Die verborgenen Bande des Herzens
gab.
13. Kapitel
Karen
I n der Stadt ist ein Mord passiert, eine Schießerei in der Drogenszene, und deshalb hat McFarlane Mackie von dem Betrugsfall abgezogen und der Kriminalpolizei als Verstärkung zugeteilt. Mackie ist derzeit so aufgeblasen vor Selbstgefälligkeit, dass man meinen könnte, er würde jeden Moment platzen. Manchmal schaue ich ihn mir an und stelle mir vor, wie er wie ein Ballon in die Luft steigt, immer höher, bis er platzt und kleine Fettpartikel vom Himmel regnen und sich in einer Pfütze sammeln, das Einzige, was von Mackie übrig geblieben ist.
»Na, hast du deine vermisste Frau schon gefunden, Kar?«, fragt er mich. Er weiß genau, dass ich es auf den Tod nicht leiden kann, wenn er meinen Namen so verstümmelt.
»Was ich dir jetzt sage, muss unter uns bleiben«, erwidere ich, »aber ich würde mich nicht wundern, wenn diese Sache sich zu einer Morduntersuchung ausweitet. Deshalb wollte McFarlane mich auch unbedingt dabeihaben, denke ich.« Damit verschaffe ich mir die zwei Sekunden dauernde Befriedigung, einen Ausdruck der Verunsicherung über seine schmierige Visage huschen zu sehen, ehe das typische verächtliche Grinsen wieder einsetzt.
Mackie hatte recht, was McFarlane angeht. In den Augen unseres Chefs ist er der ernsthaftere Kandidat für diese freie Stelle bei der Kriminalpolizei. McFarlane ist mir heute mehrmals über den Weg gelaufen, ehe er von meiner Existenz Notiz nahm, als würde der Anblick meines Gesichts plötzlich irgendeine halb verschüttete Erinnerung ans Tageslicht befördern.
»Ist sie schon wieder zurück?«
»Wie bitte?«
»Die vermisste Frau. Andrews.«
»Matthews.«
»Ja. Matthews.«
»Nein, aber ich bin da auf etwas gestoßen.« Mit einem Mal blitzt so etwas wie Interesse in seinem Blick auf.
»Wie meinen Sie das, Sie sind auf etwas gestoßen? Wenn in diesem Fall irgendwelche verdächtigen Umstände aufgetreten sind, hätte sofort die Kripo eingeschaltet werden müssen. Ihr Auftrag lautete, diese Dinge zu überprüfen, Karen.«
»Natürlich habe ich das alles überprüft!«
»Haben Sie bei den Krankenhäusern nachgefragt? Sozialversicherungsnummer? Bankkonten? Freunde?«
»Ich glaube, dass es da im Hintergrund einen anderen Mann geben könnte.«
»Oh.« Jäh erlischt sein Interesse, und er nickt. Das Übliche eben, eine kaputte Ehe. »Halten Sie mich auf dem Laufenden«, sagt er zu mir, ehe er von dannen zieht, wahrscheinlich, um seine Büroklammern weiter zu sortieren.
Kaputte Ehe. Wahrscheinlich ist es nicht einmal gelogen. Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Alex … ich habe das Gefühl, er weiß mehr, als er sagt. Er hat sich völlig unter Kontrolle, besitzt diese maskuline Härte, die Gav so völlig abgeht. Alex hat darüber hinaus so etwas Undurchsichtiges an sich, dass ich mich unwillkürlich frage, wozu dieser Mann wohl alles fähig ist. Er scheint bekümmert wegen Carol Anns Verschwinden, aber auch irgendwie schuldbewusst. Vielleicht hat er das mit Doug herausgefunden. Vielleicht wurde er eifersüchtig. Vielleicht sind die Dinge aus dem Ruder gelaufen …
Es wartet eine Überraschung auf mich, als ich auf dem Heimweg bei Alex vorbeischaue. Lily ist aus dem Krankenhaus entlassen worden und wohnt nun bei ihm und Steve. Ich bin richtig verblüfft, dass der Junge seinen Willen durchgesetzt hat. Lily jagt mir tatsächlich Angst ein mit ihrem schiefen Mund und den funkelnden Augen; wie eine alte Krähe hockt sie da und überwacht alles, was im Haus vor sich geht.
Alex war nicht zu Hause, als ich ankam. Steve führte mich mit mürrischer Miene ins Wohnzimmer und teilte mir mit, sein Dad werde bald zurück sein. Dann ging er nach oben, und kurz darauf hörte ich das Dröhnen von Bässen. Er ist nicht gerade gesprächig, der Bursche.
Dann hörte ich, wie Lily draußen über den Flur ging, wie ihr Gehstock auf den Parkettboden pochte. Ein lautes Klopfen, gefolgt von einem Schlurfgeräusch, weil sie das linke Bein nachzieht. Bumm! Schlu-u-u-rf. Bumm! Schlu-u-u-rf. Sie reißt regelrecht die Tür zum Wohnzimmer auf; sie hat ihre Bewegungen nicht mehr richtig unter Kontrolle.
»Hallo, Lily«, sage ich fröhlich, setze ein Lächeln auf. Du meine Güte. Beeil dich, Alex. Lily schleppt sich ins Zimmer und bleibt neben meinem Sessel stehen, mustert mich ungeniert. Ich hasse es, nun mühsam eine Art Konversation mit ihr führen zu müssen. Die Alte durchbohrt mich förmlich mit ihrem Blick, wobei ihre Augen fast unnatürlich leuchten. Es macht mich
Weitere Kostenlose Bücher