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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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seine Tochter an und erinnerte sich an Ägypten. An jenen Basar in Kairo, wo er die Übersetzerin, die ihm im Museum assistiert hatte, zum ersten Mal hatte küssen dürfen. An ihre Augen erinnerte er sich und an die Melodie, die zwischen ihnen erklungen war. Es waren glückliche Augenblicke gewesen, doch dann war sie eines Tages wie vom Erdboden verschwunden gewesen. An diese schönen Augen, die auch seiner Tochter Augen waren.
    »Aurora.« Nur dieses Wort kam ihm über die Lippen.
    Er streckte die Arme aus.
    Und Aurora Fitzrovia, die endlich ihre Wurzeln gefunden hatte, ließ sich fallen und von den starken Händen des Elfen, der ihr Vater war, auffangen.
    Pickwick schaute entsetzt hinunter ins Schlachtengetümmel, wo sich das Blatt zu wenden begonnen hatte. Carathis war inmitten ihrer Brut aufgetaucht, und sie hatte die Gestalt jener Göttin angenommen, die man in Brick Lane Market so gefürchtet hatte.
    Das, dachte Aurora benommen, als sie die Kreatur durch die Reihen der Nekir stürmen sah, ist also meine Mutter. Es war ein Geschöpf mit dunkler, blau schimmernder Haut. Medusenhaft zierten schlangenartige Auswüchse ihren Kopf, und das, was Haare hätten sein mögen, bewegte sich ohne Unterlass. Sie besaß dürre, insektenartige Arme, sechs an der Zahl, und jede Hand führte ein mächtiges Krummschwert.
    »Sie ist gekommen«, flüsterte Aurora, »um mich zu holen.«
    Maurice Micklewhite trat neben seine Tochter und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Nur über meine Leiche«, versprach er.
    Und Pilatus Pickwick, der im Geiste die Pforten Pandaemoniums unter dem Ansturm Kalis bersten hörte, murmelte: »Dieses Versprechen dürfte einfacher zu halten sein, als uns allen lieb ist.«
    Denn die Vinshati gruben ihre Finger in den Sandstein, aus dem Pandaemonium errichtet worden war. Wie Eidechsen erklommen sie die Mauern. Die fratzenhaften Gesichter hatten sie mit Dreck beschmiert, was dem Feind Furcht einflößen sollte.
    »Da sind Nekir unter ihnen«, murmelte Pickwick erstaunt.
    Aurora sah, was er meinte.
    Einige der spinnenhaften Kreaturen hatten sich gegen ihre Artgenossen gewendet, gruben die scherenartigen Auswüchse an ihren Vorderbeinen und die giftigen Mandibeln in die Panzer ihrer Brüder und Schwestern.
    »Sie sind von den Vinshati infiziert worden!«, schrie der Elf.
    Aurora blickte an der Mauer herab.
    Al-Vathek war neben sie getreten und sah nicht minder entsetzt aus als die anderen Erwachsenen.
    Ein Meer aus Körpern erklomm die Festung.
    Und bitterste Hoffnungslosigkeit bemächtigte sich der Herzen aller, die dort oben im Pandaemonium standen und sich in Sicherheit gewähnt hatten.
    Der Ort, den wir erreichten, lag mitten in der Wüstenei.
    Es war eine Ödnis, ein Meer aus Hitze und Sand.
    Der Wüstenwind setzte uns dort ab.
    »Jetzt«, flüsterte el-Khamsin, »müsst Ihr singen.«
    Emily sah sich um.
    Der Wüstenwind schien amüsiert zu sein. »Ihr habt keine Ahnung, wie?«
    »So könnte man es ausdrücken.«
    Eliza wirkte unruhig.
    Beobachtete den Sand zu ihren Füßen.
    »Ihr habt Liliths Lied gehört, damals in der Kathedrale von St. Pauls.«
    Emily nickte.
    Woher kannte der Wüstenwind St. Pauls?
    »Ihr müsst Euch an die Melodie erinnern, denn diese Melodie wird es sein, die uns die Maske finden lässt.«
    Emily warf mir einen Hilfe suchenden Blick zu.
    »Fragen Sie nicht mich.«
    Dies war auch mein erster Besuch in der Wüstenei.
    »Atmet mich ein.«
    Emily schaute in die Richtung, aus der die Melodie des Wüstenwindes gepfiffen hatte. »Euch
einatmen
?« Hatte sie richtig gehört?
    »Atmet mich ein, und ich werde die Melodie finden«, versprach der Wüstenwind.
    Adam stand dicht neben ihr.
    »Wie sollen wir wissen, dass er die Wahrheit sagt?«
    Emily zuckte die Achseln.
    »Vielleicht wird er dich ersticken oder dir Schlimmeres antun?«
    Emily ergriff seine Hand.
    »Ich habe Angst«, gestand sie.
    »Du musst das nicht tun«, sagte Adam.
    »Doch, das muss ich«, antwortete sie leise.
    Bestimmt.
    Adams Händedruck wurde stärker. »Versprich mir, dass wir nach London zurückkehren werden, wenn wir hier lebendig herauskommen.«
    »Nach London. Nach Paris.« Emily schluckte. »Wohin auch immer.« Sie sah hinüber zu dem Wüstenwind, der den Sand in kleinen Kreisen aufhäufte. »Wir beide, Adam Stewart. Versprochen!«
    Adam nickte. »Ich werde dich beim Wort nehmen.«
    »Das kannst du.«
    Dann sah Emily in die flimmernde Hitze der Wüstenei.
    Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was nun geschehen

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