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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Erster gestorben. Aber ich glaube eher, dass Eljazokad menschlich schon ein ganzes Stück weiter und weiser war als wir anderen. Vielleicht kann ich so auch sein Andenken ehren. Indem ich seinen Weg der Waffenlosigkeit fortsetze, als wäre er immer noch am Leben …«
    Wie er sich dann nicht getraut hatte, auf einem Schiff zu fahren, aus Furcht, man würde alle Schiffe nach einem geflüchteten Sträfling durchsuchen.
    Â»â€¦ Ich hatte nur die Sträflingskleidung, keine Waffe, vierzig Rinwetaler, die Riban mir gegeben hatte … ich wäre doch keine Meile weit gekommen, ohne dass man mich mindestens festgehalten hätte, um eine Belohnung zu kassieren! Und wie soll man denn von einem Schiff wieder runterkommen, wenn es von Gardisten umstellt ist …?«
    Wie er stattdessen auf dem Karren eines Händlers namens Broeth Dister mitfahren durfte, der ihm zehn Taler abnahm für die klägliche Kleidung, die er nun am Leibe trug, und der ihn nach fünf Tagen gemeinsamer Reise sogar noch zu bestehlen und zu ermorden trachtete.
    Â»â€¦ Wieder wusste ich nach dem Aufwachen nicht, ob ich noch träumte. Ich sah diesen kleinen Mann und sah sein riesig erscheinendes Messer auf mich zurasen und wusste mir nicht anders zu helfen, als die Klinge mit der Handfläche abzuwehren. Dann fing er an zu schreien: Töte mich nicht! Töte mich nicht! , und floh in die nächtlichen Büsche hinein, und ich tat es ihm gleich, ich floh mit blutender Hand in die entgegengesetzte Richtung, so als flüchteten wir beide vor dem liegen gebliebenen Messer …«
    Wie Rodraeg auf Umwegen das Nordufer des Lairon Sees erreichte – gar nicht weit entfernt von der Schwarzwachsmine, in der er zu Beginn des Jahres gemeinsam mit Bestar mehr als vierzig Tage als Sklave gefangen gehalten worden war. Und wie er sein gesamtes restliches Geld aufwenden musste, um eine zaudernde Siedlerfamilie, die eigentlich vor den Unruhen bei Furbus und Chlayst auf der Flucht war, zu bestechen, ihn auf ihrem Ochsenwagen bis zum westlichen Rand des Wildbartgebirges mitzunehmen.
    Â»â€¦ Auch die haben mich die ganze Zeit über argwöhnisch angeschaut, als ob schon überall Steckbriefe von mir hängen würden, aber das kann in der kurzen Zeit gar nicht sein. Vielleicht sieht man mir auch an, dass ich ein Flüchtling bin. Jedenfalls haben mich die guten Leute bis zum Wildbart gebracht, von dort aus bin ich nach Mowesch, am Roten Keiler vorüber, wo es von aufgebracht miteinander streitenden Haarhändlern nur so wimmelte, und dann weiter einwärts ohne echte Orientierung – bis Seraikella mich glücklicherweise im Wald aufgelesen hat.«
    Alle schwiegen. Bestar konnte immer noch nicht fassen, dass Eljazokad tot war. Und Riban. Und Estéron, obwohl er ihn selbst hatte sterben sehen.
    Â»Und die Münze?«, fragte Jeron ziemlich unbeeindruckt.
    Â»Ach ja, die Münze.« Rodraeg lächelte entschuldigend. »Das war eine sehr eigenartige Begebenheit. In dem Dorf am Lairon See dämmerte bereits der Abend. Alles sah bräunlich und grau aus und duftete nach Raureif und Tannenzapfenfeuer. Auf dem Boden unweit des Schulzenhauses saß ein alter Mann auf dem Boden und bettelte. Er rief mir hinterher und behauptete, mir sei soeben diese Münze aus der Hosentasche gefallen. Ich hob die Münze vom lehmigen Boden und sagte ihm, das sei nicht meine, und da er sie zuerst erblickte, hätte er wohl auch ein Anrecht darauf, sie behalten zu dürfen. Daraufhin lachte er, klapperte mit seiner Almosenschale und sagte, er hätte sicherlich Münzen genug, ich aber bald nicht mehr. Ich sollte sie doch besser behalten, als letzten Anhaltspunkt. Das waren die Worte, die er benutzte: als letzten Anhaltspunkt . Ich dankte ihm, ging schulterzuckend weiter, und wenige Sandstriche später musste ich tatsächlich all meine übrigen Münzen ausgeben, um die Familie zu überzeugen, mich mitfahren zu lassen.«
    Â»Hast du den Alten dann noch einmal wiedergesehen?«, fragte Attanturik.
    Â»Nein. Ich habe zwar noch mal zurückgeschaut in Richtung des Platzes, wo er gesessen hatte, aber da war niemand mehr. Es war schattig und diesig und dämmerig – vielleicht habe ich ihn auch nur einfach nicht mehr erkennen können.«
    Â»Lässt sich die Münze genauer betrachten?«, fragte der König der Riesen. Rodraeg händigte sie ihm aus.
    In der gewaltigen, furchigen

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