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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Augenbraue hoch, legte dann behutsam die Hand auf die geschmiedete Türklinke und drückte sie vollkommen lautlos herunter.
Die Tür rührte sich trotzdem nicht. Von innen musste ein Riegel vorgelegt sein.
Der Nubier machte einen halben Schritt zurück und trat dann mit
aller Gewalt gegen das Schloss.
Die Tür flog nicht minder wuchtig nach innen, als es gerade unten
der Fall gewesen war. Der Riegel flog zerbrochen davon und prallte
gegen irgendetwas, das mit dem typischen Klirren von Glas zerbrach,
während Abu Dun und Andrej bereits dicht hintereinander über die
Schwelle stürmten.
Andrej konnte kaum etwas sehen, weil ihm Abu Duns breiter Rücken den Blick versperrte, nahm aber doch immerhin wahr, dass sie
sich in einem Raum von überraschender Größe befanden. Anders als
in den übrigen Teilen der Festung, die sie zu Gesicht bekommen hatten, waren die Wände verputzt und in einem hellen Farbton gestrichen. Kostbare Möbel und Wandteppiche erweckten eher den Eindruck, sich im Sommerpalast eines reichen Emirs zu befinden als in
dieser uralten Festungsruine im Herzen der Wüste. Es brannten zahllose Kerzen, die durch den Luftzug ihres ungestümen Eintretens hektisch zu flackern begannen. Dann stieß Abu Dun ein wütendes Geheul aus und stürmte los. Im nächsten Moment konnte Andrej auch
erkennen, warum.
Vor der gegenüberliegenden Wand des großen Raumes stand ein
gewaltiges eisernes Bett mit einem hohen Baldachin, das mit zahllosen Spitzen, Kügelchen und Blumen aus purem Gold verziert war.
Bezogen war es mit kostbarem weißen Linnen, auf dem die nachtschwarze Haut der Frau, die nackt und an Händen und Füßen an das
Bettgestell gefesselt darauf lag, noch dunkler wirkte. Der Bewohner
dieses Raumes - Ali Jhin, denn außer ihm und Meruhe war tatsächlich niemand hier - stand nahezu genauso nackt neben dem Bett und
trug nichts mehr außer einem Turban und einem schon fast lächerlich
kleinen Lendenschurz, der trotzdem ausreichte, um alles zu verbergen, was nicht unbedingt jeder sehen musste. Ali Jhin war ein sehr
großer, hagerer Mann mit einer von Narben und schlecht verheilten
Brandwunden übersäten Brust und einem pedantisch gepflegten Bart.
Sein Gesicht hatte etwas von einem Raubvogel, fand Andrej, im
Moment allerdings von einem völlig fassungslosen Raubvogel. Er
wirkte nicht zornig oder erschrocken, sondern einfach nur vollkommen verblüfft, als er Abu Dun und ihn hereinstürmen sah.
Das änderte sich schlagartig, als Abu Dun auf ihn zufegte und ihm
einen Hieb mit dem Handrücken versetzte, der ihn quer durch das
Zimmer stolpern und gegen ein kleines Tischchen stürzen ließ, das
unter seinem Aufprall in Stücke ging. Obschon der Sturz sehr
schmerzhaft gewesen sein musste, sprang er sofort wieder auf die
Füße, und obwohl er nichts am Leib trug, worunter er eine solche
Waffe hätte verstecken können, erschien plötzlich ein langer, gekrümmter Dolch in seinen Fingern.
Abu Dun ließ ihm Zeit, zu ihm herumzufahren und mit der Waffe
auszuholen, fing seine Hand erst im letzten Moment - aber ohne sich
dabei auch nur im Geringsten zu beeilen - ab und brach ihm dann
ohne sichtliche Anstrengung das Handgelenk.
Ali Jhin ächzte. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht, während er
langsam vor Abu Dun in die Knie ging, aber er ließ darüber hinaus
nicht den geringsten Schmerzenslaut hören. Sofort holte er mit der
unversehrten Linken aus und rammte dem Nubier die Faust in seinen
gewaltigen Bauch.
Ebenso gut hätte er aber auch versuchen können, einen Wüstensturm mit bloßen Händen aufzuhalten. Abu Dun versetzte ihm
eine Ohrfeige, die ihn haltlos nach hinten auf den Rücken warf. Während er über den Boden schlitterte, bis ein weiteres Möbelstück seiner unfreiwilligen Rutschpartie ein abruptes Ende bereitete, eilte
Andrej zum Bett und beugte sich über Meruhe. Obwohl es einer Situation wie dieser nicht angemessen war, kam er nicht umhin zu bemerken, was für eine wunderschöne Frau sie war. Er korrigierte seine
Schätzung, was ihr Alter anging, zwar noch einmal ein Stück nach
oben, aber das tat der Schönheit ihres Gesichts und vor allem ihres
Körpers keinen Abbruch.
»Bist du unversehrt?«, fragte er hastig und auch ein bisschen verlegen, weil er selbst spürte, dass er sie vielleicht einen Moment länger
angestarrt hatte, als es gut war.
Meruhe antwortete nicht, sondern blickte ihn nur aus Augen an, die
vor Zorn mittlerweile fast ebenso schwarz geworden waren wie ihre
Haut.

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