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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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verweigerte sich. »Es ist mir egal, was ihr beim Erdbeben für Regeln habt. Migal war mein Schwertbruder von Kindestagen an. Ich werde ihn verbrennen, damit er aufsteigen kann dorthin, wo unsere Ahnen in der ewigen Dämonenschlacht kämpfen. Seine Beine werden dort wieder völlig gesund sein. Die Ahnen werden ihn als Verstärkung ihrer Reihen willkommen heißen.«
    Â»Verbrenn ihn, mein Junge, verbrenn ihn!«, sagte Ijugis mit abwehrenden Händen. »Wir können jederzeit anlanden. Aber glaubst du wirklich, du findest in diesem nassen Dreck irgendwo ein bisschen trockenes Holz?«
    Â»Trockenes Holz lässt sich immer finden«, brummte Tjarka. »Schwierig wird es jedoch, einen Ort zu finden, wo man einen ganzen Scheiterhaufen aufschichten und unterhalten kann, ohne dass dauernd alles wegschwimmt.«
    Â»Vielleicht an der Küste«, sagte Bestar düster. »Irgendwann wird es ja mal aufhören zu regnen.«
    Sie fuhren weiter, den toten Klippenwälder in ihrer Mitte. Angesichts von Migals fiebrigem Tod erschien es allen umso bemerkenswerter, dass Ukas Nouis immer noch am Leben war, in einem fortwährend gleichen Zustand zwischen Ohnmacht und Ende. »Er steht auf der Brücke der brennenden Blumen, genau wie ich vor einigen Wochen«, sagte Rodraeg einmal leise. »Und genau wie ich weiß er nicht, in welche Richtung er sich wenden soll.« Einzig Onouk hörte seine Worte und sah ihn stirnrunzelnd an. Rodraeg ermahnte sich, in Zukunft mehr achtzugeben, sonst würde ihn bald der Rest der Welt für einen von Göttern und anderen Visionen geplagten Verrückten halten.
    Das Floß trieb dahin, der Fluss verästelte sich, umschmiegte Inseln; sie wählten einen Pfad und lenkten mit den Paddeln. Krokodile und Flusskeiler tauchten auf, Reihervögel breiteten ihre Schwingen, Perlmuttschweine tranken in Rotten am Ufer. Die Sonne versank. Angesichts der vielen wilden und sicherlich nicht ungefährlichen Tiere beschlossen sie, auf dem Floß zu bleiben und weiterzutreiben. Wachen wurden eingeteilt. Zuerst Kinjo, Rodraeg und Tjarka, dann Ijugis und Onouk. Zuletzt Bestar und Tegden. Die Nacht auf den 6. Frostmond trieb vorüber wie der Fluss selbst, unablässig durchlöchert vom spärlicher werdenden Regen. Ukas schien im Stöhnen zu singen. Migal erstarrte zu bläulicher Kälte.
    Am Morgen weckten Bestar und Tegden die anderen. Das Floß hatte die Mündung des Flusses zum Meer passiert und befand sich nun bereits jenseits des Landes in zunehmend salziger werdendem Wasser. Der Dschungel war nun nur noch eine grüne, klebrig wirkende Wand hinter ihnen. Vor ihnen lag die offene See.
    Â»Hat jemand eine Ahnung, wo wir uns befinden?«, fragte Bestar.
    Â»Das ist gar nicht weiter schwer«, behauptete Ijugis. »Warte mal. Die Sonne geht genau vor uns über dem Meer auf. Diese Schlieren da über dem Wald hinter uns müssten die Ausläufer des Nekeru-Gebirges sein. Und dieser Schatten voraus ist diese längliche Insel, die keinen Namen hat, am oberen Rand des Regenwaldes. Wir sind an der Ostküste, wenige Tage unterhalb von Chlayst. Ich bin mir sicher. Die Himmelsrichtungen stimmen wieder.«
    Â»Kommen wir denn auf dem Floß bis nach Chlayst?«, fragte Rodraeg.
    Â»Möglich, wenn wir eine günstige Strömung finden. Aber wir müssen vorsichtig sein. Auf dieser Insel soll es Piraten geben, die sich Sicari nennen. Als wir in Furbus und Chlayst den Seestreitkräften der Heugabelmänner das Kämpfen beigebracht haben, wollten die sich gerade dazu durchringen, diesen Unruheherd ein für alle Mal auszuschalten. Ich weiß nicht, was daraus geworden ist, denn wir haben uns Richtung Josega eingeschifft, sobald Timbares Hilfegesuch uns erreichte.«
    Â»Das fehlt uns gerade noch«, ächzte Kinjo, »dass wir jetzt von Piraten abgefangen werden!«
    Â»Es sollen sehr wilde Burschen sein«, sagte Onouk mit so etwas wie Bewunderung in der Stimme. »Anders als die in Skerb. Eher wie Eingeborene, in Katamaran-Kanus.«
    Â»Wir drehen bei und dümpeln dicht unter der Küste nordwärts«, übernahm nun Ijugis das Kommando. »Vielleicht haben wir ja Glück. Oder Delphior steht uns weiterhin bei.«
    Ijugis und Tegden rackerten sich ab, das Floß wieder näher ans Land zurückzumanövrieren. Hier war sogar farblich gut zu erkennen, wie das sandige Flusswasser sich ins beinahe

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