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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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klaffende Wunde, aus der dunkles Blut spritzte.
    Tränen des Schmerzes und der Enttäuschung füllten die Augen des Mädchens, als ich sie in die Arme nahm und von dem zuckenden Nekir wegzog. Auch Aurora weinte. Emily sah mich mit leerem Blick an. Es war unschwer zu erkennen, dass das Leben von ihr wich.
    »Sie wird doch nicht etwa sterben?«
    Emilys Lippen bewegten sich, aber kein Laut kam hervor.
    »Das Gift fließt bereits durch ihre Adern«, sagte ich nur.
    Warum hatte Emily nur etwas derart Törichtes getan?
    Vor uns in der Höhle war die Schlacht in all ihrer Wildheit entbrannt. Loderte in einem fort.
    »Wir müssen fliehen«, erklärte ich.
    »Aber Emily«, schluchzte Aurora, die die leblose, bleiche Hand ihrer Freundin ergriffen hatte. »Wir müssen ihr helfen. Wir können sie doch nicht einfach so sterben lassen.«
    Aurora zerrte panisch an meinem Mantel, wollte mich am Gehen hindern.
    Dieses ungeduldige Gör!
    »Wir werden ihr mit Sicherheit nicht helfen können«, fauchte ich das ängstliche Kind an, »wenn wir hier verharren und darauf warten, dass die Kinder des Limbus unserer gewahr werden!«
    Aurora sah mich ob dieser ungewohnt heftigen Worte erschrocken an.
    »Die Dinge stehen nicht sehr gut für uns«, formulierte ich etwas sanfter.
    Das dunkelhäutige Mädchen sah mich aus tränennassen Augen an, und während die Schlacht hinter uns ihrem Ende zuging, brachte sie unseren neu geschmiedeten Plan auf den Punkt: »Lassen Sie uns hier abhauen.«
    Dem war nichts, aber auch wirklich gar nichts hinzuzufügen.

Kapitel 13
Der Tower von London
    Die Treppenstufen, die zum Haupteingang des Britischen Museums hinaufführen, waren von einer dicken Schicht frisch gefallenen Schnees bedeckt, und nur wenige Fußstapfen führten in jener Nacht dort hinauf. Die Laternen tauchten den Platz vor dem Museum in ein warmes Licht. Die riesigen, konischen Säulen warfen lange Schatten in die Great Russell Street. Eine ganz in Weiß gekleidete Gestalt eilte die Stufen hinauf, klopfte gegen die Tür und erbat Einlass.
    Maurice Micklewhite hatte es geschafft.
    Er war in die Tiefen der Hölle hinabgestiegen und anschließend zurückgekehrt.
    Viele seiner Gefährten hatte er sterben sehen in den Gewölben unterhalb des Towers. Die Kinder des Limbus waren wie eine Plage über die tapfer kämpfenden Arachniden und Ratten hergefallen und hatten, soweit er das beurteilen konnte, niemanden am Leben gelassen. Er selbst war dem Hinweis des Mädchens gefolgt und in den Tunnel, den sie ihm gewiesen hatte, eingedrungen – allerdings nur, um dort einen leeren Käfig vorzufinden.
    Sofern sich die kleine Mara Mushroom darin befunden hatte, war bei seinem Eintreffen nicht die geringste Spur mehr von ihr zu erkennen gewesen. Man hatte sie vorsorglich von dort entfernt.
    Maurice Micklewhite mutmaßte, dass Mr. Fox und Mr. Wolf sich des Kindes angenommen hatten. Immerhin waren die beiden für ihr schnelles und zielgerichtetes Handeln bekannt.
    Pairidaezas Stock hatte geblutet, als der Elf ihm den Rücken zugekehrt hatte. Es war ihm gelungen, einige der dicken Äste abzuschlagen und der Rinde tiefe Wunden beizufügen.
    Dann aber hatte er die Flucht antreten müssen.
    Maurice Micklewhite glaubte nicht, dass er dem Lebensbaum ernsthafte Verletzungen hatte beibringen können. Wenn Master Lycidas seine Kraft aus diesem uralten Gewächs schöpfte, so würde ihm diese Quelle vermutlich auch in Zukunft zur Verfügung stehen.
    Auch darin waren sie gescheitert.
    Im dunklen, verlassenen Tunnel hatte Maurice Micklewhite wütend geflucht. Er schalt sich selbst, zu wenig bewirkt zu haben. Er hatte sein Ziel nicht erreicht, jedoch war nicht alles verloren. Noch nicht. Es gab noch einen Schimmer Hoffnung.
    Wenn die Mädchen nach London zurückkehrten, dann könnte der Plan doch noch aufgehen. Dann würden die Dinge denjenigen Lauf nehmen, den sie ihnen zugedacht hatten.
    So weit die Mut machenden Gedanken.
    Doch hatte er nicht mit eigenen Augen gesehen, wie ein Nekir die kleine Emily gestochen und anschließend gegen die Tunnelwand geschleudert hatte? Maurice Micklewhite hatte von den Nekir gehört.
    Wittgenstein hatte sich der Kleinen angenommen und war in den düsteren Stollen geflüchtet, der sie hergeführt hatte.
    Immerhin.
    Von da an hatte Maurice Micklewhite keinen Gedanken mehr an die Schlacht und seine Gefährten verschwendet. Er war gelaufen, so schnell ihn seine Füße hatten tragen können. An seiner Seite schwirrte Dinsdale, der aber schon nach

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