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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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ganze Geschichte war vollkommen außer Kontrolle geraten. Sie musste sich mächtig zusammenreißen, um nicht vor allen Leuten in Tränen auszubrechen.
    Julia zahlte und kehrte zum Auto zurück. Sie verstaute die Sachen im Jeep und stieg wieder zu Tommy auf die Rückbank. Während sie die Stadt verließen und im roten Licht der Abendsonne auf die schneebedeckten Ruby Mountains zufuhren, gingen Julia unzählige Fragen durch den Kopf. Aber sie brachte nicht die Kraft auf, sie Simon zu stellen.
    Irgendwann lenkte er den Jeep von der Teerstraße und sie fuhren einen einsamen Weg in die Berge hinein. Das grelle Fernlicht erfass te ein Rudel Weißwedelhirsche, das vor ihnen auf dem Weg stand. Geblendet verharrten die Tiere wie in einer Art Bannstrahl. Simon musste erst hupen, damit sie ihnen den Weg freigaben. Als sie das Blockhaus erreichten, von dem Simon gesprochen hatte, war es richtig dunkel.
    Simon holte den Schlüssel zur Hütte unter einem Stein hervor und schloss auf. Drinnen fand er eine Kerosinlampe und zündete sie an. Im Lichtkegel der Scheinwerfer trugen sie die Einkaufstüten in die Hütte, danach die Schlafsäcke und die Decken.
    Während Simon Tommy hereinholte, begutachtete Julia das Inne re ihrer Bleibe. Die Einrichtung der Hütte bestand aus einem gussei sernen Herd, einem Tisch mit vier Stühlen, und verschiedenen Re galen, in denen Töpfe und Blechdosen standen. Ein offener Kamin füllte eine ganze Wand aus. Und es gab zwei Schlafmöglichkeiten: eine Liege an der Wand neben dem Kamin und eine breitere in der Ecke hinter der Tür.
    Zum ersten Mal seit Tagen war ihr kalt. Vielleicht war der Grund dafür die Erschöpfung, denn plötzlich hatte Julia das Gefühl, sich kaum noch auf den Beinen halten zu können.
    »Wem gehört die Hütte?«
    »Dominic. Er hat mich im vergangenen Herbst mal mit hierherge nommen.« Simon holte einen Wassereimer aus dem Regal und sag te: »Ich bin gleich wieder da.«
    Ein paar Minuten später kam er mit warmem Wasser in die Hütte zurück. Julia sah ihm dabei zu, wie er Tommy wusch und windelte und ihn anschließend fütterte. Sie merkte, dass Simon Schmerzen hatte und sich verkrampft bewegte. Sie dachte, dass sie irgendetwas tun müsse und dass es mit Sicherheit etwas für sie zu tun gab. Aber sie konnte sich nicht rühren.
    Nachdem Tommy satt war und getrunken hatte, putzte Simon ihm die Zähne. Das alles kam Julia so unwirklich vor, dass sie plötzlich anfing zu lachen. Ihr ganzer Körper zuckte und es gluckste in ihrer Kehle. Simon warf ihr einen besorgen Blick zu. Schließlich begann sie zu weinen und statt von einem unheimlichen Lachen wurde ihr Körper von Schluchzern geschüttelt.
    Simon bekam es mit der Angst zu tun, als er Julias Lachen hörte. Bis jetzt hatte sie sich ungeheuer tapfer gehalten. Aber nun schien der Punkt erreicht zu sein, wo ihr die Absurdität der Situation bewusst wurde, und das Ganze umzukippen drohte. Er musste ihr klarma chen, wie sehr er sie brauchte.
    Simon trug Tommy auf die schmale Liege an der Wand und sang ihm ein Schlaflied. Der Junge war so erledigt von den Strapazen der letzten Stunden und seinem eigenen Wüten, dass ihm tatsächlich nach wenigen Minuten die Augen zufielen. Auch Julia hatte aufge hört zu weinen. Stumm saß sie da und starrte ins Leere.
    Simon ging zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Komm mal mit«, sagte er. »Ich will dir etwas zeigen.«
    Julia rührte sich nicht von der Stelle. »Ich kann nicht mehr, Simon.«
    Er ging nach draußen, startete den Jeep, wendete ihn und fuhr ein paar Meter einen kleinen grasbewachsenen Abhang hinunter. Das Licht der Scheinwerfer zeigte jetzt auf ein natürliches Felsbecken, das mit glasklarem Wasser gefüllt war.
    Simon stieg aus und lief ins Haus zurück. Er holte zwei Handtücher aus einem seiner Koffer, dann wandte er sich erneut an Julia. »Na komm!«, sagte er. »Es wird dir gefallen.« Sie ließ sich von ihm auf die Beine ziehen und er führte sie den Hügel hinab zum heißen Becken.
    Das Licht der Scheinwerfer strahlte bis auf den Grund. Weiße Wölkchen stiegen aus der spiegelglatten Wasseroberfläche. »Das Wasser ist nicht so heiß wie das aus der Quelle bei der Ranch. Man kann darin baden.«
    »Jetzt?«, fragte Julia entgeistert, die Arme fröstelnd vor der Brust verschränkt.
    »Ich muss die Wunde reinigen.«
    Simon zog sich aus und stieg ins Becken. Ein schmerzvolles »Uu uch« kam aus seiner Kehle, als das warme Wasser seine Verletzung erreichte. Die Wunde

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