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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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denn hingehen?«, fragte sie streng. Ein Schildchen auf ihrem Kittel wies sie als Oberschwester Lori Tanner aus.
    »Wir möchten zu Mr Boyd Temoke«, antwortete Julia.
    »Mr Temoke ist gerade erst dem Tod von der Schippe gesprungen und kann keine Aufregung gebrauchen«, bemerkte die Schwester mit einem abschätzenden Seitenblick auf Simon und Tommy.
    Simon glaubte, sich verhört zu haben. Die Schmerzen in seinem Kopf hatten nicht nachgelassen und die in seiner Hüfte auch nicht. Er war vollkommen erledigt und spürte, wie er die Beherrschung verlor. »A-ber wir k-k-k . . . fuck«, fluchte er.
    Die Schwester bekam große Augen und riss empört den Mund auf.
    Simon wollte schon resigniert aufgeben, als er sah, wie Julia beide Hände in die Hüften stemmte und tief Luft holte.
    »Hören Sie, Mrs Tanner«, sagte sie laut. »Boyd Temoke ist mein Großvater und der Großvater von Tommy. Wir sind meilenweit ge fahren, um zu sehen, wie es ihm geht.«
    »Ein Anruf hätte genügt«, sagte die Schwester spitz.
    Julia schüttelte den Kopf. »Wir werden nicht von der Stelle wei chen, bis Sie uns zu meinem Großvater lassen. Und wenn Sie weiter hin versuchen, uns davon abzuhalten, werden wir Tommy dazu bringen, dass er das ganze Krankenhaus zusammenbrüllt. Das kann er gut, glauben Sie mir.«
    Wie um Julias Drohung zu unterstreichen, kam ein tiefes, grollen des Geräusch aus Tommys Kehle. Aber das schien die Stations schwester überhaupt nicht zu beeindrucken.
    »Und wer ist der junge Mann mit den unflätigen Ausdrücken?«, frag te sie brüskiert, während sie Simon von oben bis unten musterte.
    Julia wollte antworten, als Tommy plötzlich einen herzzerreißen den, fast tierischen Laut ausstieß. Die Schwester fuhr erschrocken einen Schritt zurück. Simon ächzte, denn Tommy klammerte sich jetzt wütend an ihn und nahm ihm die Luft zum Atmen.
    In diesem Augenblick öffnete sich weit hinten eine Tür und Ada erschien auf dem Gang.
    »Tommy?«, rief sie mit ihrer durchdringenden Stimme.
    Der Junge brach in ein wahres Freudengeheul aus. Aus Begeiste rung, die Stimme seiner Granny zu hören, zappelte er wild auf Si mons Rücken herum und rammte ihm erneut das Knie in die Seite.
    Der jähe Schmerz blendete Simon und schoss von der Hüfte aus in jede Faser seines Körpers. Dann wurde es schwarz um ihn herum und er ging zusammen mit Tommy zu Boden.

28.

    S imon kam wieder zu sich und spürte, wie eine Nadel sich in seinen linken Oberarm bohrte. Er bäumte sich auf, aber Adas kräftige Hän de drückten ihn auf das Bett zurück.
    »Ganz ruhig, mein Junge. Ist bloß eine Impfung gegen Wundstarr krampf. Die wirst du brauchen.«
    Simon blinzelte. Er sah Adas ledriges dunkles Gesicht und das der Schwester, die sich beide besorgt über ihn beugten.
    »Alles in Ordnung, junger Mann?«
    Simon richtete sich auf und rieb seinen Arm. Er saß auf einem weiß bezogenen Bett, in einem hellen, sonnendurchfluteten Zim mer, das leicht nach Desinfektionsmitteln roch. Ada war da, Julia stand am Fußende des Bettes und Tommy kauerte auf dem glänzen den Boden.
    Neben Simon, in einem zweiten Bett, lag der alte Mann mit einem weißen Verband um den Kopf. Man hatte das Oberteil seines Bettes leicht angekippt und halb sitzend betrachtete er neugierig, was um ihn herum geschah.
    Als ihre Blicke sich trafen, erschien ein breites Grinsen auf Boyds dunklem Gesicht. »Na, Cowboy«, sagte er mit krächzender Stimme, »du hast uns allen einen mächtigen Schrecken eingejagt.«
    Simon hörte ein glucksendes Lachen. Es kam von Julia. Dann lach te auch Ada, laut und kraftvoll. Schließlich, noch etwas mühsam zwar, lächelte auch er.
    Überglücklich, den alten Mann so lebendig zu sehen, fiel mit ei nem Mal eine große Last von Simons Schultern. Ein warmes Gefühl der Erleichterung und der Dankbarkeit durchströmte ihn.
    »Bevor ich Sie im Kreise Ihrer Lieben allein lasse, würde ich mir gerne noch Ihre Verletzung ansehen, junger Mann«, riss ihn die Stimme der Stationsschwester aus seinen Gedanken.
    Er wandte sich zu ihr um. »A-ber ich...« Schusswunden mussten der Polizei gemeldet werden und Simon wollte nicht, dass Ada sei netwegen erneut Ärger bekam.
    »Sie haben keine Krankenversicherung, ich weiß. Aber ansehen kostet nichts.«
    Simon gab sich geschlagen, denn zur Gegenwehr fehlte ihm die Kraft. Er hatte ohnehin keine Chance gegen diesen weißen Dra chen. Absurderweise schien sich die Stationsschwester mit den an deren verbündet zu haben, während er

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