Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
auf.
Das Gesicht eines vielleicht elfjährigen Mädchens.
Dieses war mit Ruß und Dreck verschmiert. Sie starrte ihn aus wilden Augen an. Sie hatte sich das Fell eines Dingos umgelegt – ohne all das wäre sie vermutlich sehr hübsch gewesen.
Sie legte einen der großen, schweren Steine auf den Boden, und durch den Schmerz und die Tränen, die aus seinen Augen strömten, konnte Darren erkennen, dass es gar kein Stein war, sondern eine rote, perfekt runde Bowlingkugel.
»Nein«, wimmerte er. Er erzitterte bei der Vorstellung, dass das Mädchen die Kugel über seinen Kopf hielt und fallen ließ.
Aber das tat sie nicht.
Das Mädchen öffnete den Mund ganz weit. Darren zuckte zusammen, als er ihren fauligen Fleischatem spürte, und starrte voll Entsetzen auf ihre vier scharfen Schneidezähne.
Oh, nein, dachte er.
Mit einem Knurren stürzte sich das Mädchen auf seine Kehle.
Darren Tomlinson – Klempner, Vater einer Tochter und in jüngster Vergangenheit Anführer eines Vollstrecker-Teams – starb begleitet von Kinderlachen und dem Geräusch reißender Zähne, während ein Mädchen ihm mit animalischer Wut die Kehle zerfetzte.
Zwei
Ben Lattimer döste in seinem Zimmer, als jemand gegen die Außenwand hämmerte. Er seufzte, leicht gereizt, weil man ihn störte, während er sich ausruhte. »Ja?«
»Ben, kann ich reinkommen?«
Ben seufzte erneut. »Ja, von mir aus.« Er öffnete die Augen, setzte sich auf und blieb auf seinem Bett aus Moos und Blättern sitzen, während seine Mutter den noch fast völlig intakten Container betrat.
»Daniel will dich sehen.« Seine Mutter wirkte abwesend.
Ben, der sich gerade die letzten Reste seines Frühstücks aus den Zähnen pickte, hörte damit auf, schnipste die Fleischkrümel auf den Boden und sah zu seiner Mum hoch. »Daniel? Was will der denn von mir?«
Seine Mutter war eine der jüngsten Löwinnen des Verbundes. Sie hatte Ben im Alter von 16 Jahren zur Welt gebracht. Eine Tatsache, an die sie ihn ständig erinnerte: »Du hast mich um meine Partyjahre gebracht«, wie sie es selbst am liebsten ausdrückte. »Ich bin nicht sicher«, antwortete sie jetzt und schüttelte den Kopf.
Ben schluckte. Seine Handflächen wurden feucht.
Ihm fiel nur ein Grund ein, warum ihr Anführer und Alphalöwe ihn sehen wollte, und dem Ausdruck auf dem dünnen, sommersprossigen Gesicht seiner Mutter nach zu urteilen, besaß auch sie eine ganz gute Vorstellung davon – sie wollte nur nicht zugeben, dass die Zeit nun gekommen war.
»Du solltest dich besser beeilen. Du willst Daniel doch nicht warten lassen. Und leg dein bestes Fell an.«
Ben war an diesem Morgen guter Stimmung gewesen, als er mit ein paar der anderen, älteren Junglöwen auf die Jagd ging. Sie hatten zwei Tunnelbewohner erwischt. Die beiden blassen, abgemagerten Männer waren zwar nicht gut genug gewesen, um sie in den Bau ihres Rudels zu schleppen, aber sie hatten trotzdem einen netten morgendlichen Snack abgegeben. Hinterher hatte Ben sich stark gefühlt, als könne er es mit der ganzen Welt aufnehmen. Nun fühlte er sich traurig und ein wenig verängstigt. Wie es schien, waren auch andere der Ansicht, er könne es mit der ganzen Welt aufnehmen.
Aber ich bin noch nicht so weit. Ich brauche noch mehr Zeit.
»Ben?«
»Was?« Ben schaute zu seiner Mutter hinauf.
Sie hatte Tränen in den Augen.
»Alles okay? Du wirkst …«
»Mir geht’s gut«, schnaubte Ben. »Warum sollte es auch nicht? Dann will Daniel mich eben sehen. Na und? Wahrscheinlich hat er von unserem erfolgreichen Angriff auf die beiden Tunnelbewohner heute Morgen gehört und will mir persönlich gratulieren.«
Ben brach trotz der Kälte des späten Vormittags der Schweiß aus.
»Möglich. Aber lass Daniel nicht warten.«
»Ja, ja«, grummelte Ben und erhob sich. »Den Big Boss darf man natürlich nicht warten lassen.«
»Ben«, ermahnte ihn seine Mutter und sah nervös zu der schiefen Tür. Sie drehte sich wieder zu ihm. »Jemand könnte dich hören.«
»Na, und wenn schon?« Er kickte ein paar Knochen über den Boden. Sie schepperten.
»Weil du dann mit den Gefangenen im Hauptgebäude eingesperrt wirst, darum. Dann verfüttern sie dir die verrotteten Brocken, die nicht mal die Plünderer anrühren würden. Und du musst mit den menschlichen Überlebenden auf dem harten, kalten Boden schlafen, ihre Pisse und ihre Scheiße einatmen. Du vegetierst einfach nur im Gefängnistrakt vor dich hin und wartest darauf, bis du an der Reihe bist und
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