Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
drin ist ein neuer Baum gewachsen. Ich konnte die Tür nur einen Spalt öffnen. Und was ich im Treppenhaus gesehen habe, wirkte nicht sehr ermutigend. Ein dicker Stamm und jede Menge zerstörter Beton.«
»Dann sitzen wir also hier unten fest«, stellte Harold fest.
»Ich fürchte, ja. Aber Beth holt Hilfe – vorausgesetzt, sie schafft es nach draußen«, fügte Paul hinzu und spürte ein Stechen in seiner Brust.
»Und Bruce?«
»Wir hatten recht. Der Mistkerl ist abgehauen, sobald er befreit war. Hat nicht mal abgewartet, ob es Ihnen gut geht. Er muss sich wohl in die nächste Etage gerettet haben, bevor der Baum das Treppenhaus in zwei Teile gespalten hat. Ich hoffe nur, Beth ist in Ordnung.«
Paul wünschte sich, er wäre bei ihr und könnte ihr helfen. Ihm gefiel der Gedanke nicht, dass sie mit Bruce da oben war. Und ihm gefiel der Gedanke nicht, dass er sich am unteren Ende einer vertikalen Dominoreihe befand.
Da die neuen Bäume noch mehr Beton zerstört hatten, waren sie zumindest nicht länger absoluter Dunkelheit ausgesetzt. Auf dieser Ebene blieb es zwar nach wie vor relativ düster – und an einigen Stellen, die das Licht nicht erreichte, herrschte völlige Finsternis –, aber wenigstens konnten sie sich ohne zusätzliche Beleuchtung bewegen. Gute Neuigkeiten, wenn man bedachte, dass ihnen nur noch die Scheinwerfer der Autos und Pauls Zippo blieben. Aber selbst wenn sie Harolds Telefon unter all dem Schutt gefunden hätten, wäre die Suche die reinste Energieverschwendung gewesen – der Akku hatte ohnehin kaum noch Kapazität.
»Also, was jetzt?«, fragte Paul und schaute zu Harold.
»Ich weiß es nicht. Wir können nicht viel tun, außer warten, hoffen und beten.«
Selbst im spärlichen Licht konnte Paul den Ausdruck der Angst und Unsicherheit in den Augen des alten Mannes ablesen.
»Ich schätze, wir sollten mal rausfinden, was wir noch zu essen und zu trinken haben«, sagte Harold. »Damit wir wissen, wie lange wir hier unten durchhalten.«
In Pauls Kopf drehte sich alles.
Gott, er wollte nicht verhungern – oder an Dehydrierung sterben.
»Um genügend Wasser mach ich mir eigentlich keine Sorgen«, fuhr Harold fort. »Für den Moment regnet es genug, um unseren Durst zu stillen. Das Essen ist unser drängendstes Problem. Man kann natürlich ein paar Wochen ohne Nahrung überleben, aber trotzdem …«
»Ein paar Wochen?«
»Hoffentlich stecken wir nicht so lange hier unten fest. Hören Sie, wenn ich eines im Krieg gelernt habe, dann das: Man sollte nie zu weit vorausdenken. Übersteh irgendwie das Hier und Jetzt, sichere dein kurzfristiges Überleben und mach dir keinen Kopf um die fernere Zukunft. Sonst wirst du verrückt.«
»Klingt einleuchtend«, stimmte Paul zu.
»Natürlich könnte der Niederschlag auch jeden Moment aufhören. Besser, wir füllen so viel wie möglich ab, solange es noch regnet. Ich hoffe nur, wir finden ein paar geeignete Behälter.«
Paul schluckte. »Und wenn wir das Regenwasser nicht abfüllen können, was dann? Was machen wir, wenn es wirklich zu regnen aufhört?«
»Tja, dann müssen wir eben ein bisschen kreativ werden. Alle Autos haben Wassertanks für die Scheibenwischer. Wir sprechen hier zwar nicht von einer riesigen Menge, vor allem nicht, wenn wir sie auf zwei Personen aufteilen, aber das ist besser als nichts.«
All das Gerede über Wasserreserven und darüber, wie lange sie ohne Essen durchhalten konnten, unterstrich den Ernst ihrer Lage zusätzlich. Paul hatte sich zwar schon die unterschiedlichsten Todesarten für sich selbst ausgemalt – Autounfall, Krebs, Herzinfarkt –, aber nie in Betracht gezogen, dass er an Hunger oder Durst in einem Parkhaus in der Vorstadt zugrunde ging.
»Wir sollten uns die Rampen noch mal anschauen. Nur, um sicherzugehen, dass wir da wirklich nicht rauskönnen.«
»Gute Idee.« Harold erhob sich mit einem Stöhnen. »Ich übernehme die Rampe am anderen Ende.«
»Sind Sie sicher, dass Sie das schaffen? Sie haben immerhin einen üblen Sturz hinter sich.«
»Im Krieg hab ich Schlimmeres überstanden«, versicherte Harold.
Ja, aber damals bist du auch gut 60 Jahre jünger gewesen.
»Okay, treffen wir uns wieder hier, wenn wir fertig sind?«
»Klingt nach ʼnem Plan.«
Paul drehte sich um und humpelte durch das Dickicht der Bäume davon.
Als er sich einen Weg durch den Schutt bahnte, wobei er sich gelegentlich zur Seite drehen musste, um sich zwischen zwei Stämmen hindurchzuquetschen, bemerkte er, dass
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