Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
Graham seufzte, aber das war ihm egal. Er hatte zu viel Zeit alleine verbracht, und es gefiel ihm, jemanden reden zu hören.
»Mm-hm«, brummte Josephine.
»Gott?«
»Das ist richtig. Ich glaube, Gott hatte unsere Kriege, Lügen und Belanglosigkeiten satt und beschloss, alles auszulöschen. Das war unsere Strafe, eine Möglichkeit, noch mal von vorn anzufangen. Na ja, Strafe ist das falsche Wort. Es ist nicht unbedingt so, dass wir bestraft wurden – obwohl ich mir sicher bin, dass es viele Menschen so empfunden haben, ohne Computer, Fernsehen, Handys und Autos –, sondern eher ein Fall von: ›Okay, gut, das hier funktioniert nicht, lasst uns noch mal neu anfangen, ja?‹ Wenn man darüber nachdenkt, hat Er uns eigentlich das Paradies zurückgegeben. Keine Verschmutzung mehr, keine Politik, keine Klassengesellschaft … nichts als üppiger, fruchtbarer Dschungel. Wir haben genügend zu essen und Wasser, um zu überleben, und das ist auch alles, was wir hätten tun müssen. Wir hätten noch mal ganz von vorne anfangen und in Frieden und Harmonie leben können. Die Einzigen, die es versauen konnten, sind wir selbst gewesen, und natürlich haben wir das auch geschafft.«
»Ja, also, das ist eine … interessante Interpretation unserer Situation«, stammelte Nick.
»Ich hab dich gewarnt«, sagte Graham. »Wenn sie einmal loslegt …«
»Oh, sei doch still«, unterbrach ihn Josephine. »Es ist die Wahrheit, du willst es nur nicht zugeben.«
»Pah!«, erwiderte Graham. »Zugeben? Ich stimme dir nur nicht zu, das ist alles.«
»Du glaubst nicht an Gott, das ist dein Problem.«
»Das ist kein Problem für mich«, entgegnete Graham.
Nick lächelte. »Seid ihr zwei sicher, dass ihr nicht verwandt seid?«
Graham lachte.
Josephine grinste.
»Also, was glaubst du, was passiert ist?«, wandte sich Nick an Graham.
Graham räusperte sich, so als sei das, was er sagen wolle, von monumentaler Bedeutung. »Ich glaube, dass irgendwas mit einer geheimen Bio- oder Chemiewaffe total schiefgelaufen ist. Ein leckgeschlagener Tank oder ein nachlässiger Regierungsangestellter, der vergessen hat, den Deckel wieder richtig draufzuschrauben. Irgendwelche Chemikalien sind bei ihren Tests in die Erde gesickert und haben diese ganze Katastrophe ausgelöst.«
Josephine lachte höhnisch. »Das ist doch völliger Unsinn. Wie könnte eine Chemikalie das auslösen?«
»Es muss irgendein mutiertes Wachstumshormon gewesen sein, so eine Art Krebs auslösendes Medikament. Ein sehr schnell wirkendes Gift, das den Krebs in der Lunge und im Gehirn des Feindes schon innerhalb von ein paar Minuten wachsen lässt. Als es stattdessen in die Erde einsickerte, sind eben die Pflanzen mutiert und unglaublich schnell gewachsen.«
»Ein relativ großes Gebiet in einer begrenzten Region könnte ich ja noch nachvollziehen«, räumte Josephine ein. »Aber du hast mir nie einen logischen, plausiblen Grund genannt, wie es sich über das ganze Land ausbreiten konnte, vom Rest der Welt ganz zu schweigen. Oder warum es ausgerechnet ein Dschungel ist. Warum nicht Buschland? Oder eine Wüste? Wieso gerade Dschungel?«
Graham schwieg.
Um sie herum kreischten Vögel und es klang beinahe wie Gelächter.
»Ganz einfach«, sagte Graham schließlich. »Die Chemikalie, und zwar eine verdammt große Menge, okay, ist in das unterirdische Leitungssystem gelangt und hat sich so in sämtliche Ecken des Landes ausgebreitet. Und als sie in den Ozean floss, hat sie sich auch auf andere Länder ausgebreitet. Ich hab gehört, wie einige Leute von seltsamen Gewächsen draußen im Ozean geredet haben – das müssen dann wohl auch Ausläufer des Dschungels sein, oder nicht?«
»Nicht sehr wahrscheinlich, aber okay, warum also ein Regenwald?«
Graham zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Vielleicht befand sich dort das Geheimlabor der Regierung, und weil das Zeug dort ausgelaufen ist, hat das mutierte Gen eben das durch die Wasserrohre transportiert. Nick, was denkst du?«
»Über deine Theorie? Sie ist auf jeden Fall einfallsreich.«
»Ha!«, rief Josephine aus. »Siehst du, Nick findet auch, dass das Ganze ein Haufen Scheiße ist.«
»Na, das hab ich nicht gesagt …«
»Aber du hast es gedacht. Gib’s zu, meine Lösung ist viel plausibler. Sie ergibt Sinn, wenn man mal drüber nachdenkt.«
»Sie ergibt etwa so viel Sinn wie die Vorstellung, der Weihnachtsmann könne in einer einzigen Nacht Geschenke in Millionen von Häusern abliefern.«
»Du wirst schon
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