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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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sorgen muss. Sag ihr, dass ich sie liebe und sie für mich beten soll.»
    «Bitte, Eva, sprich nicht so!» Moritz’ Blick war verzweifelt. «Du wirst nicht sterben. Ich hol dich hier raus.»
    «Du kannst nichts mehr tun», sagte sie ruhig. «Ich weiß das.»
    «Aber es gibt einen alten Brauch: amor vincit omnia, Liebe wiegt stärker als alles. Ich werde dich losheiraten. Ich werde beim Rat der Stadt um deine Heirat bitten, werde alle Freunde, die mir noch geblieben sind, als deine Fürsprecher aufbieten, und dann ziehen wir weit weg von hier.»
    Eva sah ihn nur stumm an, während Michel ungeduldig mit seinem Schlüsselbund klapperte. Da beugte sich Moritz noch einmal zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: «Ich liebe dich, Eva. Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben.»
     
    Moritz hatte ihr versprochen, bald wiederzukommen und sie dann als seine Braut mit sich zu nehmen. Ersteres glaubte sie fest, das Zweite, wusste sie, würde niemals geschehen. Derweilhielten über ihr, im altehrwürdigen Nördlinger Rathaus, die Herren der Stadt über sie Gericht.
    Eine Woche nachdem Moritz bei ihr gewesen war, wurde sie ein letztes Mal vorgeführt. In fünfundzwanzig einzelnen Punkten waren ihre Straftaten aufgelistet, und Eva bestätigte jeden einzelnen davon. Als sie einen letzten Wunsch äußern durfte, bat sie um die Gnade, wie ein Mann hinausgeführt und als Mann mit dem Schwert gerichtet zu werden. Dann durfte sie zurück in ihr Loch, wo sie schon am nächsten Morgen von Michel erfuhr, dass ihr Urteil gefällt sei: Die Vielzahl ihrer Verbrechen und die Tatsache, dass sie eine Frau sei und auch wie eine Frau gerichtet werden müsse, ließe keine andere Sühne zu als den Tod durch Ertränken.
    «Übermorgen soll es geschehen.» Dem alten Mann liefen die Tränen übers Gesicht. «Dabei hat die halbe Stadt Fürbitte für dich eingelegt. Allen voran der Sick und sogar der Flanser. Aber dieser Heidenreich ist ein solcher Bluthund, und der Bürgermeister ist auch nicht besser.»
    «Weine nicht, Michel.» Sie nahm von dem Becher Rotwein, den der Wärter ihr für dieses Mal schon zum Morgen gebracht hatte. Er schmeckte süß und schwer. «Ich warte auf den Tod wie auf einen guten Freund. Auch wenn ich mir das Sterben weniger qualvoll gewünscht hätte», fügte sie hinzu. «Und jetzt lass mich bitte allein. Ich bin so furchtbar müde.»
    Bis zum angekündigten Hinrichtungstag blieb sie auf ihrem Lager liegen, schlief die meiste Zeit, aß nichts und trank nur hin und wieder einen Schluck von dem abgestandenen Wasser, das Mattis ihr gebracht hatte. Der junge Wärter war ein grober Kerl, der aus seiner Verachtung für Eva nie einen Hehl gemacht hatte. So war auch jetzt, als an besagtem Tag niemand erschien, um sie zu holen, nichts aus ihm herauszubringen. Wie immer, wenn er Wachdienst hatte, schob er den Becher unter dem breitenSpalt der Tür hindurch, ohne sich die Mühe zu machen, sie zu öffnen. Auf ihre Fragen gab er keine Antwort, doch zum Abschied sagte er: «Draußen beim Bleichgumpen hat der Werkmeister schon eine Brücke errichten lassen. Da wirst du in den Sack gebunden und runtergelassen.»
    Am nächsten Tag endlich öffnete sich knarrend die Tür, und jemand trat ein. Eva hob den Kopf.
    «Moritz!»
    Mühsam erhob sie sich und klopfte das Stroh von ihrem schmutzigen Kleid. Er hatte es also wahr gemacht und war noch einmal gekommen, ein letztes Mal. Nun würde sie sich von ihm verabschieden können. Doch Moritz war nicht allein. Im ersten Augenblick glaubte Eva, es sei ein Mönch, der da unschlüssig hinter ihm verharrte. Dann erkannte sie eine Frau in der graubraunen Tracht der frommen Schwestern – eine Frau, auf deren zartem, blassem Gesicht die Zeit ihre Spuren hinterlassen hatte. Es war Josefina.
    Wortlos umarmten sich die beiden Schwestern.
    «Danke», stammelte Eva und drückte Moritz’ Hand. Alle drei setzten sie sich auf die Strohschütte, die Michel an diesem Morgen ausgewechselt hatte, als habe er von dem Besuch gewusst. Keiner sprach ein Wort, stumm hockten sie da und weinten und hielten einander im Arm, bis endlich Josefina zu sprechen anfing.
    «Ich bin so froh, dich zu sehen – meine kleine, närrische, tapfere Schwester!» Sie begann erneut zu weinen.
    Eva streichelte ihre Hand. «Wie geht es deinem Jungen?»
    «Er ist gestorben, schon im ersten Jahr. Friedlich und still ist er eingeschlafen und nicht mehr erwacht. Gott hat es so gewollt.»
    Eva nickte. «Wirst du für mich beten, wenn es so weit ist?»
    Da

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