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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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fallen und streckte ihre Hände nach Fairy Sam aus.
    »Ein Elf!«, flüsterte sie mit einem verklärten Lächeln. »Wie schön er ist!« Andächtiges Raunen ging durch die Gruppe. Frauen seufzten, ein Mädchen begann zu weinen.
    Fairy Sam nickte huldvoll und rappelte sich hoch. Schwankend blieb er stehen und deutete mit großer Geste auf seine Brust.
    »Gansrecht, ich bineinelf!«, rief er. Dann schwenkte er den Arm in Tobbs’ Richtung. »Aber diejadrüben nich – dassis nämmich die Brutes Teufels!«
    Alle Dorfbewohner – das heißt die, die sich von Sams Anblick losreißen konnten – sahen zu dem Mann mit der Nachtmütze. Er kniff die Augen zusammen und addierte offenbar sorgfältig die Fakten:
    Ein Ungeheuer, das sein Dorf in den Boden stampfte,
    plus
    zwei dubiose Gestalten, die es begleiteten,
    plus
    ein Elf, der die beiden als Gäste aus der Hölle identifizierte,
    minus
    gute Laune.
    »Oje«, sagte Sid.
    »Auf siiiiie!«, brüllte Nachtmütze. Er hob eine Mistgabel auf und stürmte mit Wutgebrüll los.
    »Lauf!«, flüsterte Tobbs. »Zum Wald!«

DER FUCHS UND DIE FEE
    Das Geschrei, das sie verfolgte, war fürchterlich. Tobbs’ Beine waren fast taub von der Anstrengung, dennoch kam er erstaunlich schnell voran – zwar hatte er die Jacke mit den Schweb-Eichenstücken verloren, aber unter dem Gürtel waren noch einige Hölzer eingenäht, die das Laufen zumindest ein wenig erleichterten. Hand in Hand mit Sid hetzte er an der Schneise entlang, dann weiter querfeldein, während verbeulte Löffel und zerbrochenes Geschirr an ihren Ohren vorbeipfiffen. Eine Mistgabel verfehlte seine rechte Schulter nur knapp und bohrte sich in einen Wacholderbusch.
    »Los!«, rief er Sid zu. »Dahinten lang!«
    »Du … reißt … mir … den … Arm … raus!«, keuchte der Dämon.
    »Besser ohne Arm als ohne Kopf!«, gab Tobbs zurück. Zweige peitschten ihm über die Stirn, als er in den Wald eintauchte. Unter seinen Füßen knackte trockenes Geäst. Eine Bewegung vor ihm ließ Tobbs zusammenzucken. Ein Gesicht? Nein, das war kein menschliches Gesicht – es war das Gesicht eines Fuchses. Das Tier war rauchgrau und schlank – fast unsichtbar im Laub und verborgen zwischen Zweigen. Tobbs wunderte sich, dass er ihn überhaupt entdeckt hatte. Noch mehr aber wunderte er sich über den Ausdruck im Fuchsgesicht. Noch nie war er von einem Tier angestarrt worden, aber diesem hier schien vor Staunen regelrecht die Kinnlade herunterzuklappen. Dann leckte das Tier sich über die Lefzen, als schien es sich etwas zu überlegen. Nach einem kurzen Blick auf die Meute, die nun ebenfalls als eine Woge aus Waffen und stampfenden Füßen in den Wald brach, drehte der Fuchs sich um und rannte davon.
    »Ihm nach!«, keuchte Tobbs.
    »Was?«
    »Halt die Klappe und lauf! Behalte den Fuchs im Auge! Wo ein Fuchs ist, ist auch irgendwo ein Bau und ein Versteck.«
    Während er das sagte, klang es nach einem wunderbaren Plan, einem klugen, durchdachten Plan, aber eine Minute später musste Tobbs feststellen, dass er die Dorfbewohner unterschätzt hatte. Sie blieben ihnen auf den Fersen, auch wenn der Abstand sich vergrößert hatte.
    Farne peitschten über Tobbs’ Schienbeine, Waldgetier ergriff mit raschelnden Schritten die Flucht. Und immer wieder leuchtete irgendwo vor ihm das Fuchsgesicht auf. Immer wieder blieb das Tier stehen und blickte zurück – als würde es auf die beiden Fliehenden warten.
    Plötzlich lichtete sich der Wald, und das Rascheln, das sie schon seit einiger Zeit begleitete, wurde zu – Wasserrauschen und Wellenschlag! Eine salzige Brise fegte durch Tobbs’ Haar.
    »Toller Fuchsbau«, japste Sid. »Und jetzt? Ins Meer hüpfen?«
    Wolkenschatten jagten sich auf der Wiese, die sich vor ihnen erstreckte und an steilen Klippen endete. Mitten auf der Wiese stand der Fuchs und wartete, eine Vorderpfote in der Luft.
    »Ihm nach!«, befahl Tobbs. Sie rannten weiter – links das Meer und rechts den Waldrand –, bis es plötzlich steil bergauf ging. Vor ihnen tauchte eine Mauer auf. Efeu rankte sich über die verwitterten Steine. Der Fuchs nahm Anlauf und sprang. Tobbs zögerte keine Sekunde. Er riss Sid hoch und schubste ihn über die Mauer. Dann sprang er selbst.
    In seinem Magen kribbelte es, als würde er unendlich tief fallen. Und das Problem war: Er fiel tatsächlich! Die Mauer, die auf der anderen Seite nur hüfthoch war – fiel nun viel zu tief ab. Sids entsetzter Schrei gellte in Tobbs’ Ohren, während der

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