Die unwillige Braut (German Edition)
derzeitige Besitzerin des Buches konsultieren, ehe wir so etwas tun?"
Ein dreifaches Seufzen wurde hörbar, und die heiligen Männer überlegten, wie sie das Recht auf angemessene Weise beugen konnten. Endlich ergriff Judes Cousin das Wort. "Wir werden es Jude sagen müssen", meinte er.
"Nicht der Lady Rhoese?" fragte Bruder Alaric alarmiert.
"Nein, nach dem Gesetz gehört das Buch dem Gemahl der Lady."
"Aber dann sind wir wieder dort, wo wir begonnen haben, Bruder. Er wird einer Veränderung nicht zustimmen. Das haben wir doch schon geklärt, oder?"
"Das haben wir", meinte der Prior. "Was tun wir jetzt?"
Diesmal trieb Bruder Alaric die Entscheidung voran. "Überlasst das mir", sagte er und runzelte die Stirn. "Ehe wir nach York und noch weiter ziehen, gibt es noch einiges zu klären. Vielleicht könnt Ihr erst einmal die Wasserschäden beseitigen, Bruder?" Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nicht weiter gedacht als daran, dem zeitraubenden, kräftezehrenden und unnötigen Konflikt zwischen der jungen Edeldame, die er mit den Jahren zu bewundern gelernt hatte, und ihrem Gemahl, der sie zu seiner unwilligen Frau gemacht hatte, ein Ende zu setzen. So durfte es nicht weitergehen, aber wie er unter alldem einen Schlussstrich ziehen konnte, das war eine andere Sache. Doch er würde dem ein Ende setzen, auch wenn er sie beide dabei bis zur Besinnungslosigkeit schütteln müsste.
Ranulf Flambards Vorschlag, ein ruhiges und vernünftiges Wort an die Frau zu richten, die im Begriff stand, Rhoese den Gemahl zu rauben, wurde abgelehnt zugunsten eines offenen Kampfes. Wenn Rhoese ihr ihren lodernden Zorn – und auch ihre Eifersucht – zeigen würde, so hätte das nicht die gewünschte Wirkung, die Frau aufzuhalten, und an diesem Tag war keine Zeit für Vernunft. Dies war keine vernünftige Angelegenheit.
Es stimmte, auch Jude hatte für vieles einzustehen, aber indirekt musste sie ihm klarmachen, dass es noch zu früh war, ihr das Herz zu brechen. Den Plan, das seine zu brechen, musste sie aufgeben. Das würde ganz einfach nicht geschehen.
Noch immer außer sich vor Empörung und erfüllt von der quälenden Angst vor dem, was sie verlieren könnte, betrat sie den Palast des Bischofs, ging vorbei an den Wachen, an den Kirchenmännern und Geistlichen, Botschaftern und Bewaffneten hin zu dem Platz, von dem der Klang einer irischen Harfe durch eine offene Tür zu ihr drang. Auf der Schwelle blieb sie stehen, um sich zu sammeln und ihre Gegnerin abzuschätzen, denn Anneys d'Abbeville war umgeben von einer Gruppe gut gekleideter junger Männer, die plauderten und lachten, was auf die Art ihrer Gespräche hindeutete. Sie brüllten vor Heiterkeit, übertönten die Musik des Harfenspielers und bemerkten nicht, dass er auf einmal aufhörte.
Die Frau, die den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit bildete, saß auf dem Bett mit geöffnetem Haar, das schwarz und üppig bis über ihre Schultern fiel, von denen eine entblößt war. Ihre Magd hielt Seide, Leinen, weiche Wolle und Pelze auf den Armen, ein Paar grüne Schuhe aus Ziegenleder baumelte an ihrer Hand. Sie sah Rhoese zuerst, und ihr Verstummen übertrug sich auf die Gruppe, bis der Lärm verebbte. Anneys blickte über ihre Schulter zurück, schien einen Moment lang verwirrt und verbarg das sogleich hinter einer undurchdringlichen Maske. "Ja?" fragte sie.
Rhoese betrat die Kammer mit einer Sicherheit, die die Gruppe überraschte, denn der stählerne Glanz ihrer Augen schien alles andere beiseite zu drängen. "Ja", sagte sie und ließ ihren Blick über die Runde schweifen, als wären die anderen nicht mehr als niedere Dienstboten. "Ihr werdet gehen. Jetzt. Hinaus … Ihr alle!" Ihr Ton war befehlend, doch die Männer bewegten sich nicht schnell genug. "Hinaus!" schrie sie ihnen nach.
Verwirrt verließen sie den Raum, als nun die Mätresse des Bischofs zu widersprechen begann. "Ihr habt kein Recht …"
Kaum hatte sich die Tür hinter der Magd geschlossen, da fuhr Rhoese herum. Sie musterte ihre Gegnerin und gab sich selbst im Stillen den ersten Punkt, weil sie es geschafft hatte, den Raum zu leeren. "Wagt es nicht, mich über meine Rechte zu belehren", fuhr sie die Frau an, "ich kenne sie genau und bin gekommen, um Euch an meine Rechte zu erinnern, denn Ihr scheint sie vergessen zu haben."
Anneys hatte sich erhoben, und jetzt sah Rhoese, wie reizvoll ihre Gestalt war in dem einfachen, rosenfarbenen Hemd aus Leinen, wie rund und verlockend, wie die Augen mit den schweren
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