Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
Asien.«
»Menschen sind nicht die einzigen Lebewesen, die sich beim Auftauchen des Dschungels plötzlich in der Wildnis wiedergefunden haben. Viele der Tiere aus dem Zoo in Melbourne sind seit damals auch frei. Angeblich ist mindestens einer der Tiger entkommen.«
Harry schluckte. »Meinst du das ernst?«
»Todernst. Hast du denn nichts davon gehört?«
Harry schüttelte den Kopf.
»Mir kam die Geschichte in einem der ersten Asyle, in denen ich stationiert war, zu Ohren. Einige Leute dort hatten wiederum von anderen erfahren, dass in Chadstone ein Tiger frei rumläuft. Angeblich soll er Leute in einem Einkaufszentrum zerfleischt haben. Mit den Gefängnissen ist es genau das Gleiche. Wie die Löwen- und Tigergehege sind auch verschiedene Haftanstalten übel zugerichtet worden, als die großen Bäume aus der Erde schossen. Die Mauern sind eingestürzt und jede Menge Kleinkriminelle und Schwerverbrecher konnten entkommen. Während meiner Zeit als Vollstrecker bin ich ein paar von ihnen begegnet. Die meisten lebten allein, haben gemordet und geplündert. Wir haben Verbrecher verhaftet, die uns erzählten, wie sie aus dem Gefängnis abgehauen sind, als die ersten Bäume wuchsen. Meine größte Angst gilt nicht den Tigern. Ich mach mir eher Sorgen, dass sich ein paar der eher psychopathisch veranlagten Entflohenen zu einer Gruppe zusammenschließen. Wenn das passiert, sind wir alle am Arsch. Was wir hier machen, ist Kinderfasching im Vergleich zu dem, wozu diese Typen fähig sind.«
Mark hob seinen Stock wieder auf und biss von der Forelle ab. Das Fleisch hatte zu lange gebraten, aber die rauchige Note schmeckte gut.
»Ich hab mir nie Gedanken über den Zoo und die Gefängnisse gemacht«, gestand Harry. Er drehte sich um und starrte in die Finsternis des Dschungels.
»Keine Sorge. Ich glaube sowieso eher, dass sämtliche Löwen und Tiger inzwischen tot sind. Und es wird eine ganze Weile dauern, bis sich die Kriminellen zu Gangs zusammengeschlossen haben, die groß genug sind, um eine echte Bedrohung darzustellen – falls sie sich überhaupt zu Banden zusammenrotten. Aber in unserem neuen Zuhause werden wir sicher sein, deshalb wäre auch das kein Problem.«
»Neues Zuhause?«
Mark lächelte. Dann zwinkerte er Harry zu. »Ganz genau.«
Im selben Moment stellte er fest, dass die meisten der Männer ans Lagerfeuer zurückgekehrt waren. Ein guter Zeitpunkt für seine Bekanntmachung.
Er schob die halb aufgegessene Forelle beiseite und stand auf.
»Hört mal alle her«, rief er. »Ich hab ein paar wichtige Neuigkeiten.«
Das leise Geraune verstummte und alle Augen richteten sich auf Mark.
»Zuerst möchte ich das neue Stück ankündigen, das wir aufführen werden.«
Kopfnicken und zustimmendes Gemurmel breiteten sich aus. Es war schon fast eine Woche her, seit sie den letzten Film auf die Bühne gebracht hatten. Die Männer waren ganz wild auf den nächsten.
»Der Streifen, den ich ausgesucht habe, stammt aus den 1970ern. Er heißt Wer Gewalt sät. «
Noch mehr Unruhe und weiteres Gemurmel, meistens: »Nie gesehen.«
»Es ist ein Film über Rache und Gewalt und darüber, dass auch zivilisierte Menschen nur einen Steinwurf von animalischer, primitiver Brutalität entfernt sind. Kurz und gut: Es geht ums Überleben. Er ist also ziemlich passend. Das wird mein bislang bestes Stück. Die Hauptrollen hab ich schon besetzt, ich brauche nur noch Leute für die Nebenrollen. Aber darum kümmern wir uns später.«
»Wer spielt denn die Hauptrollen?«, wollte einer der Männer wissen.
»Jemand ganz Besonderes spielt die Ehefrau. Und die Rolle des Ehemanns geht an unseren neuen Gast.«
Es folgten enttäuschte Blicke.
»Aber die Hauptrollen spielen doch immer Leute von uns«, warf jemand ein. »Kein Gefangener. Und überhaupt: Ist der nicht morgen unser Abendessen?«
Mark schüttelte den Kopf. »Darum ist er ja auch gefesselt und in meinem Zimmer eingesperrt anstatt im Käfig. Er ist nicht zum Essen – er ist unser Star. Und das ist mein letztes Wort.«
Verzerrte Gesichter leuchteten im Schein der Flammen auf.
»Ich weiß, wie sehr ihr euch alle auf diese Stücke freut und dass die meisten von euch hoffen, eine Hauptrolle zu bekommen. Aber in diesem Fall werdet ihr das einfach akzeptieren müssen. Der Gefangene ist die perfekte Besetzung für den jungen Dustin Hoffman. Und davon abgesehen: Wenn ihr meine anderen Neuigkeiten hört, habt ihr sowieso gleich wieder vergessen, wer welchen Part übernimmt.«
»Also,
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