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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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wartet nicht gern auf sein Essen.«
    Tobbs spähte auf das offene Meer. Vor der glutroten Sonnenscheibe hob sich ein winziger dunkler Punkt ab. Er kam rasch näher.
    »Das ist euer Boot?«
    Der Rochenmann nickte. »Also, wo ist diese Touristin, die zum Atoll der Haigötter will?«
    Baba Jaga hatte das Boot längst entdeckt und war dabei, in Windeseile den Tisch zu decken.
    Ein hübsches Muster aus türkisfarbenen Wellen zierte heute die Tischplatte im Empfangsraum ihrer Hütte. Jaga türmte Trockenfisch und Muscheln auf, dazu die Früchte des Sternblattbaumes – und jede Menge bauchiger Flaschen, die mit dem scharfen Betuma-Gebräu gefüllt waren. Tobbs nahm ihr ein Tablett ab und fand sich wieder mühelos in seine Schankjungenrolle ein. Die vertrauten Handgriffe taten ihm gut und gaben ihm Sicherheit.
    »Wo nur Iwan bleibt!«, wetterte Jaga. »Mal ist sie zu früh dran und jetzt wieder zu spät. Jeden Augenblick werden sie da sein!«
    Der Rochenmann lehnte neben der Tür und blickte aufs Meer. Das Boot steuerte auf den Strand zu. Es war ein für Tobbs’ Geschmack viel zu schmales Boot, das tief im Wasser lag. Von vorne sah es aus, als stünde es auf Beinen, denn es hatte rechts und links Ausläufer aus biegsamem Holz, die in zwei bauchigen Kufen endeten. Das kleine Segel war so rot, wie nur ein Segel in Tajumeer es sein konnte. Soweit Tobbs es aus der Ferne beurteilen konnte, saß etwa ein Dutzend Leute im Boot. Und als der Wind sich drehte, hörte man auch die Stimmen. Echter Tajumeer-Gesang! Tobbs konnte nichts dagegen tun, der rhythmische Gesang ging ihm ins Blut, wie von selbst begann er die Becher im Takt auf den Tisch zu stellen und mit dem Kopf zu wippen. Die Musik war gut! Ganz entfernt erinnerte sie an eine sehr harmonische Variante der schmissigen Dämonenmusik.
    Kurz darauf brach der Gesang ab, die Stimmen kamen näher. Schatten fielen in die Kammer. Dann betraten die Tajumeeren den Raum.
    Tobbs staunte. Es waren fünf Mädchen dabei! Und sie waren alle so schön, dass ihm die Luft wegblieb. Muschelketten schmückten ihr langes Haar, das schwarz war – doch wenn die Sonne darauffiel, türkis und blau aufglänzte. Sie lächelten ihm zu und entblößten spitz zugeschliffene Zähne. Es folgten fünf Männer, deren Körper über und über mit dunkelgrauen Zeichnungen geschmückt waren.
    »Willkommen!«, sagte Baba Jaga. »Nehmt Platz und esst. Ich habe eine Menge Betuma gebraut!«
    Die Gäste lachten und folgten ihrer Einladung. Tobbs schenkte ihnen ein und fragte sich, wer von den Männern der Verhandler sein mochte. Vielleicht der Mann mit der verschlungenen Blumenzeichnung auf Stirn und Nase?
    »Geh raus und hol den Trockenfisch von der Leine«, zischte ihm Baba Jaga zu. Tobbs gehorchte nur zu gern. Nach der Stille der vergangenen Tage war der Lärm so vieler Stimmen in der Hütte beinahe unangenehm. Er rannte zur Tür hinaus.
    »Hoppla!«, sagte eine sanfte, sehr melodiöse Stimme. »Renn mich nicht gleich um. Ihr braucht mich noch.«
    Tobbs blieb stehen und blickte genau auf die Zeichnung einer Sonne. Sie zierte das Schlüsselbein eines großen Tajumeeren. Und dieser Tajumeere hatte erstaunlich helle Haut, was die Sonne noch besser zur Geltung brachte, rotgoldenes langes Haar und ein Lächeln, das jeden Dämon in ein Kätzchen verwandelt hätte.
    »Maui?«, fragte Tobbs.
    »Ganz recht«, antwortete der Mann freundlich. »Und du bist Tobbs.«
    Aus irgendeinem Grund hatte Tobbs plötzlich ein warmes Alles-wird-gut-Gefühl im Bauch. Die Sorgen der letzten Tage verschwanden und er lächelte Maui aus vollem Herzen an.
    »Na endlich!«, ertönte eine wenig diplomatische Stimme von der Tür. Baba Jaga trat vor das Haus und streckte dem Vermittler ihre Hand hin, die er mit einer charmanten Geste ergriff. »Guten Tag, Maui. Ich hoffe, du hattest eine gemütliche Überfahrt. Wir warten schon seit Tagen! Und wieso hast du nicht gesagt, dass du so viele Assistenten mitbringst?«
    »Das sind nicht meine Assistenten«, erwiderte Maui mit einem gewinnenden Lächeln. »Nenn sie von mir aus Musiker. Sie sind meine Begleitung. Tajumeeren schätzen die Einsamkeit nicht, und meine Aufträge verlangen von mir manchmal, dass ich mich lange in sehr abgelegenen Gegenden aufhalte.« Er runzelte die Stirn und sah sich um. »Auch die verfluchten Inseln können ein wenig Musik vertragen.«
    Aus dem Inneren der Hütte klang rhythmisches Stampfen, eine Frau hatte begonnen, ein Lied zu singen. Und Tobbs begann ganz automatisch

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