Die Vergangenheit des Regens
wird.« Er erhob sich mit einem eigenartigen Gesichtsausdruck, der im Dunkeln nicht richtig zu deuten war, und legte sich zwischen Migal und Tjarka weiter hinten unter das Dach aus welken Blättern.
Früh am nächsten Morgen schoben sie das Floà in den angeschwollenen, schmutzig trüben Strom, schafften Ukas und Migal darauf, bestiegen die bereits gischtig überspülten Planken und kappten dann die Halteleinen. Eine wütende, kaum zu kontrollierende Fahrt begann.
Bestar, Tegden und Ijugis bedienten die drei Stangen, mit denen das um sich selbst kreisende Floà immer wieder vom überhängenden Ufer abgestoÃen wurde. Gegen Mittag waren die drei zu Tode erschöpft. Rodraeg, Onouk und Tjarka übernahmen.
Es regnete unablässig. Der Fluss brodelte und schäumte. Die Nässe von allen Seiten wuchs sich für alle Menschen auf dem Floà zur Strapaze aus. Die Haut unter der Kleidung juckte nun auch ohne Insektenstiche. Die Sicht betrug oftmals nur ein Dutzend Schritt. SchlieÃlich kamen sogar felsendurchwucherte Stromschnellen auf. In allen keimte der Gedanke, dass der Fluss womöglich zu einem Wasserfall würde, aber letztlich war das allen egal. Was hätten sie denn auch unternehmen können? Das Floà seitlich am Wasserfall vorbeitragen? Eigentlich war es wirklich gleichgültig. Der Himmel stürzte fortwährend auf sie ein. Ein eigener Sturz in weiteres Nass wäre da kaum zu bemerken gewesen.
Dreimal keilte sich das Floà auf überspülten Felsen fest und kenterte beinahe. Dreimal gelang es den drei Stakern nur mit zusätzlicher Hilfe durch Bestar und Ijugis, das Floà wieder in die Fahrrinne zurückzubugsieren.
Dreimal kollidierten sie mit Baumstämmen, zweimal mit treibenden und einmal mit einem Stamm, der durch Unterspülung seiner Wurzeln in den Fluss gebrochen war und diesen auf der rechten Seite unpassierbar machte. Mithilfe von Ijugisâ Paddeln manövrierten sie links vorbei und schrien dabei unablässig. Sie schrien sich gegenseitig an oder auch einfach nur, um ihrem Herzen Luft zu machen. Aber sie schafften es.
Zweimal begannen Ukas und Migal, über das Deck zu rutschen, und beide Male konnten sie nur mit Mühe gesichert werden.
Einmal ging Ijugis über Bord, doch Onouk konnte ihn sofort am Bein packen, und mit vereinten Kräften gelang es Bestar, Tjarka, Rodraeg und Tegden, den Strampelnden wieder zurück auf die Planken zu hieven.
Im Laufe des Nachmittages wurde die Fahrt ruhiger. Der Fluss verbreiterte sich, war auf beiden Seiten längst über seine angestammten Ufer getreten und ergoss sich zwischen Bäumen und Moosgestein. Sie verlieÃen das Trockengebiet. Die Urwaldwelt um sie herum wandelte sich von braun und nass zu grün und nass. Tiere waren zu sehen, Affen, die ihnen triefend von hoch oben aus den Wipfeln nachschauten.
Ijugis lachte schon wieder. »Wir haben mehrere Tagesreisen Marschiererei gespart!«
Kinjo hielt unablässig den Stab des Gottes fest und blickte besorgt zum Himmel hinauf, dessen Farbe grau und nahe war.
Irgendwann schlug Migal die Augen auf und blickte um sich in den Regen. Bestar war bei ihm und ergriff sofort seine Hand, als er merkte, dass der Freund wach war. »Jetzt«, stieà Migal mit heiserer Stimme hervor, »verrecke ich doch hier so kläglich. Und ich wollte doch ⦠wie ein richtiger Krieger im Kampf fallen.«
»In einem Urwald auf einem Flo� Getragen von ganz neuem Wasser, das wirbelnd und wild über die Ufer tritt bis hin zum offenen Meer?«, entgegnete Bestar. »Das ist nie und nimmer ein klägliches Ende, Migal. Das ist wie eine Feuerbestattung auf dem Brennenden See. Schön und groà und ehrenhaft.«
Migal lächelte. »Ich kann dir nicht mal mein Schwert vermachen. Deins ist viel besser und wuchtiger als meins.«
»Komm mit uns zu den Riesen! Dann kriegst du auch eins aus Erz.«
»Vielleicht.« Mit diesem Wort starb Migal Tyg Parn.
Bestar barg den toten Freund in seinen Armen und wiegte ihn, bis die Wärme ihn verlassen hatte, aber er brauchte nicht zu weinen. Es war besser so. Migal war erspart geblieben, als beinamputierter Veteran durch die Gossen zu kriechen. Er war im Einsatz gefallen. Einem Einsatz, der den mitleidlosen Göttern himmlische Tränen abgetrotzt hatte.
Ijugis schlug vor, den Leichnam einfach in den Fluss zu schieben und der Strömung zu überantworten, doch Bestar
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