Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
Worte fühlten sich wie heiße Messer in Beths Brust an. »Du wirst nicht sterben«, erwiderte sie, und ihr wurde bewusst, dass sie das bis zu diesem Moment aufrichtig geglaubt hatte. Trotz der ebenso düsteren wie ungewöhnlichen Notsituation, in der sie sich befanden, hatte sie sich die ganze Zeit an das sichere Gefühl geklammert, dass sie irgendwann, irgendwie aus diesem Betongefängnis entkommen würden.
Jetzt war sie sich da nicht mehr so sicher. Schon nach neun, und noch immer hatten sich keine Kunden eingefunden.
Und wenn sie nicht wirklich daran glaubte, dass sie entkommen konnten, wie sollte sie ihre Tochter dann trösten und sie davon überzeugen, dass alles gut werden würde?
»Ich will einfach nur hier raus«, murmelte Candice und steckte ihren Kopf zwischen die Knie.
»Wir kommen auch hier raus. Bald«, entgegnete Beth und bemerkte selbst den hohlen Klang in ihrer Stimme. »Komm schon, gehen wir wieder nach unten.«
»Warum? Da sind doch nur zwei alte Typen, ein Irrer und … du.«
Die Worte ihrer Tochter taten weh. »Wir müssen alle zusammenhalten«, sagte Beth. »Und davon mal abgesehen, müssen wir versuchen, etwas Essen zu beschaffen. Du hast doch selbst gesagt, dass du Hunger hast.«
»Ich bleibe hier. Lass mich einfach in Ruhe.«
»Candice …«
Candice drehte sich um und starrte Beth an. Ihr blasses Gesicht war tränenverschmiert. In ihren roten Augen lag Wut, aber auch Angst. »Nein. Ich will allein sein.«
Beth wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit ihrer Tochter zu diskutieren, wenn sie sich in dieser Stimmung befand.
»Na schön. Aber bleib nicht zu lange weg.«
Candice wandte sich wieder ab. Sie schien ihre Knie noch fester zu umklammern als vorher.
»Okay, ich …« Beth hätte am liebsten gesagt ›Ich liebe dich‹, aber das war kein Gefühl, dem die Milburn-Familie allzu oft Ausdruck verlieh. »Ich warte dann auf dich.«
Beth ließ ihre Tochter allein.
Vorsichtig umrundete sie die Löcher im Boden, und erst als sie die Tür zum Treppenhaus erreichte, wurde ihr bewusst, dass sie den Atem angehalten hatte.
Sie stieß die Luft aus, drückte die Tür auf, schaltete ihr Telefon wieder ein und stieg die Stufen hinunter.
Sie war gerade auf den Absatz der Ebene drei getreten, als die Wände des Treppenhauses zu wackeln begannen.
Sie schnappte erschrocken nach Luft.
Dann hörte sie das vertraute Geräusch von aufplatzendem Beton und hindurchbrechenden Bäumen.
Nicht schon wieder!, dachte sie, und dann: Candice!
Als die Welt um sie herum zusammenbrach, hörte sie irgendwo unter sich einen Schrei: »Harold!« Kurz darauf schwang die Tür zu Ebene vier auf, und Bruce stürzte herein.
Er war von oben bis unten mit Staub bedeckt und seine starren Augen funkelten wild.
»Was passiert hier?«, schrie Beth.
»Noch mehr Bäume«, keuchte Bruce, als er die Treppe heraufkam.
Beth wich instinktiv zurück. Sie traute Bruce nicht und sie mochte ihn nicht. Und dieses Funkeln in seinen Augen machte sie nervös.
»Wo sind Paul und Harold?«, fragte Beth über den Donner des berstenden Betons und der wachsenden Bäume hinweg, der das Treppenhaus erfüllte.
»Sie kommen gleich«, antwortete Bruce und blieb auf dem Treppenabsatz zu Ebene drei stehen.
Er keuchte, und Beth konnte seinen heißen Atem spüren – und riechen.
»Ich bin losgerannt, sobald ich frei war«, sagte er. »Mir war klar, dass ich mich unbedingt zu den Treppen retten muss, wenn ich nicht vom einstürzenden Beton zerquetscht werden will.«
»Candice«, stieß Beth aus und drehte sich um. »Ich muss gehen und sie …«
Bevor Beth ihren Satz zu Ende bringen konnte, riss der Boden unter ihnen auf und Beton und Dreck flogen durch die Luft.
Beth schrie und Bruce jaulte auf.
Als sie in die Tiefe schaute, bemerkte Beth eine üppige Baumkrone, die in erschreckendem Tempo auf sie zuraste. Sie erhaschte einen Blick auf den Rest des Baums – dünner als eine Eberesche und mit dunkelbraunem Stamm. Viel mehr konnte sie nicht erkennen. Dann rief Bruce aus: »Schnell, hier durch!«, packte Beth und zog sie in Richtung der Tür zu Ebene drei.
Ihr Handy fiel ihr aus der Hand. »Mein Telefon!«, schrie Beth.
»Vergiss es!«, brüllte Bruce.
Beth hörte, wie der Beton unter ihr einbrach und Metall verbogen wurde. Sie spürte, wie Schutt – winzige Kiesel und größere Steine – gegen ihren Körper prasselte, und als sie durch die Tür zum Parkdeck gezerrt wurde, streiften Blätter über ihre Schulter.
Die Tür fiel hinter
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