Die Unschuld der Rose
eindringlich. „Weswegen denn sonst?“
„Glaubst du tatsächlich, du hättest einer Frau außer Geld nichts zu bieten?“ Sie klang aufrichtig schockiert.
Er hörte deutlich die Bitterkeit in seinem eigenen Lachen. „Nein. Offenbar kann ich auch im Schlafzimmer überzeu gen. Nachdem ich die Beziehung beendet und die Abfindung gezahlt habe, machte meine Exfrau mehr als deutlich, dass sie den Sex mit mir nicht aufgeben wollte. Natürlich geschah das, nachdem sie ihre Geschichte an die Presse verkauft hatte.“
„Sie hat mit einem Reporter gesprochen …“
„Sie reden alle mit den Medien“, entgegnete Rafael, ohne sich noch länger zu bemühen, die Verbitterung aus seinem Tonfall zu halten. „Das ist eine zusätzliche lukrative Einkommensquelle für meine Exfreundinnen und meine Exfrau.“
Nach kurzem Schweigen sagte Grace mit aufgesetzter Fröhlichkeit: „Nun, deine Exfrau scheint ein ganz besonderer Mensch zu sein. Vielleicht sollten wir sie meinem Vater vorstellen. Die beiden würden sich bestimmt gut verstehen. Aber das war nur eine Beziehung, Rafael. Warst du nie versucht, es ein zweites Mal zu probieren?“
„Eine Ehe, nein. Sex …“, er hob sein Glas und prostete ihr zu, „… ja. Ziemlich oft sogar.“
Sie errötete. „Mir ist bewusst, dass du in dieser Hinsicht sehr erfahren bist. An Ehe und Sex habe ich allerdings gar nicht gedacht. Ich habe von Liebe gesprochen.“
„Rede nicht mit mir über Liebe, Grace. Nie wieder.“ Er sah, wie sie zusammenzuckte. „Alle Beziehungen basieren auf Gier. Der eine besitzt, was ein anderer will.“
„Nicht jeder ist wie deine Exfrau.“
„Die Welt ist voll von Menschen wie meine Exfrau.“
„Glaubst du das wirklich?“ Jetzt hatte sich ein Feuer in ihre Stimme geschlichen, Grace’ blaue Augen blitzten. „Du bist ein unglaublich intelligenter Mann. Lässt du wirklich zu, dass ein paar habgierige Freundinnen dein Verhältnis zu Frauen ruinieren?“
Nicht nur ein paar habgierige Freundinnen.
Etwas Dunkles und Unbehagliches regte sich in ihm. So unversehens mit den finsteren Tiefen seiner Seele konfrontiert, die er normalerweise rigoros ignorierte, spannte er die Armmuskeln an.
Unter Grace’ anklagendem Blick verspürte er auf einmal das Bedürfnis, ihr alles anzuvertrauen, nur um ihre Anerkennung zurückzugewinnen. Aber was kümmerte ihn ihre Meinung? Ihm war doch sonst gleichgültig, was andere über ihn dachten.
Plötzlich entwickelte sich etwas zwischen ihnen. Beharrlich weigerte er sich, in der vibrierenden Macht mehr zu sehen als körperliche Anziehung, und setzte ein dünnes Lächeln auf.
„Was war noch die Frage? Ob ich meine Ansichten über Menschen von den Erfahrungen mit einigen Exfreundinnen abhängig mache? Die Antwort lautet Ja, Grace.“ Mit einer spöttischen Geste hob er sein Glas. „Und du brauchst kein Mitleid mit mir zu empfinden. Ich bin nämlich genauso schlecht wie der Rest der Welt. Vielleicht solltest du weglaufen, solange du noch kannst.“
Ihre Lippen öffneten sich ein wenig, ihre Atmung beschleunigte sich. „Ich laufe nicht weg. Und ich denke, du liegst mit deiner Selbsteinschätzung komplett falsch. In dir steckt so viel mehr, als du glaubst.“
Sie ist eine gnadenlose Optimistin, dachte er. Kein Wunder, dass sie oft im Leben verletzt worden ist, wenn sie sich so sehr darum bemüht, das Gute in einem Menschen zu finden.
„Nein, Grace, da ist nicht mehr. Warum glaubst du, habe ich mich entschlossen, einen Großteil meiner Zeit im Regenwald zu verbringen?“
„Nun, es ist wunderschön hier. Und wenn ich einen Ort wie diesen besitzen und nie wieder in die Stadt zurückkehren …“ Sie unterbrach sich und seufzte. „Ich versuche wirklich, dich zu verstehen …“
Oh ja, sie bemühte sich. Grace Thacker war eine Frau, die sich von ihren Gefühlen leiten ließ. „Ich brauche dein Verständnis nicht, ich dachte, das hätte ich klargemacht.“
„Ich kann deine Haltung nachvollziehen, zumindest zum Teil. Scheinbar bist du nie einem Menschen begegnet, der dich um deiner selbst willen geliebt hat. Und ich kenne das Gefühl, weil es mir ähnlich ergangen ist. Nicht dass ich mir Sorgen machen müsste, dass jemand mich meines Geldes wegen …“ Sie lächelte. „Wahrscheinlich habe ich es leichter.“
„Ich habe es nicht schwerer“, erwiderte er sanft und beobachtete sie. „Ich passe nur meine Erwartungen an. Und du solltest dasselbe tun.“
„Das kann ich nicht. Egal, was im Leben passiert, die wahre
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