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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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bevor sie angelangt war, sah sie das rötlich braune Fell. Die weiße Spitze des schönen Schwanzes zitterte kurz, und dann war Sylvies Füchsin nicht mehr.
    Sie fand Sylvie auf der Terrasse, wo sie in einer Zeitschrift blätterte. »Maurice hat die Füchsin erschossen«, sagte sie. Sylvie legte den Kopf zurück an die Lehne der Rattanliege und schloss resigniert die Augen. »Irgendwann musste es passieren«, sagte sie und schlug die Augen wieder auf, in denen jetzt Tränen schimmerten. Ursula hatte ihre Mutter nie weinen sehen. »Eines Tages werde ich ihn enterben«, sagte Sylvie, die Vorstellung kalter Rache ließ ihre Tränen bereits wieder trocknen.
    Pamela kam auf die Terrasse, hob eine Augenbraue und sah Ursula fragend an. »Maurice hat die Füchsin erschossen.«
    »Ich hoffe, du hast ihn erschossen«, sagte Pamela. Sie meinte es ernst.
    »Vielleicht hole ich Daddy vom Zug ab«, sagte Ursula, nachdem Pamela wieder ins Haus gegangen war.

    Sie wollte Hugh nicht wirklich abholen. Seit ihrem Geburtstag traf sie sich heimlich mit Benjamin Cole. Ben, hieß er jetzt für sie. Auf der Wiese, im Wald, auf dem Weg. (Stets im Freien. »Das Wetter ist immer schön, eine große Hilfe beim Knutschen«, sagte Millie mit einem clownesken Grinsen und viel Auf und Ab ihrer Augenbrauen.)
    Ursula stellte fest, dass sie eine ausgezeichnete Lügnerin war. (Hatte sie das nicht schon immer gewusst?) Brauchst du etwas aus dem Laden? Oder Ich geh Himbeeren pflücken auf dem Weg. Wäre es so schrecklich, wenn die Leute es wüssten? »Also, ich glaube, deine Mutter würde mich umbringen«, sagte Ben. (»Ein Jude?«, hörte sie Sylvie sagen.)
    »Und meine Eltern auch«, fuhr er fort. »Wir sind zu jung.«
    »Wie Romeo und Julia«, sagte Ursula. »Unsere Liebe steht unter einem schlechten Stern und so weiter.«
    »Nur dass wir aus Liebe nicht sterben werden«, sagte Ben.
    »Wäre das so schlimm, aus Liebe zu sterben?«, fragte Ursula.
    »Ja.«
    Die Sache zwischen ihnen entwickelte sich sehr »heiß«, viel Gefummel und Stöhnen (seinerseits). Er glaubte, dass er sich nicht mehr lange »zurückhalten« könnte, aber sie war nicht sicher, was genau er zurückhalten musste. Bedeutete Liebe nicht, dass man mit nichts zurückhielt? Sie ging davon aus, dass sie heiraten würden. Müsste sie konvertieren? Eine »Jüdin« werden?

    Sie waren zur Wiese gegangen, wo sie sich eng umschlungen ins Gras legten. Es war sehr romantisch, dachte Ursula, abgesehen vom Timotheegras, das sie kitzelte, und den Margeriten, die sie zum Niesen brachten. Ganz zu schweigen, dass Ben sich plötzlich auf sie legte, so dass sie sich vorkam, als läge sie in einem Sarg, der mit Erde gefüllt war. Dann verkrampfte er sich, was sie für ein Vorspiel zum Tod durch Gehirnschlag hielt, und sie strich ihm übers Haar, als wäre er krank, und fragte besorgt: »Alles in Ordnung?«
    »Entschuldige«, erwiderte er. »Das wollte ich nicht.« (Aber was hatte er getan?)
    »Ich muss nach Hause«, sagte Ursula. Sie standen auf und zupften sich gegenseitig Gras und Blumen von der Kleidung, bevor sie losgingen.
    Ursula fragte sich, ob sie Hughs Zug verpasst hatte. Ben blickte auf die Uhr und sagte: »Ach, sie sind schon längst zu Hause.« (Hugh und Mr. Cole fuhren mit demselben Zug.) Sie stiegen über den Zaunübertritt von der Wiese auf die Kuhweide, die an den Weg grenzte. Die Kühe waren noch nicht wieder vom Melken zurück.
    Er half ihr beim Heruntersteigen vom Übertritt, und sie küssten sich wieder. Als sie voneinander abließen, sahen sie einen Mann – eine schäbige Gestalt, einen Landstreicher vielleicht –, der von der anderen Seite, vom Rand des Wäldchens, über die Weide auf den Weg zuging oder vielmehr humpelte, so schnell er konnte. Als er sie bemerkte, humpelte er noch schneller. Er stolperte über ein Grasbüschel, stand jedoch gleich wieder auf und steuerte auf das Gatter zu.
    »Was für ein verdächtiger Kerl«, sagte Ben und lachte. »Ich frage mich, was er getan hat.«

    »Das Essen steht auf dem Tisch, du bist sehr spät dran«, sagte Sylvie. »Wo warst du? Mrs. Glover hat wieder mal das schreckliche Kalbfleisch à la Russe gemacht.«

    »Maurice hat die Füchsin erschossen?«, sagte Teddy mit zutiefst enttäuschter Miene.
    Und dann ging es weiter, ein schlechtgelaunter Streit zwischen allen am Tisch nur wegen einer toten Füchsin, dachte Hugh. Sie sind Geschmeiß, hätte er am liebsten gesagt, wollte jedoch den Furor der Emotionen, der entfesselt worden

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