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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Überleben.«
    Â»Das wird nicht so einfach sein. Auch ich habe gegenüber Raukar und diesem Unbekannten eine gehörige Wut im Bauch, das kann ich dir versichern. Aber Riban erklärte mir, dass der Mann, der nicht geboren wurde nur alle zwölf Jahre in Erscheinung trat und dazwischen in einer Art magischem Raum überwinterte. Raukar kennt diesen Raum ebenfalls, und es könnte sein, dass er erst in zwölf Jahren wieder daraus hervorkriecht.«
    Â»Das wäre blöd. Dann bin ich ja schon über dreißig!«
    Dieser Ausruf Bestars kam für Rodraeg so unerwartet, dass er tatsächlich lachen musste. »Was soll ich denn erst sagen: Ich bin dann über fünfzig!«
    Bestar senkte betreten den Kopf. »Tut mir leid. Ich vergesse immer, dass du ja auch schon … ich meine, dass man … noch kein Klappergreis ist, wenn man … über dreißig … Bei uns in den Klippenwäldern wird kaum einer so alt!«
    Â»Das wundert mich wenig. Jedenfalls bist du in zwölf Jahren noch bestens in Schuss, Bestar. Und wenn du mich dann huckepack nimmst und ordentlich mit Brei fütterst, erwarten wir diesen Raukar dort, wo immer er sich ans Tageslicht wagt, und präsentieren ihm unsere ganz persönliche Rechnung.«
    Â»Abgemacht!«
    Als Nächstes erzählte Rodraeg seinem Freund, wie Riban Liribin für die Schwangerschaft Naenns verantwortlich gewesen war, indem er einen jungen Mann auswählte, mit dem das unschuldige Schmetterlingsmädchen ein Kind zeugen konnte. Ein Kind, das Riban als ein »Brückenkind zum Himmel« bezeichnet hatte: ein magisches Überwesen.
    Â»Der kleine Krähkopf?«, grinste Bestar. »Ein magisches Überwesen?«
    Â»Wenn man«, verfolgte Rodraeg einen Gedankengang, »alles Üble, das uns in der letzten Zeit widerfahren ist, aus einem günstigeren Licht betrachten will, könnte man auf die Idee kommen, dass vielleicht gar nicht alles so schlecht gelaufen ist. Weil wenigstens Naenn gezwungen wurde, Warchaim zu verlassen, und stattdessen in die Obhut der Schmetterlingsmenschen zurückgekehrt ist. Sie hatte wiederholt mit den Vorurteilen der Warchaimer Bürger zu kämpfen, das Leben in der Stadt war alles andere als schön für sie – und der Schmetterlingshain ist gewiss ein sichererer Ort für ein Kind, das Eljazokad als Wolfsschmetterling bezeichnet hat und das nun tatsächlich den Namen Schmetterlingswölfin trägt.«
    Â»Willst du auch dorthin?«
    Rodraeg sah sich um. Der Herbst leuchtete an diesem Tag in allen Farben, die der Blättermond geschaffen hatte und der Nebelmond noch duldete. Die Bäume deckten alles ab von Gelb über Grün zu Rot, und der Himmel spendete ein klares Blau dazu. »Ich weiß gar nicht, ob man als Mensch überhaupt dort hindarf, in den Schmetterlingshain. Aber Cajin ist ja wahrscheinlich auch dort. Ich wüsste zu gerne, wie es ihm ergangen ist.«
    In ihrem Gespräch trat eine längere Pause ein. Bestar wusste sehr gut, dass Rodraeg jetzt mehr über Naenn nachdachte als über Cajin, deshalb schwieg er, bis Rodraeg von sich aus wieder zu reden begann.
    Rodraeg erzählte ihm, dass Riban Leribin in seinem oftmals rüpelhaften Forscherdrang verantwortlich zeichnete für das Giftigwerden des Sumpfes bei Chlayst und dass das Ins-Leben-Rufen des Mammuts letzten Endes eine Wiedergutmachungsgeste war, um Katastrophen ähnlicher Art abwenden zu helfen. Und dann erzählte er Bestar noch, dass auch Warchaim als Stützpunkt nicht zufällig gewählt wurde, sondern weil es eine Prophezeiung der Delphiorpriesterschaft aus dem Buch der Wahrung gab, die folgendermaßen lautete:

    Im Jahr nach dem Jahre,
    wenn ein Sumpf quert die Schwelle,
    wenn ans Tageslicht fahre
    das Dunkel der Quelle,
    wenn herab vom Gebirg im Nordosten
    die zweibeinig Schatten sich krallen,
    wird wehren nicht Rüstung noch Posten:
    Die Hauptstadt des Glaubens wird fallen.

    Â»Verstehe ich nicht«, gab Bestar offen zu. »Was macht der Sumpf? Und was ist die Hauptstadt des Glaubens?«
    Â»Die Hauptstadt des Glaubens ist Warchaim«, erläuterte Rodraeg, »weil in Warchaim der älteste Tempel des Kontinents steht. Die zweibeinig Schatten sind die Tsekoh, vor denen die Riesen sich so fürchten. Das Jahr nach dem Jahr mit dem Sumpf und der dunklen Quelle ist dieses Jahr, denn im letzten Jahr schlug bei Chlayst der Sumpf um und wurde die

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