Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
vorne trat. »Wir haben Hunger und Durst, sahen hier Rauch aufsteigen und dachten, wir könnten vielleicht etwas zu essen bekommen.«
Der Mann zielte weiter mit dem Gewehr auf Nick und sah die drei Fremden mit zusammengekniffenen Augen an. »Bist du schwanger?«, fragte er schließlich, als sein Blick an Josephine hängen blieb.
»Ja.«
Der Mann senkte seine Waffe.
»Woher kommt ihr?«
»Hier und da«, antwortete Nick. »Ich bin von da, die beiden von hier.«
Die harte Miene des Mannes blieb wie versteinert.
»Ihr könnt reinkommen. Aber ich muss euch warnen: Wenn ihr irgendwas versucht, werde ich nicht zögern und schieße. Und da drinnen sind ungefähr 20 Leute – ihr seid also zahlenmäßig unterlegen.«
»Wir haben verstanden«, versicherte Graham.
Der Mann trat zur Seite und bedeutete ihnen, ins Haus zu gehen.
Als Nick die Stufen des Rathauses hinaufstieg, meinte der Mann mit dem Gewehr: »Du hast da aber eine nette Waffe.«
»Ja, die hat mir schon ein paarmal meinen dürren Arsch gerettet«, erwiderte Nick.
»Die wirst du bei mir lassen müssen. Du kannst sie wiederhaben, wenn ihr geht.«
Nick spielte mit dem Gedanken zu protestieren, aber dann kam er zu dem Schluss, dass es sinnlos war, mit einem Mann zu diskutieren, der ein Gewehr in der Hand hielt, und reichte ihm seinen Nagelknüppel. Der Mann nahm ihn an sich, nickte anerkennend und sagte: »Ich bin Will.«
»Nick. Das ist Josephine und der alte Typ ist Graham.«
»Ich bevorzuge altersmäßig gehandicapt«, warf Graham ein, als er das Lager betrat.
»Ich denke, es ist nicht so wichtig, woher ihr kommt«, sagte Will. »Aber wo wollt ihr drei denn hin?«
»Irgendwohin, wo’s keinen Dschungel gibt«, erwiderte Nick.
Beinahe breitete sich ein Lächeln auf Wills Gesicht aus. »Ah, du meinst die sagenumwobenen Wiesen, wo das Gras grün ist und die Zivilisation neu aufgebaut wird.«
»Du hast davon gehört?«
Schließlich lächelte Will doch und entblößte überraschend saubere Zähne. »Ja, ich hab von dieser Legende gehört. Ich hab schon viele Leute getroffen, die nach einem Weg aus diesem Dschungel suchten, aber keiner hat einen gefunden.«
»Dann denkst du auch, dass das alles nur ein Haufen Mist ist?«
»Auch? Glaubst du denn nicht, dass so ein Ort existiert?«
Nick schüttelte den Kopf.
»Warum versuchst du dann, ihn zu finden?«
»Weil ich nichts Besseres zu tun habe.«
Will sah Nick mit seinen leuchtend blauen Augen durchdringend an. »Genießt euren Aufenthalt hier. Komm zu mir, bevor ihr geht, dann bekommst du deine Waffe zurück.«
Nick folgte seinen Gefährten ins Haus.
Das Lager ähnelte den meisten anderen, die er bereits gesehen hatte: nur ein Haufen Leute und ein Haufen Müll rund um mehrere Lagerfeuer. Das Foyer des Rathauses war nicht allzu stark beschädigt, aber es lag ein unangenehmer Geruch in der Luft, den nicht einmal der Duft des Holzfeuers und des gebratenen Fleisches überdecken konnte. Der Geruch erinnerte Nick an altes Blut und verwesendes Fleisch, und er fragte sich, was hier früher einmal gewesen war. Eventuell ein Asyl, eines von vielen, welche die dunkelste Phase, die dieses neue Zeitalter bisher erlebt hatte, nicht überdauert hatten? Oder hatte die Anlage womöglich einer Gruppe von Löwen als Bau gedient?
Nichts im Inneren des Gebäudes verriet Nick etwas über dessen Vergangenheit. Es gab nur diesen Geruch.
Aber auch ein anderer Geruch wetteiferte um Nicks Aufmerksamkeit, und als er zu einem der Feuer hinüberblickte, sah er Graham und Josephine neben den bescheidenen Flammen stehen. Er gesellte sich zu ihnen.
»Was haben wir denn hier?«, fragte Nick und ließ seinen Blick über die ausgestellte Fleischsammlung schweifen. Der komplette Kadaver eines Opossums briet wie ein Spanferkel über den niedrigen Flammen. Der Mann, der das Beuteltier drehte, war dünn und schmutzig und trug ein Dauergrinsen im Gesicht. Er sah eher wie ein Tunnelbewohner aus, nicht wie ein Überlebender.
»Wir haben Opossumbein, Opossumbrust, Opossumhüfte und Opossumhirn.«
»Das ist ʼne ganze Menge Opossum«, scherzte Nick.
»Hier in der Gegend gibt’s ja auch eine Menge Opossums«, murmelte der Koch. »Wir haben aber auch Menschenfleisch.«
»Igitt«, stöhnte Josephine.
»Ich hab auch Menschenhirn«, fuhr der Mann fort. »Schön frisch.«
»Ich will gar nicht wissen, woher ihr frisches Menschenhirn habt«, entgegnete Nick. Er war zwar nicht völlig dagegen, Menschenfleisch zu essen, zählte aber nicht
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