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Die unwillige Braut (German Edition)

Die unwillige Braut (German Edition)

Titel: Die unwillige Braut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
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ignorieren sollte. Sie musste so tun, als ob. "Mylord?" rief sie und ging ohne Eile zu ihm hinüber. Ein Schaf lief ihr vor die Füße, so dass sie stehen bleiben musste.
    "Wo ist dein Herr?" rief er zurück. Er besaß eine tiefe Stimme, die an Befehl und Gehorsam gewöhnt zu sein schien, und er setzte voraus, dass sie Französisch verstand.
    Sie zuckte die Achseln. "Fort, Sir", gab sie zurück.
    "Und deine Herrin? Wo ist sie?"
    "Auch fort."
    "Und wer ist hier verantwortlich?"
    Wieder zuckte sie die Achseln. "Wir alle. Man vertraut uns."
    "Wie heißt du, Mädchen?"
    Sie holte tief Luft und wollte gerade zu einer Lüge ansetzen. Aber der Verwalter war mit der Anzahl der Felle auf dem Karren nicht zufrieden, und mit lauter Stimme wandte er sich direkt an sie: "Lady Rhoese. Das hier ist zu wenig."
    Von dem Karren her erscholl ein Aufschrei. "Das stimmt nicht, Mylady. Das hier ist alles. Ehrlich!"
    Der Reiter saß ab und warf dem Mann neben ihm seine Zügel zu. Rhoese erkannte, dass er eine Erklärung wollte. Schon war es vorbei mit der Schwindelei, und nicht einmal dieser kurze Versuch, sich unterzuordnen, hatte ihr besonders gefallen.
    Abweisend sah sie ihn an, als er durch das Tor auf sie zukam. "Mein Name", sagte sie kurz, "ist Lady Rhoese of York, Tochter des verstorbenen Lord Gamal of York, Enkelin eines früheren Sheriffs. Genügt das, oder soll ich meinen gesamten Stammbaum herunterbeten? Ich könnte es, wenn Ihr darauf besteht, aber Ihr seht, ich bin sehr beschäftigt."
    Langsam ging er weiter, als sei ihm ihre abweisende Haltung egal. "Ich bin sicher, dass Ihr das könntet. Warum also die Lüge? Macht Ihr das immer so?"
    "Oh, bei den Normannen versuche ich alles, damit sie ihre Nasen nicht in meine Angelegenheiten stecken, Sir."
    "Allem Anschein nach habt Ihr eine vorgefasste Meinung über Normannen, Mylady. Ich frage mich, was sie getan haben, um das zu verdienen?"
    Aus irgendeinem Grund schlug ihr Herz wie rasend und presste ihr die Luft aus dem Leib, was sie irritierte, denn sie hatte sich geschworen, sich nie mehr zu einem Mann hingezogen zu fühlen. Dieser Mann aber stand in ihrem Hof, als gehörte er ihm, mit Beinen wie Baumstämmen, die Hände in die schmalen Hüften gestemmt, wo ein Gürtel mit goldener Schließe tief über einer Leinentunika in Blau und Gold hing. Teure Gewänder. Gegen ihren Willen nahm sie seinen muskulösen Hals zur Kenntnis, seine Schultern und seine Brust, breit wie bei einem Ringer, und sie ertappte sich dabei, dass sie das tat, was Männer gewöhnlich machten, wenn sie sie ansahen: Sie zog ihn mit Blicken aus. Sie errötete, und an dem Lächeln auf seinem Gesicht erkannte sie, dass er den Grund dafür erriet.
    "Was das betrifft, Sir", sagte sie und reckte das Kinn vor, "wenn Ihr die Antwort darauf nicht wisst, dann zeigt das deutlich, dass Ihr noch nicht lange in England seid. Es würde mindestens eine Woche dauern, Euch zu berichten, welche Schäden Ihr und Euresgleichen uns in den letzten zweiundzwanzig Jahren zugefügt habt. Zum Glück konnten wir uns unsere Würde und unsere Sprache bewahren. Diese beiden Dinge könnt Ihr nicht fortschaffen, Gott sei es gedankt." Sie sah sich nach ihrem Verwalter um und rief ihm auf Englisch zu: "Bran! Schafft mir diesen Flegel aus dem Weg, ja?" Auf Französisch sagte sie dann zu dem Normannen: "Ihr seht, Sir, ich bin zu beschäftigt, um zu plaudern. Vielleicht ein andermal. Bitte entschuldigt mich."
    Selbst jetzt, da sie sprach, hinderte ihre so offen zur Schau getragene Feindseligkeit sie nicht daran, jedes Detail seines Gesichts zu bemerken, den leichten Schatten auf seinem markanten Kinn, den entschlossenen Zug um seinen Mund, das Grübchen im Kinn und die lange, gerade Nase. Auf seinen hohen Wangenknochen schimmerte bereits das Regenwasser, und seine Augen, die zuerst nicht mehr als schmale Schlitze gewesen waren, weiteten sich jetzt angesichts ihrer tapferen Worte – tiefbraun, mit langen Wimpern und mit einem beunruhigend direkten Blick. Sie zuckte zusammen, ihrer selbst plötzlich nicht mehr ganz sicher, wandte widerstrebend den Blick ab, um weitere freimütige Schlüsse über sein bemerkenswert gutes Aussehen zu vermeiden. Eine bittere Stimme flüsterte ihr ins Ohr: Er wird nicht anders sein als die anderen, ob nun Normanne oder Engländer.
    "Ja", erwiderte er. "Ich sehe, dass Ihr viel zu tun habt. Seid Ihr die Besitzerin dieses Hofes oder ist es Euer Ehemann?"
    "Ihr stellt zu viele Fragen, Sir. Und Euer Freund erwartet

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