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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Rätsel, wie es mit der Nase überhaupt in einen Hafereimer treffen konnte. Und jetzt preschte es geradewegs auf eine ausladende Buche zu, deren tief hängende Äste sich ziemlich genau auf der Höhe von Tobbs’ Magen befanden. Ducken oder draufgehen?
    »Ducken!«, schrie Wanja von hinten.
    Doch Tobbs hatte genug. Seine Hand glitt zu Anguanas Seil und löste es. Eigentlich hatte er vorgehabt, zu springen und sich festzuklammern, doch der Ast kam ihm zuvor und traf ihn mit voller Wucht. Tobbs wurde darumgewickelt wie ein Stück Spaghetti um eine Gabel. Eine Tonne Schnee löste sich aus der Baumkrone und prasselte auf ihn herab. Selbst wenn er gewollt hätte, hätte er den Ast nicht mehr loslassen können. Die Hufschläge des Ponys entfernten sich, stattdessen wurde Rubins Schnauben lauter.
    »Tobbs?« Wanjas Stimme klang vor Schreck ganz hoch. »Lebst du noch?«
    Tobbs versuchte zu nicken, was eine weitere Lawine in Gang setzte. Jetzt verlor er das Gleichgewicht. Vereiste Rinde schabte über sein Kinn, dann fiel er – und wurde von zwei starken, mit Pelz gepolsterten Armen sanft aufgefangen. Wanja sprang mit ihm von Rubins Rücken, ging vorsichtig in die Knie und setzte ihn in den Schnee unter dem Baum. Vor Schreck war sie so blass, dass sie im Mondlicht wie ein Gespenst wirkte. Tobbs lächelte schief. Wanja zog sich einen Fäustling von der Hand und fuhr ihm durch das vereiste Haar.
    »Ich hätte es wissen müssen«, sagte sie. »Da halte ich Dopoulos eine Predigt über dich, aber ich selbst falle darauf herein, dass du lammfromm zu Hause bleiben willst, nur weil ich es dir sage. Meine Güte, unseren guten Dopoulos wird bestimmt der Schlag treffen, wenn er erfährt, wo du gerade bist!«
    Tobbs spuckte ein bitter schmeckendes Ästchen aus und verzog den Mund. »Es ist mir egal, was Dopoulos dazu sagt. Wenn ihr mir die Wahrheit sagen würdet, müsste ich mich nicht selbst auf den Weg machen. Und denk nur nicht, dass ich in die Taverne zurückgehe. Du nimmst mich mit zu Baba Jaga oder ich werde dir notfalls zu Fuß folgen.«
    Eigentlich hatte er erwartet, dass die Schmiedin nun wütend werden würde, aber Wanja wurde lediglich noch eine Spur blasser und ließ sich in den Schnee zurücksinken. Rubin schnaubte auf eine Art, die seine Verachtung deutlich zum Ausdruck brachte.
    Wanja seufzte und nahm ihre Pelzkappe ab. Dampf stieg aus ihrem verschwitzten Haar auf. Es war ungewohnt, sie mit so kurzen Locken zu sehen. Auf den ersten Blick hätte man sie nun für einen Mann halten können. Allerdings für einen ausgesprochen hübschen Mann.
    »Ach Tobbs«, murmelte sie. »Du würdest wirklich alles dafür tun, um zu erfahren, woher du kommst. Ich wusste nicht, dass es dir so wichtig ist. Du hast dich sogar freiwillig auf ein Pferd gesetzt!«
    »Ich würde alles dafür tun, um mir keine Lügen und Ausflüchte mehr anhören zu müssen!«
    Wanja senkte den Blick. »Ich belüge dich nicht. Aber du bist zu jung, um …«
    »Ich komme mit zu deiner Tante. Mein Pony ist weg. Zu Fuß zurückgehen werde ich ganz sicher nicht, und wenn du mich zurückbringst, verlierst du nur Zeit. Also?«
    »Es ist zu gefährlich, Tobbs.«
    Tobbs war so wütend, dass ihm trotz der Kälte glühend heiß wurde.
    »Such es dir aus«, sagte er, stand auf und klopfte sich den Schnee vom Mantel. »Bring mich zurück, aber ich verspreche dir, dass ich dir in einer Stunde wieder auf den Fersen bin. Und ich weiß nicht, was gefährlicher ist: wenn ich ohne Pferd allein durch den Wald laufe, während mit roten Pfeilen bewaffnete Irre hier herumstreifen, oder wenn du mich mitnimmst.«
    »Ich staune«, sagte Wanja mit gefährlicher Ruhe. »Unser zuverlässiger Schankjunge. Er ist nett, zuvorkommend und der Sonnenschein der Furien und Todesfeen. Und dieser anständige junge Mann startet doch tatsächlich bei mir einen ganz miesen Erpressungsversuch!«
    Tobbs bemühte sich um ein ausdrucksloses Gesicht.
    »Tja, das wäre durchaus möglich. Hm – meinst du, die Rotpfeile sind schon bei deiner Tante und haben diesen geheimnisvollen Schatz geraubt? Aber wenn du so viel Zeit hast, mich erst noch zur Taverne zurückzubringen …«
    Das war gemein und Tobbs kam sich ziemlich schäbig vor. Wanja zuckte zusammen und fluchte.
    »Das wird dir noch leidtun«, zischte sie. Dann packte sie ihn einfach am Mantelkragen und verfrachtete ihn unsanft auf Rubins Rücken. Beim Anblick des gemeinen Pferdes wurde Tobbs wieder flau im Magen. Wanja drückte ihm ihre Pelzmütze grob

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