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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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brannte und er biss die Zähne zusammen. Vorsichtig löste er das festgeklebte Papiertuch von seiner Hüfte.
    Simon war so mit sich selbst beschäftigt, dass er überrascht auf sah, als Julia plötzlich neben ihm stand.
    »Lass mich mal sehen«, sagte sie.
    Er beobachtete, wie sich ihre Augen vor Entsetzen weiteten.
    »Es sieht schlimmer aus, als es ist«, versicherte er hastig.
    Behutsam löste Julia die letzten Reste des aufgeweichten Papier tuches von seiner Haut und wusch vorsichtig das Blut von der Wun de. Simon hatte seinen Blick jetzt auf Julias bloße Brüste gerichtet, deren überwältigende Nähe ihn von seinem Schmerz ablenkte.
    Sie spülten Schweiß und Staub von ihren Körpern, dann stiegen sie ans Ufer und trockneten sich ab. Die Luft war kühl und rein hier oben. Simon hatte gesehen, dass gleich hinter der heißen Quelle ein Schneefeld begann. Die Nacht würde kalt werden.
    In der Hütte, im Schein der Kerosinlampe, tränkte Julia ein Stück Mull mit Jodlösung. Simon verzog schon im Voraus das Gesicht, was ihr ein winziges Lächeln entlockte. Vorsichtig betupfte sie die ausgefranste Wunde in seiner Leiste, während sie munter auf ihn einredete.
    Es brannte wie Feuer, Simons Körper versteifte sich und beinahe hätte er laut aufgeschrien. Es kostete ihn große Selbstbeherr schung, auch weiterhin den Helden zu mimen. Aber er wollte Tom my nicht aufwecken, also riss er sich zusammen und gab lediglich ein klägliches Wimmern von sich.
    »Bist du okay?«, fragte Julia besorgt.
    »Ja. Red einfach weiter«, stieß Simon keuchend hervor.
    Für einen Augenblick verschwand ihre Stimme in einem diffusen Rauschen, aber kurz darauf hörte er sie wieder klar und deutlich. Ju lia deckte die Wunde mit Mull ab und befestigte ihn mit Pflaster-streifen. Simon saß noch ein paar Minuten unbeweglich da, dank bar, dass der Schmerz endlich nachließ.
    Er holte ein sauberes T-Shirt aus seinen Sachen und zog es über. »Lass uns noch etwas essen, okay?«, sagte er. »Dann legen wir uns schlafen.«
    Julia holte die belegten Brote und eine Flasche Wasser. Eingehüllt in Decken, setzten sie sich auf die Bank vor der Hütte.
    Julia war so hungrig, dass ihr Magen schmerzte. Aber ihre Kehle war wie zugeschnürt und sie hatte Mühe, die Bissen hinunterzu schlucken. Ein zunehmender Mond stand über den schneebedeck ten Bergen und nachdem sich ihre Augen an die Dunkelheit ge wöhnt hatten, konnte sie Täler und Hügelketten erkennen. Die kla re Stille kam ihr unwirklich vor. Alles war so friedlich, dass ihr das, was geschehen war, wie ein böser Traum vorkam.
    Sie saßen Schulter an Schulter und Julia spürte, wie Simon nach Worten suchte, wie er um eine Erklärung rang. Sie war ihm nicht mehr böse, weil er ihr nicht gleich von seiner Verletzung erzählt hatte. Vermutlich hätte sie vor Panik die Nerven verloren und sie wären jetzt nicht hier, sondern würden auf einem Polizeirevier sit zen.
    Schließlich holte er tief Luft und sagte: »Ich möchte dir danken, Ju lia.«
    Das hatte sie nicht erwartet und für einen Moment war sie ver wirrt. »Danken wofür, Simon?«
    »Dass du hier bist, bei mir und Tommy.«
    »Wo sollte ich denn sonst sein?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwo an einem Ort, der vernünftiger wäre als dieser hier.« Sein schlechtes Gewissen war beinahe greifbar. »Ich ha be dich und Tommy in Gefahr gebracht. Das werde ich mir nie ver zeihen.«
    »Hör auf, dir Vorwürfe zu machen, okay? Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr ändern. Und uns ist ja nichts passiert.« Sie zögerte einen Moment. »Abgesehen von diesem hässlichen Ding in deiner Hüfte. Tut es eigentlich noch sehr weh?«
    »Ein Nein wäre gelogen«, sagte er. »Ich versuche, einfach nicht da ran zu denken.«
    Julia beugte sie sich zu Simon und gab ihm einen Kuss. Sein Kör per wärmte sie und sie wünschte, es würde immer so sein.
    Er legte seine Hand in ihren Nacken und fragte: »Bereust du, dass wir miteinander geschlafen haben?
    »Nein Simon. Ich wünschte nur, wir hätten mehr Zeit.«
    »Ich hab dir wehgetan.«
    Julia dachte daran, wie behutsam Simon trotz seiner Aufregung gewesen war. »Ich bin froh, dass du das warst.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    Später, als sie aneinandergekuschelt unter dem Schlafsack lagen, sehnte Julia sich danach, Simon ganz nah zu spüren. Aber vor Er schöpfung schlief er sofort in ihren Armen ein. Sie lauschte seinen Atemzügen, spürte seine Wärme durch den Stoff seines T-Shirts hindurch und das Pochen in ihrem Körper

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