Die verborgene Seite des Mondes
bin. Ich wünschte, ich könnte hierbleiben, bei dir.«
Simon schüttelte den Kopf. »Aber ich habe ja nicht mal ein Zuhau se.«
»Wo immer deine Bücher, deine Steine sind, wirst du zu Hause sein. Unsere Vorfahren sind auch nie an einem Ort geblieben.«
Er legte seine Unterarme leicht auf ihre Schultern. »Ich werde Geld verdienen und dich besuchen.«
»In Deutschland?« Julias Herz machte einen Sprung.
»Ich dachte, da kommst du her. Hab ich was verpasst?« Ein Lächeln erschien in seinen Augen. Es war das einsamste Lächeln, das sie je gesehen hatte.
Julia umarmte ihn fest. »Versprochen?«
»Versprochen.«
»Ich liebe dich, Simon.«
Vermutlich hatte das noch nie jemand zu ihm gesagt und Julia
merkte, dass er ein wenig wankte. Er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, da küsste sie ihn und drückte sich noch einmal an ihn. Nach einer Weile nahm Simon sie an den Armen und schob sie von sich. Hanna stand ein paar Meter von ihnen entfernt und wartete. Sie trug eine dunkle Sonnenbrille und tat so, als würde sie in ihrer Handtasche kramen. Simon nahm Julias Hand und legte etwas hi nein, das schwer war und warm. Es war der rote Stein. Ihr Traum. »Danke«, sagte sie und schloss ihre Finger darum. Dann wandte sie sich mit einem Ruck von Simon ab und lief mit steifen Beinen auf ih re Mutter zu. Bevor sie in den Leihwagen stieg, drehte Julia sich noch einmal um, aber der Platz unter dem Baum war bereits leer.
»Das wollte ich dir ersparen«, sagte Hanna, als sie den Leihwagen wendete. »Aber du wolltest ja nicht auf mich hören.«
Julia sah aus dem Fenster und schwieg.
Nichts konnte den Schmerz der Trennung lindern. Aber Julia woll te auch nicht, dass er ihr erspart blieb. Sie würde zurückkehren und versuchen, damit fertig zu werden. Genauso wie mit der unumstöß lichen Tatsache, dass ihr Vater nicht mehr für sie da war. Manchen Wunden muss man Zeit geben, damit sie heilen können.
Während der Fahrt und auch später noch auf dem Flug, hielt Julia den roten Stein fest umklammert in ihrer rechten Hand. Er war der Traum, den sie mit Simon teilte; das Geheimnis ihrer Körper, das sie gemeinsam entdeckt hatten. Und Julia begriff, dass einem nur ge hört, was man loslassen kann. Immer wieder.
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