Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)

hielt Bill für eine Perversion seiner Aufgabe als Vollstrecker.
    Ex-Vollstrecker.
    Als die kleine Gruppe sich der Blockbuster-Filiale näherte, drehte Mark sich um und sah zu Bill nach oben. Er hielt Bills Blick ein paar Sekunden lang stand, bevor er sich abwandte.
    Ja, ich beobachte dich. Ich beobachte dich schon die ganze Zeit.
    Und dann passierte das Unvermeidliche.
    Mark und Craig hoben ihre Speere.
    Mark schlug dem Mann mit dem Ende seines Stabs auf den Kopf, während Craig der Frau dasselbe antat. Der Mann und die Frau sackten zu Boden. Die Kleine starrte erst auf ihre Hand, die niemand mehr hielt, dann auf die Frau und begann, laut zu schreien.
    Ihr Schrei erstarb, als Franco sie hochhob – den großen Hund, den er geschleppt hatte, musste er abgelegt haben  – und ihr mit der Hand auf den Mund schlug. Er beugte sich ganz dicht zu ihr, sein Mund an ihrem linken Ohr, und sie verstummte sofort.
    Dann hievte Mark die Frau in die Höhe, Craig den Mann, und die Mitglieder der Gang schleppten ihre Beute den letzten Rest des Weges zur Videothek. Stewart trug nun alle drei Hunde – die beiden großen Hunde hatte er sich wie große Fleischstücke über die Schultern geworfen, den Pudel hatte er am Hals gepackt.
    Bill seufzte, wandte sich ab und ließ sich auf sein Bett fallen.
    Das Blatt begann definitiv, sich zu wenden.
    Die Bösen unter den Menschen gewannen allmählich die Oberhand, übernahmen langsam, aber sicher die Kontrolle.
    Bill blieb nichts anderes übrig, als in seinem Turm zu bleiben und Wache zu halten.
    Und zu hoffen, dass am Ende das Gute siegte.

Zwei
    Mark nahm einen langen Zug von seiner Minzblatt-Zigarette und blies den Rauch in die wolkenlose Nacht. Er beobachtete, wie der Qualm in der Dunkelheit schwebte und für kurze Zeit die funkelnden Sterne über ihm verdeckte, bevor er sich in Luft auflöste.
    »Das Zeug stinkt. Ich wünschte, wir hätten richtige Zigaretten.«
    Mark drehte sich zu dem Mann um, der neben ihm saß: Harry Reynolds. Der ehemalige Lkw-Fahrer war etwa Mitte 40 und sah ziemlich kränklich aus. Er hatte im letzten Monat, seit er in Taxi Driver den Sport gegeben hatte, ganz schön abgebaut. Damals war er zwar auch schon schmal, aber deutlich muskulöser gewesen. In ihm hatte jede Menge Energie gesteckt, die er irgendwie verbrennen musste. Jetzt wirkte er die meiste Zeit über ziemlich lustlos. Er war dünn, seine Haut blass, und wie viele der Männer bekam auch er regelmäßig Nasenbluten.
    Mark litt bisher noch nicht unter Nasenbluten, aber dafür unter Magenkrämpfen und Kopfschmerzen.
    Vermutlich lag es an ihrer schlechten Ernährung oder an mangelnder Hygiene. Oder sie hatten sich irgendeine Dschungelkrankheit eingefangen. Was auch immer der Grund sein mochte, Mark hatte in den vergangenen Wochen eine deutliche Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustands seiner Truppe registriert.
    »Es schmeckt noch schlimmer, als es riecht«, erwiderte Mark und nahm einen weiteren Zug.
    »Warum rauchst du es dann?«, gab Harry zurück und riss ein Stück von seiner Portion des gebratenen Labradors ab.
    Mark zuckte mit den Schultern. »Weil es besser schmeckt als Eukalyptus?«
    Einige der Männer zogen es vor, Eukalyptusblätter statt Minze zu rauchen. Sie waren leichter zu finden und hielten länger. Marks Ansicht nach rochen sie aber auch ranziger.
    »Scheiße. Ich wünschte, wir hätten ein paar Zigaretten«, wiederholte Harry.
    Mark schnipste den Stummel aus getrockneter Minze ins Feuer.
    Er sah sich um. Die meisten Männer waren anwesend. Diejenigen, die sich nicht ums Feuer versammelt hatten, waren entweder kacken oder schliefen. Die beiden neuen Frauen befanden sich, noch unangetastet, im Käfig. Neben der allgemeinen Lethargie, dem Nasenbluten und diversen Wehwehchen – die Hitze machte Blasen und andere Verletzungen nur noch schlimmer, da sie länger brauchten, um abzuheilen – hatte Mark bei den Männern auch eindeutig einen schwindenden sexuellen Appetit bemerkt. Die Frauen, die sie an diesem Morgen von ihrem Ausflug mitgebracht hatten, hatten zwar eine leise Woge der Begeisterung entfacht, aber sie war schnell wieder verebbt.
    Es liegt an diesem Ort. Er wird langsam ungesund. Er infiziert uns alle. Es wird Zeit, weiterzuziehen. Zeit, irgendwohin zu gehen, wo es sauberer ist, besser.
    Die meisten der Männer machten einen müden und entnervten Eindruck. Sie saßen auf dem Boden oder auf Baumstämmen, mampften wilden Hund und starrten in die Flammen, als seien sie in