Die verbotene Pforte
schossen ihm in die Augen und der erste Atemzug schmeckte, als hätte er seinen Kopf in einen glühenden Ofen gesteckt und tief Luft geholt. Wohlwollende Hände sausten auf seine Schultern und den Rücken nieder, während er hustete, dann saß er schon auf der Ofenbank neben einer Katze und hatte den zweiten Becher in der Hand. Wanja zwinkerte ihm zu.
»Jetzt spann uns nicht länger auf die Folter, Iwan!«, forderte die Frau namens Lameta. »Wie ist es in der Stadt? Man sagt, da gibt es bunt bemalte Kutschen und die Weiber tragen Hosen wie die Männer.«
Wanja nickte gewichtig und begann zu erzählen.
Tobbs staunte nicht schlecht. Wanja – beziehungsweise Iwan – hatte eine interessante Karriere durchlaufen. Drei Jahre Arbeit am Hof eines Königs mit seltsamem Namen, danach Dienst bei einem Pferdezüchter und schließlich eine eigene Schmiede, die spezielle Hufeisen für Sport- und Kurierpferde herstellte. Und zwischen diesen Stationen malte Wanja mit Worten das Panorama einer Hauptstadt mit glänzenden Palästen, juwelengeschmückten Kutschen und einem Hafen, an dem Schiffe aus aller Welt anlegten. Tobbs ertappte sich dabei, wie er mit offenem Mund zuhörte, ebenso fasziniert wie die Dorfbewohner, die jedes Wort von Wanja aufsogen. Für einen Augenblick glaubte er sogar selbst, Iwan vor sich zu sehen – einen erfolgreichen Schmied, den es einfach mal wieder in die Heimat verschlagen hatte. Umso seltsamer war es, sich klarzumachen, dass dort immer noch Wanja saß. Wanja, die, solange Tobbs denken konnte, die Wirtshausschmiede betrieb und für die Türen zuständig war. Was für ein Spiel spielte sie hier?
Endlich, nach einigen weiteren Krügen des scharfen Getränks, wurde die Gesellschaft müde. Alte Geschichten machten nun die Runde und Wanja setzte sich neben den Ofen, zündete eine Pfeife an und hörte zu. Eine der Wirtshauskatzen gähnte und ließ dabei eine rosa Zungenspitze sehen. Wanja streckte die Hand aus.
»So ein hübsches Kätzchen«, schmeichelte sie. Ihre langen Finger kraulten den Fellkragen. Tobbs kam aus dem Staunen nicht heraus. Wanja war nicht gerade dafür bekannt, Katzen zu mögen. Sie streichelte nicht einmal Neki, doch nun zog sie die Katze näher zu sich heran, hob sie sogar auf den Schoß und warf einen schnellen, prüfenden Blick in die Runde. Als sie Tobbs’ verwunderten Blick bemerkte, grinste sie verschwörerisch. Nun, eine kluge Katze hätte sofort gewittert, dass an Wanjas Freundlichkeit etwas faul war, aber dieses Exemplar war anscheinend nicht schlauer als das Schaffell auf der Ofenbank. Nur Tobbs sah, wie Wanja das Tier mit einem raschen Griff unter die Jacke stopfte. Ein protestierendes Maunzen brach abrupt ab, dann beulte sich nur noch die Jacke. Wanjas Taschenfalle mit Stummschaltung. Aber was wollte sie bloß mit dem Tier anfangen?
Wanja gähnte und stand langsam auf.
»Wird Zeit«, meinte sie in die Runde. »Iwan und Lodor machen sich auf den Weg. Wir wollen vor Mitternacht im nächsten Dorf sein.«
Lameta verzog das Gesicht zu einer sorgenvollen Miene. »Zu zweit wollt ihr durch Baba Jagas Wald reiten?«
Wanja lachte. »Glaubt ihr immer noch an das Märchen von der alten Hexe? Nun, ich bin noch nie abergläubisch gewesen.«
»Es ist kein Märchen«, wandte Lameta ein. »Du kannst hier jeden fragen – erst gestern hat der Knecht rote Teufel in den Wald reiten sehen. Die Hexe hat zum Tanz gerufen. Und einige Bäume brannten.«
»Das stimmt«, ereiferte sich ein Mädchen. »Heute Nacht hat uns ein Donner aus dem Schlaf gerissen. Und als ich morgens aus der Tür trat, roch es nach verbranntem Holz.«
Wanja lachte. »Keine Sorge, Lameta. Die Teufel, die Iwan dem Schmied Schwierigkeiten machen, müssen erst noch geboren werden.«
Tobbs’ Wangen glühten immer noch von dem Branntwein, sodass der Wind, der ihm ins Gesicht blies, doppelt so kalt erschien. Wanja bedeutete Tobbs zu schweigen, bis sie aufgestiegen und zum Dorf hinausgeritten waren. Einige der Dörfler waren vor die Tür getreten und starrten ihnen besorgt nach.
»Mund zu und lächeln, Tobbs!«, sagte Wanja leise und winkte zum Abschied. Tobbs beherrschte sich mühsam, bis sie auf den Weg eingebogen waren und das letzte Haus im Dorf hinter ihnen verschwand, dann rückte er näher an Wanja heran.
»Du bist also dieser geheimnisvolle Iwan? Warum hast du einen falschen Namen angegeben?«
Wanjas leises Lachen spürte er mehr, als er es hörte. »Ich würde nie einen falschen Namen nennen.«
»Du
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