Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
pinkeln.«
Bruce starrte Beth an. Selbst von der anderen Seite der Kluft konnte sie spüren, wie sich sein finsterer Blick in sie hineinbohrte.
»Oh, okay. Gut, dann mach ich mal besser weiter. Hab noch einiges vor mir.«
Beth erkannte, dass er trotz des Erdrutsches erst die Hälfte geschafft hatte. Er musste immer noch jede Menge Beton beiseiteräumen, bevor sie überhaupt darüber nachdenken konnten, auf die andere Ebene zu klettern.
Und so lange musste Beth in der Nähe bleiben – Bruce schien ihr gegenüber ohnehin bereits misstrauisch zu sein.
Genau wie sie ihm gegenüber. Sie rätselte, was es wohl mit den Überresten des Feuers auf sich hatte.
Und was die langen Stöcke anging: Beth konnte es zwar nicht mit Sicherheit sagen, weil sie diese nicht aus der Nähe hatte betrachten können, aber sie glaubte, dass es sich um Speere handelte.
Paul ließ seinen Blick von dem kleinen Haufen Zementgeröll, der sich in der Ferne auftürmte und stetig Zuwachs bekam, wenn weitere Brocken durch das Loch in der Decke fielen, zu den beiden Leichen schweifen, die ganz in der Nähe auf dem Boden lagen.
Mildreds Gesicht war mit Pauls Jacke zugedeckt, das Gesicht des Jungen mit einem alten Handtuch, das Harold im Kofferraum seines BMW gefunden hatte. Harold hatte den Vorschlag gemacht, ihre Gesichter zu verhüllen.
Paul und Harold standen inmitten des Waldes, nahe der hinteren Wand der Parkebene, und begruben Harolds Frau und seinen Enkel – wenn man das überhaupt so nennen konnte.
Nach einer unruhigen Nacht war Paul in der Morgendämmerung aufgewacht, hatte eine kalte, schlabbrige Fritte gegessen, sich einen kleinen Bissen von dem Milky Way gegönnt und kurz an dem trüben Wasser in der Sprite-Flasche genippt. Inzwischen hatten sie alle vier Getränkebehälter mit Wasser gefüllt, das der Regen, der durch die unzähligen Spalten in der Decke heruntertropfte, unablässig nachlieferte. Das bisschen Wasser in seinem Körper hatte er längst ausgepinkelt, und Paul wusste nicht, was er als Nächstes tun sollte.
Denn außer einfach nur dazusitzen und darauf zu warten, dass Hilfe eintraf, gab es nicht besonders viel zu tun.
Kurz nach dem Aufwachen war eine Ladung Betonbrocken durch ein besonders großes Loch in der Decke gedonnert.
Der Krach des Zements, der auf dem Boden aufschlug, hatte auch Harold geweckt, und nachdem er eine Weile herumgekramt und Gott weiß was gemacht hatte, war er zu Paul gekommen, um ihn zu bitten, beim Begraben der Leichen zu helfen.
»Ich kann Mildred und Sam nicht einfach so offen rumliegen lassen«, meinte Harold. »Ich muss sie begraben.«
Pauls erster Gedanke war gewesen: Mein Gott, sie sind tot. Wir sitzen in einem Wald mitten in der Vorstadt fest! Ihre Leichen zu begraben, ist wirklich die geringste unserer Sorgen!
»Sie halten das für eine dumme Idee, ich weiß. Aber bitte, ich muss das tun. Sie müssen mir auch nicht helfen. Aber bitte verstehen Sie, dass ich es einfach tun muss.«
Paul blickte in Harolds schattenhaftes, zerfurchtes Gesicht – auf den alten Mann, der mehr Schmerz und Tod gesehen hatte als Paul in seinem ganzen Leben und dem es dennoch gelungen war, ein freundlicher, liebenswerter Ehemann zu sein.
Paul spürte, dass er sich nicht von Harold abwenden durfte. Nicht jetzt.
»Okay«, hatte er deshalb gesagt. »Ich helfe Ihnen.«
Nachdem sie die Leichen an den Rand des Waldes getragen hatten – eine Tat, die Paul in seinem ganzen Leben nie mehr wiederholen wollte, niemals –, besorgten sie sich feuchte Erde.
Sie hatten gerade den letzten Haufen neben den Leichen auf dem Boden abgeladen, als sie einen schrillen Schrei hörten, dem ein Wasserfall aus Geröll folgte, der durch das Loch herunterstürzte.
»Wollten Sie noch ein paar Worte sagen?«, fragte Paul.
Harold nickte.
Der alte Mann hielt eine schlichte, aber würdevolle Trauerrede für seine Frau und seinen Enkel. Er murmelte »Amen«, und dann, ohne ein weiteres Wort, begannen sie, Erde auf die Leichen zu werfen.
Zusehen zu müssen, wie sich die dunkle Erde auf dem toten Fleisch verteilte, war vielleicht das Grauenvollste, was Paul je erlebt hatte. Schließlich hatten sie genügend Dreck auf die Leichen gehäuft. Zurück blieben nur noch zwei kleine Erdhügel.
Die beiden Männer schwitzten stark und ihre Hände waren so schwarz wie die Seele des Teufels. Harold drehte sich zu Paul um und sagte: »Ich würde jetzt gern ein bisschen allein sein.«
Paul sah dem alten Mann nach, der in den letzten 36 Stunden
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