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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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ehrlich zu sein, habe ich mit einer solchen Reaktion eurerseits gerechnet. Nun, wir haben euch immerhin gewarnt. Wenn ich mich recht entsinne, hat noch nie jemand ein Hilfsangebot des Hauses Naw ausgeschlagen. Und noch niemand hat sich über einen Ratschlag des Fürsten hinweggesetzt. Sie sind der Erste, de Saint-Carré, und Sie werden für alles, was nun weiterhin geschieht, die Verantwortung übernehmen müssen.«
    Die Nawen verbeugten sich und verließen den Saal.

    Residenz des Boten
Moskau, Nowy Arbat
Mittwoch, 21. Juli, 00:46 Uhr
     
     
    Moskau schlief. Die Metropole war erschöpft von der brütenden Sommerhitze und genoss dankbar die Kühle der Nacht. Die ausgestorbenen Straßen sammelten frische Kraft für den neuen Tag und für einen neuen Kampf gegen die gnadenlos sengende Sonne.
    Am Wernadski-Prospekt wurde die mitternächtliche Stille durch ein dumpfes Knarren gestört. Das massive Tor der Burg öffnete sich, und eine kleine Wagenkolonne fuhr auf die leere Straße hinaus. Ein schneeweißer Streifenwagen und zwei schwarze Limousinen nahmen rasch Fahrt auf und brausten in Richtung Zentrum davon. Die Gesandten des Dunklen Hofs kehrten in die Zitadelle zurück.
     
    Die Konturen der sich entfernenden Fahrzeuge kräuselten sich und begannen zu verschwimmen. Der Zauberer machte eine wischende Handbewegung über dem flachen Porzellanschälchen, auf dessen Boden ein dünner Wasserfilm schimmerte und strich sich sein widerspenstiges weißblondes Haar aus der Stirn. Das Bild erzitterte und verschwand ganz.
    »Mehr brauchen wir nicht zu sehen«, murmelte Lubomir und sah die Anwesenden mit seinen riesigen grünen Augen an. »Der Großmagister hat den Nawen das Karthagische Amulett nicht übergeben.«
    Die Anwesenden nickten und schwiegen – gespannt,
welche Schlüsse der Zauberer aus dieser Feststellung ziehen würde.
    Lubomir indes hatte es nicht eilig damit. Er verschränkte seine dünnen, fast kindlichen Ärmchen vor der Brust, erhob sich aus seinem Lehnstuhl und ging langsam an dem riesigen Tisch entlang, auf dem Stapel von Folianten, schmutzige Glaskolben, Retorten und wenig vertrauenerweckende Gerätschaften aus Kupfer herumlagen. Der Tisch nahm ein gutes Drittel des Raumes ein, der von zwei qualmenden Fackeln schwach erleuchtet wurde. Der Zauberer schritt die Wandregale ab, die mit Töpfen und Dosen verschiedenster Form und Größe vollgestellt waren. Obwohl all diese Gefäße sorgfältig verschlossen waren, verströmte ihr Inhalt das unvergleichliche Aroma einer ländlichen Abortgrube.
    Nachdem Lubomir eine Weile auf und ab spaziert war, setzte er sich wieder auf den Stuhl mit der hohen, geschnitzten Lehne und wiederholte: »Der Großmagister hat den Nawen das Amulett nicht übergeben … Hammer, meinst du nicht, dass diese Information dich dazu veranlassen müsste, den Überfall auf die Wagenkolonne abzublasen?«
    »Ähm, was? Oh natürlich, Lubomir, selbstverständlich«, stammelte der Führer des Odoro-Clans, zückte sein Handy und tippte hastig eine Nummer ein. »Lasst die Wagenkolonne durchfahren! … Durchfahren lassen, habe ich gesagt! … Nicht schießen! … Also, verschwindet von dort, sonst reiße ich euch die Köpfe ab, ihr Trottel!«
    Hammer war ein ziemlich aufbrausender Typ. Von allen Bossen der Rothauben war er der Einzige, der sich
den Yatagan des Clanführers nicht mit Zähnen und Klauen erkämpft, sondern ihn von seinem furchtgebietenden Herrn Papa geerbt hatte. Deshalb legte er besonderen Eifer an den Tag, um sich des hohen Titels als würdig zu erweisen.
    Die beiden anderen Rothauben sahen finster drein und schwiegen. Links von Hammer saß auf einem dreibeinigen Hocker Pulle, der jüngste und nach vorherrschender Meinung auch dümmste der drei Clanführer. Den Platz an der Spitze des Desastro-Clans, des zweitgrößten Clans der Rothauben, verdankte er seinem ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb und seiner brutalen Skrupellosigkeit, mit der er sich bei den letzten Wahlen durchgesetzt hatte. Wie alle Clanführer trug der Desastro eine ärmellose Weste aus schwarzem Leder und eine lange Hose aus demselben Material. Für eine Rothaube war er relativ groß gewachsen und fiel durch die üppigen Tätowierungen auf, die seine muskulösen Arme vollständig bedeckten. Pulle war ein Halbblut. Dieser Umstand hätte ihn in jedem anderen Volk zu einem Ausgestoßenen gemacht – nicht so bei den Rothauben.
    Der Dritte im Bunde war Säbel, der einäugige Führer des Fötido-Clans, der zahlenmäßig

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