Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith
Heiligabend Gesellschaft leistet und die knisternden Flammen in dem großen Kamin unser beider Gedanken auf Reisen schicken, nehmen Emily Laing und Adam Stewart an der Mitternachtsmesse in St. Pauls teil und sitzen ruhig inmitten all der Menschen, die andächtig Lieder singen und den Duft der vielen Kerzen atmen. Noch zwei Tage wird Emily hier in London verweilen. Dann, so hat sie mir mitgeteilt, wird Adam Stewart sie nach Cornwall begleiten, wo auf dem Landsitz der Familie Dodgson ihre kleine Schwester auf sie warten wird.
Weihnachten.
An Lilith muss Emily denken und Eliza Holland, die eins geworden sind.
»Was immer Eliza jemals empfunden und erlebt hat«, hatte Lilith im Pandaemonium gesagt, »ist nun ein Teil von mir. Ja, Eliza Holland ist ein Teil von mir geworden.« Alexander Grant war Elizas Sohn gewesen. Das hatte Emily in der Wüstenei erfahren, und auch Lilith hatte es ihr gesagt. »Wie wir alle, so hatte auch Eliza große Schuld auf sich geladen.« Lilith hatte gelächelt und gesagt: »Aber das ist nun vorüber. Der Staub, zu dem Carathis geworden ist, hat euch alle geheilt.« Nach einer Weile dann hatte sie nachdenklich geflüstert: »Auch Carathis war einst nur ein Mädchen, das im Sand von Zmargad gespielt hat.« Sie hatte aufgeschaut. »Doch daran wird sich niemals mehr jemand erinnern, nicht wahr?!«
»Wir werden die Hölle verlassen«, hatte Emily gesagt und sich gefragt, ob es Eliza war oder Madame Snowhitepink, mit der sie da sprach.
Lilith hatte sie lange angesehen.
Verkündet, dass sie im Pandaemonium bleiben werde.
»Die Pfade der Hölle sind zwar verschlungen und wankelmütig, doch werde ich ihn finden.« Lucifer, der ihr an jenem sonnendurchfluteten Tag an den Gestaden des Roten Meers das Herz geraubt hatte, würde nicht auf ewig verschollen sein. »Irgendwo in den wüsten Landen jenseits des Limbus werde ich ihn finden.« Die hellen Augen hatten lebendig gefunkelt. Sand war langsam durch Liliths Finger geronnen, und die Hand mit der Tätowierung hatte leicht gezittert. »Dies hier«, hatte sie bekannt, »ist nun mein Himmel.«
Und Emily Laing hatte verstanden.
Wahrhaftig, wild, von ganzem Herzen.
»Pilatus Pickwick wird mir Gesellschaft leisten, denn auch er sucht einen Menschen, der hier unten verschollen ist.«
»Miss Holland hat mir berichtet, dass auch Sie eine kleine Schwester haben«, hatte Pilatus Pickwick zu Emily gesagt.
Und Emily hatte ihm Glück gewünscht für die Suche nach Alicia.
Dann hatten sie die Hölle verlassen.
Als seien Jahre vergangen seitdem, so kommt es Emily vor.
»Wo sind deine Gedanken?«, fragt Adam.
Emily lächelt. »Frag nicht.«
Sie stehen auf den Treppenstufen vor St. Pauls inmitten der Menschenmassen, die die Kathedrale verlassen. Emily denkt an das Leben, das sie noch zu leben hat. Schneeflocken streifen ihr Gesicht.
Sie muss lachen.
Einfach so.
Und weinen.
Gleichzeitig.
»Was hast du?« Adam sieht zerwuschelt aus, wie immer.
»Ach, frag’ nicht«, schluchzt sie.
Ganz leise.
Dann umarmt sie ihn, spontan und stürmisch. Als Adam ihren Kuss erwidert, da spürt sie seine kalte Nase in ihrem Gesicht und muss schon wieder lachen und schon wieder weinen. Sie sieht ihr Spiegelbild in seinen Augen, und als eine Schneeflocke auf ihr Mondsteinauge fällt, da weiß sie, dass nicht nur Lilith ihren Himmel gefunden hat.
Danksagung
Dank gebührt in erster Linie all jenen Leserinnen und Lesern, die Emily Laing, Aurora Fitzrovia und all die anderen in ihr Herz geschlossen haben. Denn letzten Endes ist es ihre Vorstellungskraft, die einer Geschichte erst Leben einhaucht.
Die Musik, die allzeit durch die uralte Metropole hallte und Welten aus dem Wüstensand zauberte, war der Herzschlag der Geschichte. Dank an Hans Zimmer, Danny Elfman, Klaus Badelt und Frank Nimsgern. »Poe« und »Arena« waren Oasen im Sandsturm der Schöpfung. Und Aino Laos und Darius Merstein-MacLeod gaben Lilith und al-Vathek Stimme und Gestalt.
Bei Heyne danke ich Martina Vogl, Uta Dahnke, Gisela Frerichs, Sascha Mamczak und Dirk Schulz, dessen Zeichenstift Paris erst hat lebendig werden lassen für mich.
Zu danken (für Vielerlei) habe ich auch Gudrun Leinen, Markus Heitz, Kai Meyer, Frank Krämer, Heiko Kind, Kati Marx, Christian Hein, Joachim Backes und den Jungs vom X-Comics. Darüber hinaus den Besuchern meines Journals auf www.christophmarzi.de, die mich an ihren Gedanken haben teilhaben lassen.
Natürlich nicht zu vergessen die Menschen, in deren Licht es mir
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