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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auflodernder Todesangst in seinen Augen zu lesen. Gerade, als
Andrej eingreifen wollte, zog Abu Dun den Fuß zurück, riss den
Krieger aber auch gleich darauf so unsanft in die Höhe, dass seine
keuchenden Atemzüge zu einem gequälten Wimmern wurden.
»Abu Dun!«, sagte Andrej scharf. Der Nubier ignorierte ihn. Mit
einer Stimme, die leise, aber derartig von einer unausgesprochenen
Drohung erfüllt war, dass selbst Andrej ein kalter Schauer über den
Rücken lief, begann er auf den Sklavenhändler einzureden, wobei er
sich wieder des Andrej unbekannten Dialektes bediente. Der Mann
antwortete unter Keuchen und Husten, doch was er sagte, schien Abu
Dun nicht zu gefallen. Er warf ihn gegen die Wand, fing ihn auf, als
er zusammenzubrechen drohte, und schloss schon wieder seine gewaltige Pranke um seine Kehle.
Die Antwort, die er bekam, als er seine Frage wiederholte, stellte
ihn offensichtlich zufrieden. Er zog die Hand zurück, nickte und
schlug den Kopf des Mannes dann mit solcher Wucht gegen die
Wand, dass er reglos zu Boden sank.
»Keine Angst«, sagte er rasch und in verächtlichem Ton, als Andrej
scharf die Luft einsog. »Er lebt noch.«
»Wenn du ihn töten willst, dann tu es«, sagte Andrej verärgert.
»Seit wann quälst du deine Gegner unnötig?«
Der verächtliche Ausdruck in Abu Duns Augen nahm noch zu. »Ich
habe nicht vor, mich mit seinem Blut zu besudeln. Sein Herr wird ihn
sowieso töten, weil er es zugelassen hat, dass wir eingedrungen sind.
Genau wie den anderen.«
Womit er vermutlich Recht hatte, dachte Andrej. Aber das war
nicht ihre Sache. »Hast du herausgefunden, wo sie Meruhe hingebracht haben?«, fragte er.
»Meruhe?«
»Sie wollten sie zum Herrn dieser Festung bringen«, erwiderte Andrej. »Wenn wir sie finden, finden wir ihn.«
Abu Dun machte eine knappe Kopfbewegung zu der steilen Treppe.
»Dort oben.«
»Um das herauszufinden, hättest du den Mann nicht halb totprügeln
müssen«, sagte Andrej, während er sich zu dem zweiten Wächter
umdrehte und das Schwert aus dem Gürtel des Bewusstlosen zog. Es
war eine schlechte Waffe. Die gebogene Klinge war schartig und
überall verrostet, und seine Finger klebten auf unangenehme Weise
an dem vor Schmutz starrenden Griff. Andrej dachte kurz und wehmütig an das Damaszenerschwert, das sie draußen im Sand vergraben hatten.
»Vielleicht hat es mir ja Spaß gemacht«, murmelte Abu Dun, während auch er sich bückte und die Waffe des zweiten Kriegers an sich
nahm. Andrej schwieg, schon, weil er spürte, dass diese Worte
durchaus ernst gemeint waren. Allmählich begann ihm die Veränderung, die so unübersehbar mit Abu Dun vonstatten ging, Sorgen zu
bereiten. Jetzt war nicht der Moment dazu, aber er würde mit ihm
darüber reden müssen. Rache war eine Sache, aber wozu war sie gut,
wenn man um ihretwillen so wurde wie jene, an denen man sich
rächte?
Am oberen Ende der Treppe, die sich wie eine nach innen verlegte
Fortsetzung des steinernen Schneckenhauses draußen an der Innenseite des Turms hinaufwand, schimmerte ein mattes, rotes Licht; zu
ruhig für das einer Fackel. Schon, als sie die ersten Stufen erklommen hatten, hörte Andrej die Atemzüge zweier Männer. Er erkannte
an ihrer Unregelmäßigkeit, dass sie nicht schliefen, aber auch nicht
mehr sehr weit davon entfernt waren und somit vermutlich auch
nicht allzu aufmerksam. Trotzdem wusste er, dass es nicht leicht
werden würde, sie zu überrumpeln. Der Durchmesser des Turms und
damit auch die Krümmung der Treppe waren so groß, dass er gut
zwanzig Stufen übersehen konnte. Das wiederum bedeutete, dass
auch Abu Dun und er über die gleiche Distanz hinweg sichtbar wurden, bevor sie das Ende der Treppe erreicht hatten.
Doch sie hatten auch diesmal Glück. Die Treppe endete in einem
überraschend großen Raum, dessen Tür weit offen stand und in dem
sich nicht zwei, sondern gleich drei Männer aufhielten, vielleicht
sogar mehr, denn Andrej konnte nur einen Teil des Raumes überblicken. Alle drei wandten ihnen jedoch den Rücken zu, und als sie bemerkten, dass sie nicht mehr allein waren, war es zu spät. Abu Dun
und er brachen lautlos über sie herein. Andrej schlug einem der vollkommen überraschten Wächter den Schwertknauf gegen die Schläfe,
woraufhin dieser bewusstlos vom Stuhl fiel. Abu Dun schaltete den
zweiten Mann aus, indem er ihm fast beiläufig einen Hieb mit der
flachen Hand versetzte, den dritten packte er genau wie den Krieger
unten an der

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