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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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die Haigötter Tajumeers nicht gut auf mich zu sprechen sind, weil ich in ihrem Atoll gewildert habe?«
    Jetzt sprang Wanja auf. »Haigötter? Bist du noch zu retten? Du versenkst den Schatz ausgerechnet im Atoll der HAIGÖTTER ? Spinnst du?«
    Baba Jaga langte zu ihr hinüber und gab ihr eine Ohrfeige.
    »Benimm dich, Iwan«, sagte sie streng. »Ich bin immer noch deine Tante!«
    Wanja zuckte zusammen und rieb sich die rote Wange. Tobbs klappte die Kinnlade herunter. Jeden anderen hätte Wanja jetzt zu Sägespänen verarbeitet, aber vor ihrer Tante hatte die Schmiedin offenbar sehr rusanischen Respekt.
    »Ich dachte eben, das wäre das Sicherste«, sagte Jaga ruhig und ließ sich wieder in ihren Schädelsessel zurückfallen. »Dopoulos wollte einen sicheren Ort. Den sichersten, den es gab. Und du hast ja selbst gesehen, dass sogar das Hühnerhäuschen gestürmt werden kann.«
    Wanja kochte. Ihre Stimme zitterte vor mühsamer Beherrschung, als sie wieder zu sprechen begann.
    »Und das Loch im Badezimmer?«
    »Ach das …« Jaga winkte ab. »Eine ähnliche Truhe mit ähnlichem … äh … Leder darin. Die Reiter haben das Ding sicher gefunden. Ich bin gespannt, wann sie bemerken werden, dass es ein billiges Imitat ist.«
    »Schön, Zeit genug haben sie ja. Denn wir werden den Schatz in tausend kalten Wintern nicht bekommen«, meinte Wanja sarkastisch.
    Jaga schnalzte tadelnd mit der Zunge und wackelte mit dem Kopf.
    »Na ja, ich war die letzten sechs Wochen auch nicht untätig.«
    »Du hast einen Weg gefunden, wie wir unbehelligt in die Lagune des Atolls gelangen können?«
    Tobbs fröstelte trotz der Hitze.
    »Nicht ganz«, entgegnete Jaga. »Aber möglicherweise gibt es eine Chance zu verhandeln.«
    »Verhandeln? Mit den Haigöttern?« Wanja lachte ein humorloses, spöttisches Lachen.
    »Es gibt einen Spezialisten für Gespräche mit der Wasserwelt«, fuhr Jaga unbeirrt fort. »Er stammt von der Insel Tejara, ist sehr ausgebucht und nebenbei bemerkt auch ziemlich teuer, aber es ist mir gelungen, ihn zu engagieren. Er ist bereits zu den verfluchten Inseln unterwegs.« Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Nun, ich hatte erst in vier bis zehn Tagen mit dir gerechnet. Ein wenig Geduld werdet ihr also haben müssen, aber das macht ja nichts – wir haben ja jede Menge Verfluchte-Insel-Zeit.«
    Tobbs hatte genug gehört. Leise zog er sich zurück und trat vor die Tür. Eine duftende, vom Meer kommende Brise hatte feinen Sand vor die Hütte geweht, den er nun unter seinen Sohlen spürte. Der Himmel überwältigte ihn mit seinem atemberaubenden abendlichen Farbenspiel. Baba Jaga mochte kein Rosa, nun ja. Aber Tajumeer bestand in dieser Stunde ausschließlich aus einem Rosa, das Tobbs ganz und gar übergoss, durchbrochen von einem zarten Türkis. An jedem anderen Tag hätte er vor Glück getanzt, endlich in Tajumeer sein zu dürfen. Doch nun betrachtete er lediglich mit einem mulmigen Gefühl die Göttermasken neben der Eingangstür zur Hütte. Alle hatten aufgerissene Münder und waren mit geschwungenen Zeichnungen verziert. Eine Maske erschreckte ihn besonders: Sie sah aus, als wäre ein Raubfisch mit einem menschlichen Gesicht verschmolzen. Weiß bemalte, dreieckige Raubfischzähne stachen aus dem klaffenden Maul. Tobbs wandte den Blick ab und rannte mit klopfendem Herzen zwischen den Felsen hindurch. Er kam erst zum Stehen, als er zwischen seinen Zehen nassen Sand spürte. Der Anblick war überwältigend.
    In der Abendsonne war der Strand mit Gold geflutet, das polierte Perlmutt der Muschelschalen erzeugte einen schwachen regenbogenfarbigen Lichtschein, der sich auch auf dem spiegelglatten Meer brach. Die Sonne tauchte gerade unter und bildete zusammen mit ihrer Spiegelung eine glühende Acht am Horizont. Irgendwo da draußen war das Atoll der Haigötter. Das Lied der Wellen umsäuselte Tobbs. Meerschaum umspülte seine Zehen.
    Und Tobbs fragte sich wieder einmal, was wäre, wenn er aus Tajumeer stammen würde. Er war nicht ganz menschlich. Was wäre, wenn Dopoulos ihm verheimlichte, dass er von tajumeerischen Göttern abstammte? Vergeblich suchte er nach einem Gefühl von Heimat, doch er fühlte sich nur fremd. Nachdenklich steckte er einen Fuß in das lauwarme, seidenweiche Wasser und zog ihn gleich wieder zurück. Wie schön wäre es, wenn jetzt Anguana hier wäre. Sie hätte sich mit Begeisterung in dieses traumhafte Meer gestürzt. Er dagegen konnte nicht einmal schwimmen.

DAS FEST
    Verfluchte Insel hin oder

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