Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
eines der großen Löcher und spähte hinab. Sie hatte sich die Rinde, die sie bisher gesammelt hatte, unter den Arm geklemmt und bemerkte plötzlich, dass ihre Uhr stehen geblieben war. Die Zeiger verharrten auf der Zwölf. Vorsichtig, um die Rinde nicht fallen zu lassen, löste sie ihre 2000-Dollar-Cartier vom linken Handgelenk, hielt sie über das Loch und ließ los.
Die Uhr glitzerte im Fallen und zerbrach in Dutzende Einzelteile, als sie auf dem Boden aufschlug.
Mit einem düsteren Lächeln wandte Beth sich von der Öffnung im Boden ab und setzte ihre Suche nach Rinde fort.
Die Tiefgarage verdunkelte sich allmählich. Die Abenddämmerung nahte und schon bald würde die Nacht hereinbrechen.
Beth fürchtete sich vor der Nacht.
»Ich glaube, wir sollten aufhören«, meinte Bruce. Obwohl sich die Luft im Laufe des Nachmittags immer weiter abgekühlt hatte, glühte Bruces Gesicht. »Es wird bald zu dunkel sein, um noch irgendwas zu erkennen.«
Die rustikale Leiter – sie bestand aus zwei langen, dicken Ästen auf jeder Seite, zwischen denen sie ein Dutzend etwas dünnerer, abgebrochener Äste mit zahlreichen Streifen Rinde als Sprossen fixiert hatten – war erst zur Hälfte fertig.
»Wir können jetzt nicht aufhören«, erwiderte Beth. »Hast du nicht ein paar Streichhölzer oder so, damit wir weitermachen können?«
Bruce schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Aber keine Sorge, wir machen direkt bei Sonnenaufgang weiter.«
Beth lehnte sich zurück und seufzte.
»Außerdem sollten wir uns vielleicht eine Art Unterschlupf bauen. Ich will nicht die ganze Nacht Raindrops Keep Fallinʼ on My Head summen.«
Eine ganze Nacht hier unten mit Bruce.
Eine ganze Nacht ohne Candice.
Beth schaute zur dunklen Decke hinauf. Sie konnte förmlich zusehen, wie sich die Bäume in Schatten verwandelten. »Candice, Liebling«, rief sie hinauf.
Zunächst herrschte Stille, dann: »Ja?«
Candice klang, als sei sie wieder sechs Jahre alt, fürchte sich im Dunkeln und habe Angst vor dem Alleinsein.
»Du solltest dir besser einen sicheren Unterschlupf für die Nacht suchen, Schatz.«
Eine Pause. »Mir ist kalt.«
»Ich weiß. Im Range Rover müssten ein paar Decken liegen. Nimm die und bleib im Wagen, okay?«
Beth konnte die hinteren Räder des Geländewagens, die in einem der Löcher feststeckten, nur mit Mühe erkennen.
»Ich soll im Range Rover bleiben? Und was ist, wenn er durch den Boden nach unten stürzt?«
Beth öffnete den Mund für eine Antwort, aber sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
Bruce sprach an ihrer Stelle. »Du kannst dich in mein Auto legen«, rief er nach oben. »Letzte Nacht stand es noch stabil. Ich hoffe, daran hat sich nichts geändert. In diesem Fall ist es wesentlich sicherer als der Range Rover.«
So sehr Beth die Vorstellung hasste, dass ihre Tochter die Nacht in Bruces Auto verbrachte, wusste sie doch, dass es die klügste Lösung darstellte.
»Ist das …?«
»Ja, ich bin’s«, rief Bruce zurück. »Und mach dir keine Sorgen, deine Mum und ich schaffen es irgendwann morgen ganz sicher zu dir nach oben.«
Beth gefiel der eifrige Unterton in seiner Stimme ganz und gar nicht, aber sie konnte nichts daran ändern – zumindest nicht heute Nacht. Morgen, sobald sie und Candice wieder vereint waren, konnte sie hoffentlich eine Entscheidung treffen, was sie mit Bruce anstellen sollte.
»Es ist schon okay, Candice«, versicherte Beth. »Hol dir die Decken und setz dich in Bruces Wagen. Aber beeil dich, bevor es dunkel wird.«
»Und was ist mit dir? Ist bei dir auch alles in Ordnung?«
»Mach dir um mich keine Sorgen«, erwiderte Beth. »Mir passiert schon nichts.«
Hoffe ich.
»Keine Angst, ich pass gut auf deine Mutter auf«, fügte Bruce hinzu.
Und nicht zum ersten Mal, seit sie hier unten festsaßen – und sicher auch nicht zum letzten Mal –, kroch ein eiskalter Schauer über Beths gesamten Körper.
Paul saß auf dem Beifahrersitz des BMW, die dünne Picknickdecke bis unter das Kinn hochgezogen, und starrte aus der glaslosen Windschutzscheibe in die Finsternis. Ein sanfter Wind wehte über das Parkdeck und brachte die Rinde zum Rascheln, die in Streifen von den niedrigeren Ästen der Bäume hing.
Ihm war kalt, er hatte Angst und sein Magen rumorte heftig, was entweder daran lag, dass er Hunger hatte, oder dass seine kümmerliche Mahlzeit nicht mehr frisch gewesen war und viel zu viel Salz und Zucker enthielt.
Hinter ihm lag Harold ausgestreckt unter der Wolldecke auf der
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