Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
dass man am besten alleine blieb. Er wanderte nun schon seit Jahren durch diesen weiten, schier endlosen Dschungel, und das Alleinsein hatte ihm gute Dienste erwiesen. Er war gesundheitlich angeschlagen, aufgrund von Krankheiten dem Tod ein paarmal sehr nahe gewesen, aber er hatte überlebt. Einer der wenigen Überlebenden, dessen Alltag nicht darin bestand, zu morden und auf Menschenjagd zu gehen.
Und er war entschlossen, genauso zu bleiben – am Leben, allein, aber im Wesentlichen ein guter Mensch.
Der Junge hat hier jede Menge Wasser. Wenn er was zu essen findet, sollte er es schaffen. Allerdings braucht er was zum Anziehen. Zu dumm, dass ich keine Ersatzklamotten habe.
Darren schaute zu der AMF-Halle hinüber. Er bildete sich ein, eine weiße Flagge über dem AMF-Schild zu erkennen, auf der ein rotes Kreuz prangte. Aber das konnte ebenso gut nur irgendein Stofffetzen sein.
Das Gebäude schien ihm jedoch genau so ein Ort zu sein, an dem man üblicherweise eine Zuflucht errichtete: groß, nicht zu stark zerstört – von dem Wasserfall mal abgesehen – und mit genügend Flüssigkeit direkt vor der Haustür. Womöglich fanden sich ein paar Überbleibsel in dem Gebäude: Kleidung oder auch nur ein paar alte Decken oder Stoff.
Darren hielt es für keine schlechte Idee, sich im Inneren umzusehen. Nicht nur für den Jungen, sondern auch für sich selbst. Eventuell fand er dort drin ja eine Jacke oder ein paar vergessene Konserven.
Er starrte an der Mauer hinauf und dachte einen Moment lang, er habe durch eines der vielen Löcher in der Wand eine Bewegung im Inneren wahrgenommen.
Dann hörte er, wie sich hinter ihm etwas bewegte.
Darren wirbelte herum. Der Junge kam auf ihn zu und ein boshaftes Grinsen zeichnete sich auf seinem kindlichen Gesicht ab.
Er war nun nicht mehr nackt: Das dunkle, haarige Fell eines Tieres hing über seinem Körper – allem Anschein nach ein Hundefell mit langer Schnauze und weit aufgerissenen, glänzenden Augen.
Darrens Hoden schrumpften zusammen und sein Herz begann zu rasen.
Oh, Scheiße, stöhnte er innerlich.
Es hatte eine Zeit gegeben, in der er sich vor einem Sechsjährigen nicht so sehr fürchtete, als breche der Zorn Gottes auf ihn nieder. Aber dies war kein gewöhnlicher Sechsjähriger, sondern ein Junglöwe.
Irgendwo in der Nähe musste sich ein Rudel befinden.
Aber das war nicht Darrens größte Sorge – zumindest nicht im Moment.
Junglöwen zogen immer in Gruppen umher.
Der Junglöwe hob die Hände, krallte damit in die Luft und stieß ein Knurren aus.
Es war ein erbärmliches Knurren. Es klang eher wie ein miauendes Kätzchen und in jeder anderen Situation hätte Darren aufgelacht.
Aber das Knurren des Jungen diente als Signal. Plötzlich erfüllte das Knurren und Brüllen zahlreicher junger Stimmen die kalte Morgenluft.
Darren blickte noch einmal auf das AMF-Gebäude zurück und sah eine Horde Kinder herausströmen. Die meisten Junglöwen trugen Tierfelle, darunter auch Dingos, Labradore und australische Treibhunde. Ein paar von ihnen waren abgesehen von ihren Röcken aus Tierfell nackt. Etwa ebenso viele Jungen wie Mädchen im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren stürmten aus der ehemaligen Bowlinghalle. Ein paar der älteren Junglöwen hielten etwas in der Hand, das Darren für Steine hielt.
Er drehte sich wieder zu dem Jungen um, dem er zuerst begegnet war. Der Junglöwe umkreiste Darren mit staksenden Bewegungen und knurrte.
»Ihr kriegt mich nicht«, rief Darren und rannte los.
Er kam nicht weit.
Obwohl er erst Mitte 40 war, fühlte er sich 20 Jahre älter, wenn er rannte: Gut vier Jahre Mangelernährung, Dschungelkrankheiten und allgemeine Erschöpfung hatten an seinen Kräften gezehrt und seine Gesundheit geschwächt. Er kam schnell außer Atem und seine Beine zitterten.
Die älteren Junglöwen waren flinker und hatten Darren schon bald eingeholt.
Er wurde von einem der Steine getroffen. Der erstaunlich schwere Brocken traf ihn am Rücken und schleuderte ihn zu Boden. Er landete mit dem Gesicht voran auf der harten, verbrannten Erde. Die jungen Pflanzen, die aus der Erde schossen, halfen kaum, seinen Sturz zu dämpfen.
Völlig außer Atem blieb Darren auf dem Boden liegen und schon bald wurde ein weiterer Stein nach ihm geworfen. Diesmal trafen sie ihn an den Beinen. Darren schrie auf, als der schwere Brocken seine Knochen zertrümmerte, und das Geräusch klang wie das trockene Knarren eines toten Baums.
Ein Gesicht tauchte vor ihm
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