich dann später das Unternehmen leite, wenn er in den Ruhestand geht. Aber soll ich dir etwas verraten? Wattestäbchen – ehrlich gesagt, Wattestäbchen sind nicht besonders interessant.«
    »Verstehe.«
    »Und außerdem wollte ich mit meinem Leben machen, was ich will. Nicht was jemand anderes mir vorschreibt. Also bin ich jetzt hier, wohne in einem Rattenloch und arbeite jeden Abend an meinen Kunstwerken. Aber so allmählich fange ich an zu glauben, dass mein Vater vielleicht doch recht hat. Niemand wird mich je ernst nehmen. Vermutlich sollte ich alles hinschmeißen.«
    Sie waren jetzt wieder draußen auf der Straße, und Joshua gab Barnaby zwei Eisengewichte, die er aus seinem Zimmer unter der Erde mitgenommen hatte.
    »Steck dir die in die Schuhe«, sagte er. Dass Barnaby selbst etwas in die hintere Hosentasche gesteckt hatte, war Joshua gar nicht aufgefallen. »Es ist zwar bestimmt nicht leicht, damit zu laufen, aber wenigstens fliegst du dann nicht gleich davon.«
    »Vielen Dank«, sagte Barnaby. »Und vielen Dank auch, dass du meinen Kopf verarztet hast. Die meisten Leute hätten sich gar nicht darum gekümmert.«
    »Die meisten Leute sind eine Pest«, sagte Joshua, winkte Barnaby zu und kletterte in seinen Fensterputzer-Käfig, drückte den grünen Knopf und fuhr wieder nach oben. »Pass gut auf dich auf, Barnaby Brocket. New York kann ganz schön gefährlich sein, vergiss das nicht!«

Kapitel 12
    Ein neuer Stern am Himmel
    Barnaby dachte nicht mehr darüber nach, wie er nach Sydney kommen konnte, sondern

Weitere Kostenlose Bücher