Die Vampir-Brüder
er über Vampire wusste. Es war nicht viel, aber hatte er nicht mal gelesen, dass Vampire nicht zu fotografieren waren?
So musste es gewesen sein, aber das brachte ihm jetzt auch nichts. Er konnte die Theorie vergessen, denn die Praxis war viel schlimmer und grausamer.
Der Unheimliche senkte seinen Kopf noch tiefer. Und er schaffte es auch den Mund weiter zu öffnen. So wirkte er plötzlich wie eine Höhle, aus deren oberem Rand die beiden spitzen Zähne wie eine Botschaft hervorschauten.
»Dein Blut hat mir geschmeckt. Es hat mir sogar sehr gut geschmeckt«, flüsterte die Gestalt. »Ich will mehr davon. Nein, ich will alles von dir haben...
Luke Dolan wollte etwas sagen, protestieren, doch er brachte nur ein Röcheln hervor. Die Worte schossen ihm nur durch den Kopf, das war alles. Er schnappte nach Luft. Er spürte in seinem gesamten Körper den Druck, der alles zusammenpresste. Einen Augenblick später berührten die kalten Lippen seine Haut.
Zum ersten Mal in seinem Leben bekam er diesen so intensiven Kontakt mit einem Unwesen, das es normalerweise nicht geben konnte. Diese Berührung der kalten Totenlippen empfand er schlimmer als das Lecken der rauen Zunge.
Noch war der Druck der beiden Zahnspitzen nicht vorhanden. Dafür entfuhr der Kehle des Blutsaugers ein tiefes Stöhnen, das von einer gewissen Vorfreude sprach.
Die Angst war bei Luke weg. Er spürte auch das Zittern nicht mehr. Er war zu einer anderen Person geworden. In seinem Innern gab es kein Leben und kein Gefühl mehr. Alles war ihm durch unsichtbare Hände entrissen worden.
Dann der Schrei!
Ein Ruf der irren Wut!
Er hallte durch den Kellerraum, und noch in der gleichen Sekunde wurde der Kopf des Vampirs in die Höhe gerissen. Der Körper folgte. Er schwebte plötzlich über dem Boden und hing im Griff des zweiten fest.
Der drehte sich um und schleifte seinen Artgenossen mit, den er schließlich losließ und quer durch den Raum schleuderte. Der schwere Körper krachte gegen die HiFi-Anlage und ließ dort einiges zusammenbrechen.
»Nein, verdammt, nicht!«, schrie Lukes vorläufiger Retter. »Wir haben etwas anderes mit ihm vor.«
»Aber sein Blut...«
»Hör auf damit! Du wirst noch genügend Blut bekommen. Wir sind erschienen, um die Spur zu vernichten und nicht, um eine neue zu legen. Es bleibt bei unserem Plan.«
Nach dieser Rede fühlte sich Luke Dolan schon nicht mehr so wohl in seiner Haut. Welche Pläne konnten zwei Vampire schon mit einem Menschen haben?
Bestimmt keine positiven. Wieder sah er die Knochenfratze des Todes vor seinem geistigen Auge.
Der zweite Blutsauger ließ ihn liegen. Er hatte ein anderes Ziel und ging dorthin, wo der Projektor auf einem hölzernen Gestell stand. Mit seinen Händen werkelte er daran herum. Sehr schnell hatte er die beiden Spulen gelöst.
Vom Boden her schaute ihm Luke Dolan zu. Er konnte noch immer nicht nachvollziehen, was diese Gestalt damit vorhatte. Jedenfalls interessierte sie sich nicht für die Filmrollen. Der Film selbst war ihr viel wichtiger.
Der Blutsauger löste ihn mit geschickten Bewegungen. Einen Kommentar gab er dabei nicht ab. Ebenso wenig wie sein Artgenosse, der noch immer auf dem Boden hockte und sich nicht traute, etwas zu unternehmen.
Er wartete so lange, bis der andere Vampir den größten Teil der Filmrolle abgewickelt hatte.
Luke Dolan wunderte sich, dass dieses Wesen es schaffte, das zähe und harte Material mit einem Rucken zu zerreißen. Was es nicht brauchte, warf es zu Boden. Mit dem Rest des Films aber kam es auf Luke Dolan zu.
Diesmal bückte sich der andere Blutsauger, der Luke niedergeschlagen hatte. Er sagte kein Wort. Er wollte kein Blut lecken und auch keines trinken. Sein Plan sah ganz anders aus, und Luke konnte sich nicht wehren.
Mit geschickten Fingern umwickelte ihn der Blutsauger mit dem schmalen Filmmaterial. Der andere schaute zu, und schon sehr bald konnte sich Luke kaum bewegen. Die harten Kanten des Streifens stachen in seine Haut. Auch unter dem Kinn wurde er erwischt, und die Kante schnitt ein wie ein Messer.
Blut sickerte aus der Wunde, das niemand ableckte. Dolan aber spürte, wie eine nie gekannte Angst in ihm hochstieg. Er ahnte, was die beiden mit ihm vorhatten, und das kam ihm schlimmer vor, als blutleer getrunken zu werden.
»Dein Pech, Mensch, nur dein Pech...«
Es war der einzige Kommentar, zu dem sich der Untote hinreißen ließ. Noch mal umwickelte er den Körper, sodass an ihm auch die Arme angepresst lagen.
»Das
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