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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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lässig über der Schulter, sodass er beweglicher wurde und nicht mehr ganz so arg schwitzen musste. Sein anfangs unmäßiges Trinkverhalten hatte er nun ebenfalls im Griff. Migal und er mieden sich weiterhin, tauschten jedoch auch keine Gehässigkeiten aus, was bei Klippenwäldern ja schon beinahe ein Zeichen von Einvernehmen war.
    Kinjo versuchte einen Tanz, als die Sonne im Zenit stand, erhielt aber weiterhin keinen Kontakt zu den Geistern dieses Waldes. Tjarka ging viel neben Jacomer. Beide waren kleingewachsen und ähnlich behände in ihren Bewegungen. Von hinten wirkten sie wie Bruder und Schwester oder sogar – wegen Tjarkas kurzer Frisur – wie Brüder.
    Onouk, Ijugis, Rodraeg und Tegden formierten beim Marschieren ein Grüppchen, das sich untereinander aushalf und aufeinander achtgab. Ukas bildete meistens die Nachhut, ab und zu begleitet vom Erleuchteten, der mal ganz vorne, mal ganz hinten, dann wieder weit rechts oder weit links auftauchte und die Gruppe so beständig zu umkreisen schien.
    Rodraeg dachte viel an den Oobokopf an diesem Tag. Je mehr er versuchte, sich dessen Gesichtszüge in Erinnerung zu rufen, desto mehr verwischten diese oder widersprachen sich sogar. Am Nachmittag war sich Rodraeg nicht einmal mehr sicher, ob der Kopf, der am letzten Tag im Haus des Mammuts auf seinem Schreibtisch gestanden hatte, überhaupt noch derselbe gewesen war, den er von Benter Smoi gekauft hatte.
    Am frühen Abend kreuzte eine Rinne, die etwa drei Schritte tief und sechs Schritte breit war, ihren eingeschlagenen Weg, und sie beschlossen, diese kurzerhand zu durchklettern. Die Schlucht bestand aus festem rötlichem Lehmboden, ihre Ränder waren ausgefranst und rissig.
    Â»Wisst ihr, was das hier ist?«, fragte der Erleuchtete, nachdem Enenfe, Timbare, Kinjo und auch Migal bereits wieder den jenseitigen Rand erklommen hatten, die anderen jedoch noch unten in der Rinne standen. »Das ist ein Flussbett.«
    Â»Du hast recht«, ächzte Timbare. »Das war ein Gewässer! Es ist vollkommen ausgetrocknet, seit einigen Wochen wohl schon!«
    Alle betrachteten die Rinne nun mit neuen Augen. Die Bäume ringsum waren immer noch saftig und grün, dennoch ging von diesem wasserlosen Flussbett eine eigenartig bedrohliche Aura aus.
    Â»Ausgetrocknet – oder irgendwo gestaut?«, fragte Onouk skeptisch.
    Â»Trocken«, sagte Enenfe triumphierend. »Ab hier es beginnend. Wir da!«
    Â»Das ist Hexerei«, sagte Timbare leise. »Die Richtung, in der wir zuletzt gegangen sind, war vollkommen falsch.«
    Â»Bedeutet ›vollkommen falsch‹, dass wir wieder nach außen gegangen sind?«, fragte Onouk.
    Timbare hob beide Hände und ließ sie in einer Geste der Ratlosigkeit wieder sinken. »Eigentlich ja. Nach allem, was ich über Orientierung weiß.«
    Â»Ich würde das bestätigen«, meldete sich nun auch Tjarka zu Wort. »Jacomer ebenfalls. Wir sind nach außen gegangen, scheinen aber ins Innere vorzudringen.«
    Â»Wir hinter Grenze von Fisch«, erklärte Enenfe lächelnd. »Alles anders nun. Tag ist Nacht, Nacht ist Tag. Wurzeln im Himmel, Vogelnest unten. Kenekenkeluland.«
    Â»Und wo sind die … Kenekenkelu?«, fragte Kinjo besorgt.
    Â»Ãœberall. Unter jedes Stein. Auf jedes Blatt. Sie um uns. Uns sehen, wir nichts.«
    Â»Ã„hhhhh«, machte Bester heiser, »wie großsind diese Spinnenmenschen eigentlich? Sind die vielleicht klein genug, sich hinter Steinen und Blättern zu verstecken?«
    Â»Ich habe einmal welche gesehen, auf einer früheren Wanderung durch diesen Wald«, sagte Timbare. »Sie sind so groß wie wir. Es sind Menschen, nur dass sie wie Spinnen auf allen vieren laufen.«
    Ijugis klatschte in die Hände, um alle aus ihren Gedanken zu reißen. »Ist doch eigentlich egal, in welche Richtung wir gehen – Hauptsache, wir gelangen ins Trockengebiet. Und das scheint hier mit diesem Bach zu beginnen. Also weiter! Enenfe macht seine Sache richtig.«
    Sofort nach diesem Lob kam wieder eifrige Bewegung in den Gataten. »Ich dieses Fluss kennend, wenn habend Wasser. Von hier ich könnend finden Dorf von Gatate, nicht weit! Ihr wollend gehen Dorf von Gatate oder anders?«
    Â»Dorf von Gatate klingt gut«, entschied Timbare. »Wenn es weiter Richtung Trockenheit ist.«
    Â»Ja, ja, ist weiter drinnen, wenn wir gehend nach draußen.« Enenfe lachte

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