Die unsterbliche Braut
Wunschvorstellung.“
Tränen durchnässten die Knie meiner Jeans. In einem Anfall von Verzweiflung kniff ich mir fest in den Oberarm, doch ich spürte keinen Schmerz.
„Verrat’s mir“, fuhr Persephone fort. „War das die Art von Kuss, die du dir die letzten tausend Jahre über ausgemalt hast? Hat dein Puls sich beschleunigt? Hat sich der ganze Raum um dich gedreht, und alles andere ist verschwunden?“
Während ich auf Henrys Antwort wartete, hielt ich den Atem an und hob den Kopf. Noch immer saß Persephone auf seinem Schoß, und sie schauten einander so intensiv an, dass ich damit rechnete, er würde sie wieder küssen, doch dann sah ich es. Zwischen ihnen war jetzt eine gewisse Distanz, als würde Persephone sich von ihm lösen. Als würde Henry sie auf Abstand halten.
Als die Sekunden verstrichen, erwachte ein Funken Hoffnung in mir, und mit zittrigen Knien stand ich auf, um näher zu ihnen zu gehen. Auf keinen Fall wollte ich verpassen, was er sagte.
Bloß dass er sich ihr wieder entgegenlehnte, als ich vortrat, und sie ihn nicht aufhielt. Mir blieb die Luft weg, als die Welt um mich herum sich wieder auflöste und Henry und Persephone verschwanden.
Den Rest der Nacht verbrachte ich weinend im Bett, Pogo zusammengerollt an meiner Seite. Alle halbe Stunde wachte er langegenug auf, um mir die Wangen zu lecken, bevor er wieder einschlief. Ich hatte nicht so viel Glück.
Was auch immer Persephone Henry hatte beibringen wollen, das Ganze war gründlich nach hinten losgegangen. Selbst wenn sie den Palast am folgenden Tag verließe, würde das nichts an der Tatsache ändern, dass Henry sie immer mehr lieben würde als mich. Ich wollte sie hassen für das, was sie getan hatte, doch sie war nicht diejenige, die in unsere Ehe geplatzt war. Ich war es, die zu ihr gekommen war, und ich hatte sie überredet, wieder an ihr altes Leben anzuknüpfen, obwohl ich gewusst hatte, was geschehen könnte, wenn Henry sie wiedersah. Alles, was sie versucht hatte, war, Henry die Augen zu öffnen – auf eine verdrehte Art und Weise, die kläglich gescheitert war, aber sie hatte es versucht.
Und jetzt hatte ich ihn ganz verloren.
Das Klicken der Schlafzimmertür ließ mich aufschrecken. Pogo streckte sich, und als ich mich aufsetzte, warf er sich mir in den Schoß, alle viere von sich gestreckt. Offenbar war er nicht bereit, mich noch einmal irgendwohin verschwinden zu lassen.
Henry stand in der Tür, und für einen langen Moment starrten wir einander nur an. Er wirkte erschöpft, sah aus, als hätte er seit Wochen nicht geschlafen.
Schließlich trat er ein und schloss die Tür hinter sich. Ohne zu mir zu kommen und mich zu begrüßen, ging er zu seinem Kleiderschrank und begann seine Sachen zu durchsuchen. Unauffällig wischte ich mir die Wangen, um sicherzugehen, dass von meiner nächtlichen Heulerei nichts mehr zu sehen war, doch sie waren schon seit Stunden trocken.
Nachdem Henry sich ein frisches Hemd herausgesucht hatte, das nicht von dem zu unterscheiden war, das er anhatte, rechnete ich damit, er würde etwas sagen, doch er verschwand wortlos ins Bad. Als wäre ich überhaupt nicht da. War ich ihm nicht einmal ein Hallo wert?
Während er nebenan war, überlegte ich hin und her, ob ich weiterhin so tun sollte, als wäre alles in Ordnung. Der Feigling inmir wollte genau das, doch ich wusste: Wenn ich das versuchte, würde ich genauso unglücklich werden, wie Persephone es gewesen war. Ich wollte nicht mehr unglücklich sein. Ich konnte nicht mein gesamtes Leben damit verbringen, darauf zu warten, dass er über Persephone hinwegkam und sich stattdessen auf mich konzentrierte.
Als er zurückkam, wusste ich, was ich sagen musste. Alles in mir sträubte sich gegen die Worte, die ich nun aussprechen würde, doch ich musste sie sagen, und Henry musste sie hören.
„Ich kann das nicht mehr.“
Meine Stimme war kaum ein Flüstern, und Henry blieb auf halbem Weg zwischen dem Bad und der Tür stehen. Er sah mich nicht an, ballte seine Hände jedoch zu Fäusten. Ich hasste mich selbst dafür, dass ich ihm dasselbe wie Persephone antat und aufgab. Bevor wir auch nur eine Chance gehabt hatten, erklärte ich unsere Beziehung für beendet.
Nein. Henry war derjenige, der aufgegeben hatte. Er war es, der die Beziehung für beendet erklärt hatte, und zwar in dem Moment, als er sich geweigert hatte, mich anzufassen oder mich wie seine Ehefrau zu behandeln. Er war es, der uns irgendwann aus den Augen verloren hatte – ich
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