Die unsterbliche Braut
mir auf der Seele brannte.
Für einen langen Moment antwortete er nicht. „Sie hätte sterben können, weil ich töricht genug war, sie in Gefahr zu bringen“, erklärte er schließlich. Schwer hingen die Worte in der Luft. „Seit dem Moment, in dem wir uns begegnet sind, habe ich sie ständig der Gefahr ausgesetzt. Ich kann das nicht mehr.“
Darum war er davongestürmt? Weil er dachte, er wäre eineGefahr für mich? Ich fühlte Erleichterung. Jetzt, da ich seine Beweggründe kannte, könnte ich mit ihm darüber reden. Ich würde das in Ordnung bringen.
Persephone verdrehte die Augen, und ausnahmsweise war ich ihrer Meinung. „Was Calliope versucht hat, hat nichts mit dir zu tun, und Theo hat gesagt, bei seinen Untersuchungen hat er nichts gefunden. Kate ist nichts passiert.“
Henry war so angespannt, dass die Adern an seinem Hals deutlich hervortraten. „Das wissen wir nicht mit Sicherheit. Selbst wenn alles gut geht, habe ich doch zugestimmt, sie dieser Situation auszusetzen.“
Und ich hatte zugestimmt, mitzugehen. Ich war nicht vollkommen hilflos, begriff Henry das nicht? Ich war nicht mehr sterblich. Calliope konnte mich nicht töten, und irgendwann würde er anerkennen müssen, dass ich nicht in Stücke brechen würde, bloß weil jemand in meiner Nähe mich schräg anschaute.
Zärtlich strich Persephone mit den Fingern durch Henrys dunkles Haar, und mir wurde der Mund trocken. Ich wollte nicht hier sein und das mit ansehen, konnte den Blick jedoch nicht abwenden und hatte keinen Schimmer, wie ich in meinen Körper zurückgelangen konnte. Sie so vertraut miteinander umgehen zu sehen, obwohl sie einander tausend Jahre lang nicht gesehen hatten, tat weh. Es war, als wäre Persephone nie gegangen und als würde Henry sich mit ihr darüber unterhalten, was sie den Tag über gemacht hatte.
Eigentlich sollte ich die Frau an seiner Seite sein. Doch wie sollte ich ihm näherkommen, wenn er sich vor mir versteckte? Meine Schwester kannte ihn gut genug, um nicht stundenlang an den falschen Stellen nach ihm suchen zu müssen.
„In den letzten Wochen hat sie wesentlich Schlimmeres durchgemacht“, wiegelte Persephone ab. „Dein neues Mädchen hält einiges aus, was?“
„Ja“, stimmte Henry ihr zu. „Wenn sie beschließt, etwas zu tun, ist es unmöglich, sie davon abzubringen. Sie schert sich einen Teufel um die Konsequenzen.“
Persephone lachte. „Klingt nach jemand, den ich kenne. Sie liebt dich, weißt du. Mehr, als ich es je getan habe.“
Schmerzhaft verzog Henry das Gesicht, doch der Ausdruck verschwand so schnell, wie er gekommen war. „Sie kennt mich nicht. Wenn sie dahinterkommt, wer ich wirklich bin, wird sie mich verlassen.“
„So wie ich?“
Stumm starrte er aus dem Fenster.
Persephone glitt von der Armlehne herunter und auf seinen Schoß. Dann schlang sie ihm die Arme um den Hals, als hätte sie ihn niemals verlassen. Mir wurde die Kehle eng, und ich grub die Fingernägel in meine Handflächen. Ich wollte nicht hier sein. Ich wollte das nicht sehen. Es war mir egal, wie wenig Persephone ihn liebte, und es spielte keine Rolle, was meine Mutter oder James oder Ava behaupteten. Henry liebte sie immer noch, und er würde immer sie wählen, wenn er sich zwischen uns entscheiden müsste.
Als er ihre Umarmung erwiderte, stieg ein Schluchzen in mir auf, und ich wandte mich zum Fenster. Selbst dort konnte ich noch ihr Spiegelbild sehen, und sosehr ich es auch versuchte, ich konnte nicht fortschauen. Das war es also. Unsere Beziehung – unsere Ehe – war am Ende, noch bevor Henry ihr überhaupt eine Chance gegeben hatte.
„Manchmal frage ich mich, wie es gewesen wäre, wenn ich geblieben wäre“, gab sie zu. „Wie anders unser gemeinsames Leben gewesen wäre, wenn wir uns Zeit gelassen hätten, statt uns Hals über Kopf hineinzustürzen.“
„Glücklicher“, erwiderte Henry leise. „Erfüllt.“
„Vielleicht“, flüsterte sie. „Vielleicht auch nicht.“
Einige Herzschläge lang waren sie beide still, und als Persephone wieder das Wort ergriff, beugte sie sich vor, bis ihre Lippen die seinen fast berührten. Ich schloss die Augen.
„Du hast jemanden verdient, der dir ebenbürtig ist“, erklärte sie. „Was zwischen uns geschehen ist, war nicht unsere Schuld. Wir sind unterschiedliche Personen, und egal, wie sehr du direingeredet hast, dass ich die Einzige für dich bin – es bedeutet nichts, wenn du nicht der Einzige für mich bist.“
Ich hielt den Atem an. Sie
Weitere Kostenlose Bücher