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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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war, nicht weiter anheizen. Stattdessen sagte er: »Bitte, lasst uns beim Essen nicht darüber reden, dieses Zeug ist schon ohne Streit schwer genug zu verdauen.« Doch sie stritten weiter. Er versuchte, sie zu ignorieren, säbelte an seinem Kalbskotelett herum (hatte Mrs. Glover sie jemals selbst probiert?, fragte er sich). Er war erleichtert, als sie von einem Klopfen an der Tür unterbrochen wurden.
    »Ah, Major Shawcross«, sagte Hugh, »kommen Sie rein.«
    »Ach, du liebe Zeit, ich wollte Sie nicht beim Essen stören«, sagte Major Shawcross und blickte verlegen drein. »Ich wollte nur fragen, ob Ihr Teddy unsere Nancy gesehen hat.«
    »Nancy?«, sagte Teddy.
    »Ja«, sagte Major Shawcross. »Wir können sie nirgendwo finden.«

    Sie trafen sich nicht mehr im Wäldchen oder auf dem Weg oder der Wiese. Hugh verfügte ein striktes Ausgehverbot, nachdem Nancys Leiche gefunden worden war, und zudem waren sowohl Ursula als auch Ben von schuldbewusstem Entsetzen erfüllt. Wenn sie rechtzeitig nach Hause gegangen wären, wenn sie nur fünf Minuten früher über die Weide gegangen wären, hätten sie sie vielleicht gerettet. Doch als sie ahnunglos zurückschlenderten, war Nancy bereits tot, lag in der Viehtränke in einer Ecke der Weide. Es hatte also tatsächlich wie für Romeo und Julia mit dem Tod geendet. Nancy, geopfert für ihre Liebe.
    »Es ist schrecklich«, sagte Pamela zu ihr. »Aber es ist nicht deine Schuld, warum tust du so, als wärst du für ihren Tod verantwortlich?«
    Weil sie es war. Das wusste sie jetzt.
    Etwas war zerrissen, zerbrochen, ein gegabelter Blitz, der über den trächtigen Himmel zuckte.

    In den Ferien im Oktober verbrachte sie ein paar Tage bei Izzie in London. Sie saßen im Russian Tea Room in South Kensington. »Eine fürchterlich konservative Kundschaft hier«, sagte Izzie, »aber sie machen die wunderbarsten Sachen mit Pfannkuchen.« Ein Samowar stand da. (War es der Samowar mit seinen Anklängen an Dr. Kellet, der es auslöste? Es wäre absurd, wenn es so wäre.) Sie hatten ihren Tee ausgetrunken, und Izzie sagte: »Warte einen Moment, ich muss mir die Nase pudern. Bitte um die Rechnung, ja?«
    Ursula wartete geduldig auf ihre Rückkehr, als das Entsetzen plötzlich über sie kam, sich so schnell wie ein Raubvogel auf sie stürzte. Eine ahnungsvolle Angst vor etwas Unbekanntem, aber ungeheuer Bedrohlichem. Und es bedrohte sie, hier zwischen dem höflichen Klimpern von Teelöffeln auf Untertassen. Sie stand auf und warf dabei ihren Stuhl um. Ihr war schwindlig, und vor ihrem Gesicht hing ein Nebelschleier. Wie Bombenstaub, dachte sie, doch sie hatte noch nie eine Bombenexplosion erlebt.
    Sie durchstieß den Nebel, lief hinaus aus dem Russian Tea Room auf die Harrington Road. Sie rannte und rannte, auf die Brompton Road und dann blindlings in die Egerton Gardens.
    Sie war schon einmal hier gewesen. Sie war noch nie hier gewesen.
    Etwas war immer knapp außerhalb ihrer Sichtweite, gleich um die Ecke, etwas, was sie nie zu fassen bekam – etwas, was sie zu fassen bekam. Sie war sowohl die Jägerin als auch die Gejagte. Wie die Füchsin. Sie rannte weiter und stolperte über etwas, stürzte ungebremst auf die Nase. Der Schmerz war außerordentlich. Überall war Blut. Sie saß auf der Straße und weinte vor unerträglicher Qual. Sie hatte niemanden bemerkt, doch dann sagte eine Männerstimme in ihrem Rücken: »Oje, wie schrecklich. Ich helfe Ihnen. Ihr hübscher türkiser Schal ist ganz voller Blut. So heißt doch die Farbe, oder ist es Aquamarin? Ich heiße Derek, Derek Oliphant.«
    Sie kannte die Stimme. Sie kannte die Stimme nicht. Die Vergangenheit schien in die Gegenwart zu sickern, als ob irgendwo eine undichte Stelle wäre. Oder war es die Zukunft, die in die Vergangenheit tropfte? Beides wäre ein Albtraum, es war, als ob ihre innere dunkle Landschaft offenbar, das Innen das Außen geworden wäre. Die Zeit war aus den Fugen geraten, das stand fest.
    Sie rappelte sich auf, wagte es jedoch nicht, sich umzusehen. Ungeachtet der schrecklichen Schmerzen rannte sie weiter. Sie war in Belgravia, als sie endgültig schlappmachte. Hier auch, dachte sie. Hier war sie auch schon einmal gewesen. Sie war noch nie hier gewesen.
    Ich gebe auf, dachte sie. Was immer es ist, es soll mich haben. Sie sank auf das harte Pflaster und rollte sich zusammen. Ein Fuchs ohne Bau.

    Sie musste das Bewusstsein verloren haben, denn als sie die Augen wieder öffnete, lag sie in einem Bett in einem weiß

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