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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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überreich an Darstellungen und Verweisen, hallte nun wider wie leere Gewölbe, und der Geistertänzer verlor im Schlaf an Kraft, anstatt neue dazuzugewinnen.

    Im Laufe des kommenden Tages wandelte sich um sie herum der Wald.
    Sie marschierten unter Enenfes Führung zum Dorf seiner Herkunft, und indem sie vorankamen, alterten die Bäume, schrumpften die Blätter, wurde alles Grün zu Braun, der Boden härtete aus, die Blütenpracht zog sich in sich selbst zurück, die Tierwelt wurde rar. Das Singen der Vögel klang wie Meckern. Der Himmel, wenn er durch das schütterer werdende Blätterdach blitzte, zeigte keine Regenwolken mehr, sondern gnadenlosestes Blau, funkelnd vom Gold der Sonne. Die Expedition hatte nach dem Vorposten des ausgetrockneten Flussbettes nun die eigentliche Trockenzone erreicht, und obwohl dies gut war, weil sie sich dies zum Ziel erkoren hatte, legte sich die schleichende Umwandlung des Urwaldes doch allen aufs Gemüt. Tjarkas, Timbares und Kinjos Gesichter drückten unaufhörlich Besorgnis aus. Diese drei waren Waldmenschen. Sie spürten den schmachtenden Durst des Waldes als Schmerz in den eigenen Eingeweiden.
    Enenfes Dorf ähnelte in Größe und Anlage dem der letzten Nacht, und dennoch wirkte es vollkommen anders, bei hellstem Tageslicht erreicht und von welken, nicht fleischigen Pflanzen umrahmt. Auch dieses Dorf war verlassen, ohne Gewaltausübung, ohne Hast. Umgesiedelt? Aufgegeben? Auch Enenfe, der in der leeren Hütte seiner Eltern und Ahnen stand und sich umschaute, wusste keine Erklärung.
    Onouk gesellte sich zu ihm. »Wie geht das eigentlich vor sich – wenn ein Gatate bekehrt wird und nach Bruder Attrik zieht? Hast du mit deiner Familie brechen müssen, oder gab es keine Probleme?«
    Â»Ich … frei zu gehen, wohin ich möchtend. Meine Eltern besuchend jedes dritten Mond, für drei Sonngänge. Sie … betend zu Wald. Ich zu Großvater Delphior, weil sehend mit eigenen Augen.«
    Â»Du hast Delphior gesehen?«
    Â»Ja. Wie dich sehend. So nahe. Nur … mehr hell.«
    Â»Und woher wusstest du, dass es Delphior war und nicht irgendein anderer Gott?« Ijugis, Rodraeg und Bestar waren nun ebenfalls in die Hütte getreten, und Ijugis hatte diese Frage gestellt.
    Â»Ich nicht wissend. Vater Darnock mir später erklärend.«
    Â»Verstehe.« Onouk nickte. »Kam Vater Darnock in dieses Dorf, oder hast du durch Zufall Bruder Attrik gefunden?«
    Â»Vater Darnock nie hier seiend. Andere Gatate gehend in Bruder Attrik und kommend zurück zu Besuch, ganz wie ich, jedes dritten Mond. Immer – wie ihr sagend? – hin auch her. So immer verbunden.«
    Â»Haben die Delphiorpriester eigentlich jemals versucht, euer ganzes Dorf zu bekehren und mit sich zu nehmen zur Küste?« Ijugis stellte diese Frage, und in Rodraeg bildeten sich gleichzeitig Verstehen und Gegenfragen. Glaubst du wirklich, die Delphiorpriester stecken hinter dieser Trockenheit? Meinst du, Darnock benutzt uns als zusätzliche Helfer, um die Macht seines Gottes zu bezeugen und überall den noch Zweifelnden zu verkünden? So völlig ausgeschlossen schien Rodraeg dies nicht. Delphior war Wasser und Regen. War es denn unmöglich, dass die Delphiorpriesterschaft einen Zauber entwickeln konnte, der einem Regenwald das lebensnotwendige Wasser vorenthielt? Aber um was genau zu erreichen? Festeren Glauben bei den Gataten? Bestrafung der »ungläubigen« Spinnenmenschen? Oder vielleicht sogar – Rodraeg hatte Schwierigkeiten, diesen Gedanken zu Ende zu denken, er schien ihm zu entschlüpfen wie ein glitschiger Fisch –, um eine Reaktion des echten Gottes Delphior zu erzwingen? Um das zu tun, wovon auch Riban Leribin und Naenn immer gesprochen hatten: den Kontakt zwischen dem Kontinent und den Göttern zu erneuern und zu stabilisieren, und sei es auch erzwungenermaßen?
    Rodraeg fingerte ganz unwillkürlich nach der Münze in seiner Brusttasche. DE s LI chtes FOR tbestand . DE r LI ebe FOR tbestand. DE r LI nie FOR derung. LI ste FOR schung. FOR tpflanzung. Er schüttelte sich. Zu peinigend waren noch seine Erinnerungen an die vielfältigen Bedeutungsmöglichkeiten von DMDNGW . Und was bedeutete die Münze, die Sternenwährung , die ihm zugespielt worden war? Dass die Delphiorpriester dem falschen Namen huldigten, Delphior statt Delifor, und dadurch alles, was sie anstrebten, in die Irre

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