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Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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und hörte, wie etwas zu Boden fiel.
    Chamäleon blickte nach unten und sah eine Hand im Gras – eine Hand, deren Haut der Rinde eines Baums zum Verwechseln ähnlich sah. Er hob seinen Arm, der jetzt in einem blutüberströmten Stumpf endete. Ungläubig starrte Chamäleon den Stumpf an. Das konnte nicht sein. Das konnte nicht wirklich geschehen.
    Der Mann schüttelte etwas neben Chamäleons Gesicht.
    Es waren zwölf abgetrennte Hände, die sechs Händepaare von Chamäleons Opfern, hintereinander auf einer langen Kette aufgezogen. Die untersten Hände waren schwarz und verschrumpelt; sie wimmelten von Maden. Die in der Mitte sahen fast genauso schlimm aus. Die obersten jedoch waren noch immer frisch; er hatte sie erst letzte Nacht erbeutet.
    »Ich habe deine Sammlung gefunden«, sagte der Mann in Schwarz. »Du hast sechs Menschen umgebracht.«
    »Hilf mir, bitte! Das sind keine Menschen, das ist Beute! Das weißt du doch, Bruder!«
    Der grinsende Totenkopf nickte. Wieder blitzte Metall auf. Chamäleon spürte ein heftiges Brennen an seinem linken Handgelenk. Der Mann beugte sich nach vorn, um etwas aufzuheben.
    Dann hielt der Mann in Schwarz Chamäleons abgetrennte Hände hoch, sodass Chamäleon sie deutlich sehen konnte.
    Chamäleons Hände . »Oh, nein.« Seine grauen Augen schlossen sich langsam. Ihm war so kalt. Er war so müde.
    Ein neuer aufflammender Schmerz, diesmal in seiner rechten Wange.
    »Bleib bei mir«, sagte der Mann. »Du darfst dich noch nicht verabschieden.«
    Dieser Mann gehörte zur Familie . Die Familie bedeutete alles!
    »Wer bist du? Warum rettest du mich nicht?«
    »Stell dir einfach vor, ich wäre der widerliche Onkel, den du zur weihnachtlichen Familienfeier nicht eingeladen hast.«
    Der Mann in Schwarz. Chamäleon erinnerte sich an die Nacht, als der Erlöser angeschossen worden war. Ein Mann in Schwarz hatte das getan. Aber jener Mann hatte keine Maske getragen, also konnte es sich doch nicht um denselben Menschen handeln.
    Etwas kitzelte Chamäleons Gesicht. Er blinzelte und wurde wieder ein wenig wacher – war er kurz eingeschlafen? Er sah, was sein Gesicht kitzelte: Die toten, kalten Finger seiner Erinnerungsstücke strichen über seine raue Haut. Es war, als griffen die Hände seiner Opfer aus der Hölle nach ihm; als packten sie ihn und zögen ihn in die Tiefe. Einige Maden lösten sich, fielen gegen Chamäleons Gesicht und rutschten zu Boden.
    »Ich hatte eigentlich vor, dich zu foltern, um einen neuen Weg in eure Tunnel zu finden«, sagte der Mann in Schwarz. »Aber vielleicht habt ihr auch ein ganz neues Zuhause. Ich weiß es nicht. Ich vermute, dass du noch etwa fünfzehn Sekunden hast. Habe ich eine Chance, von dir zu erfahren, wo Sly lebt?«
    Chamäleon musste sich konzentrieren, aber er schaffte es, den Kopf zu schütteln. Als er es tat, streichelten die toten Finger seine Wangen noch heftiger. Chamäleon dachte an Hillary. Die schöne neue Mama Hillary, sicher und geborgen in ihrer Kammer. Ihr Körper wurde inzwischen von Tag zu Tag größer.
    »Das werde ich dir nicht sagen.«
    Ein schwerer Seufzer klang hinter der Maske hervor. »Das dachte ich mir. Nun, es sieht so aus, als sei deine Zeit abgelaufen. Aber bevor du dich aus dieser Welt verabschiedest, gibt es noch eine Sache, die du wissen sollst. Ich werde euer neues Zuhause finden. Ich werde deine Familie finden. Ich werde jeden Einzelnen von euch töten. Mit allen Augen, mit allen Zähnen. Aber die Hände kannst du behalten.«
    Chamäleon fror heftiger als je zuvor. Seine Augen schlossen sich.
    Das Letzte, was er spürte, waren die toten Finger seiner Opfer, die sein Gesicht streichelten.

NACHBEMERKUNG DES AUTORS
    Obwohl ich mich in meinen Büchern immer um größtmögliche Genauigkeit bemühe, war es diesmal notwendig, einige Abläufe und Verfahrensweisen beim San Francisco Police Department und der städtischen Gerichtsmedizin zu ändern, um die Geschichte flüssiger erzählen zu können. Leute, vergesst nicht: Das ist ein Roman über eine Monsterrasse, die unter den Straßen von San Francisco haust. Es wäre also durchaus möglich, dass ich ein oder zwei Details erfunden habe.
    Die verbrannten Schiffe von San Francisco sind allerdings real. Die Goldfunde von 1848 führten zu einer Einwanderungswelle in die Bay Area, in deren Verlauf über sechshundert Schiffe in der Bucht zurückgelassen wurden. Im Zuge der Stadterweiterung wurden viele dieser aufgegebenen Schiffe unter Erdaufschüttungen begraben. Mein besonderer

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