Die Vampir-Brüder
Teil des Laubs schon verloren hatten, wirkten sie an manchen Stellen wie Gerippe, und so konnten die Strahlen der blässlichen Herbstsonne auch durch dieses Geäst scheinen und einen Teil der Welt vergolden.
Die Wege hier waren gut beschildert, und so dauerte es nicht lange, bis die beiden Conollys zum ersten Mal den Namen Ewell lasen. Sheila drückte ihre Sonnenbrille wieder vor die Augen. »Es sind noch acht Kilometer.«
»Ein Katzensprung.«
Sie nickte. »Und du weißt natürlich, wo du deinen Fotografen finden kannst.«
»Genau das weiß ich nicht«, erklärte Bill. »Aber es wird kein Problem sein, ihn zu finden. In diesen Dörfern kennt doch jeder jeden.«
»Warum hat er sich eigentlich gerade hier zur Ruhe gesetzt?«
»Das kann ich dir auch nicht sagen. Sein Leben war stressig genug. Es ist möglich, dass er es jetzt genießen wollte. Da kommt ihm ein Kaff wie Ewell gerade recht.«
Sheila lächelte. »Und was machen wir, Bill, wenn wir mal alt geworden sind?«
»Ganz einfach. Wir ziehen nach Mallorca.«
»Oh ja. Darauf freue ich mich schon jetzt. Mit Senioren-Animation – oder?«
»Sicher. Und abends gibt es dann den großen Tanz, auch Mumienschieben genannt.«
»Sei nicht so despektierlich.«
Ihre Unterhaltung schlief ein. Bill ging vom Gas. Der Porsche fuhr in eine Rechtskurve hinein, und danach senkte sich die Straße, um durch einen lichten Wald zu führen, vorbei an einem Campingplatz und an einem kleinen See, der die Wassermengen der letzten Wochen nicht alle hatte schlucken können und deshalb um das Doppelte gewachsen war. Bis an die Straße reichte das Wasser noch nicht heran.
Je näher sie dem Ziel kamen, umso stiller und in sich gekehrter wirkte der Reporter. Sheila sprach ihren Mann auch nicht an. Sie wusste, dass er eigene Gedanken verfolgte und sie ihn jetzt nicht stören durfte.
In der Tat grübelte Bill über seinen Besuch bei dem Fotografen nach. Es sah alles normal aus, und es war auch nichts passiert. Trotzdem machte er sich Sorgen, ohne den wahren Grund dafür nennen zu können. Es war eben dieses Bauchgefühl, was seinen Freunden John Sinclair und Suko ebenfalls nicht fremd war.
Die ersten Häuser kamen in Sicht. Zumeist waren es die Dächer, die sich in der klaren Luft besonders gut abhoben und wirkten, als wären sie frisch bemalt worden.
»Wirklich ein netter Ort«, sagte Sheila. »So schön die heile Welt. Man kann sich kaum vorstellen, dass hier etwas passiert.«
»Naja.«
»Bist du anderer Meinung?«
»Ich rechne immer mit allem.«
Sheila schwieg und war froh, dass Bill mit dem Tempo noch weiter herabging. So war es ihr möglich, sich besser auf den kleinen Ort zu konzentrieren.
So einsam war es in Ewell nicht. Das Haus, vor dem mehrere Wagen standen, von denen einer zur Feuerwehr gehörte, war praktisch der erste Bau am Ortseingang. Er stand recht einsam, denn der eigentliche Ort fing erst weiter hinten an.
»He, was ist denn da los?«
Bill zuckte mit den Schultern.
»Dummes Gefühl?«
»Ja.«
«Dann würde ich anhalten.«
»Das werde ich auch.«
Bill fuhr so weit heran, bis er dort parken konnte, wo auch die anderen Fahrzeuge standen. Eines davon war ein Streifenwagen. Zwei Polizisten trieben sich im Vorgarten herum, während andere Männer im Haus waren, dessen Tür weit offen stand.
Beide Conollys stiegen aus. Sheila schlüpfte geschmeidig in ihre Lederjacke hinein und schnupperte. »Ich wette mein eigenes Haus, Bill, dass es hier nach Verbranntem riecht.«
»Da brauchst du erst gar nicht zu wetten, das ist auch so.«
Sie sprachen nicht mehr weiter über dieses Thema und näherten sich dem Vorgarten, was einem der beiden Polizisten nicht passte. Er kam auf sie zu und stellte sich ihnen in den Weg. Mit seinem dicken Bauch sah er aus, als wollte er sie zur Seite schieben.
»Bitte, für Sie geht es hier nicht weiter. Wir haben hier eine wichtige Untersuchung vorzunehmen. Um seine Worte zu unterstreichen, gab er seinem Gesicht einen wichtigen Ausdruck.
Sheila versuchte es auf ihre Weise und spielte ihren Charme aus. Ihr Lächeln ließ den Dorf-Sheriff weich werden.
»Bitte, wir wollen uns ja nicht einmischen, aber uns fiel der Brandgeruch auf. Der wurde durch die Lüftung in unseren Wagen transportiert.«
»Es hat auch gebrannt.«
»In diesem Haus, nicht?«
Der Polizist nickte. »Ja, hier im Haus. Im Keller. Glücklicherweise hat sich das Feuer nicht ausgebreitet. Es ist trotzdem schrecklich.« Der Mann schaute sich unbehaglich um.
»Ist denn
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